Die Lebensversicherung wird weiterhin für ihre hohen Kosten kritisiert. Welches Mittel wie stark wirken könnte, zeigt eine Analyse der Kostenquoten der Branche.
Alljährlich veröffentlicht die Zeitschrift für Versicherungswesen einige zentrale Kennzahlen der 50 größten Lebensversicherungsunternehmen nach gebuchten Bruttobeiträgen. Die Zahlen finden sich in den Heften 16 und 17.
Stark schwankende Einmalbeiträge
Insgesamt waren die Beitragseinnahmen leicht rückläufig, um 0,4 Prozent von 94,3 auf 93,9 Milliarden Euro. Dies ist vor allem auf den „Allianz-Faktor“ zurückzuführen, so Chefredakteur Marc Surminski. Der Marktführer habe bei den Einmalbeiträgen „kräftig auf die Bremse“ getreten, insgesamt sank der gebuchte Bruttobeitrag von 27,7 auf 23,3 Milliarden Euro.
Die Marktführerschaft war dadurch aber nicht in Gefahr, der Abstand zum zweitgrößten Lebensversicherer Deutschlands, der R+V, ist mit über 15 Milliarden Euro immer noch riesig. Abgesehen von der Allianz ist aber der restliche Markt unter dem Strich gewachsen.
Minimale Senkung der Verwaltungskostenquoten
„Keine Entspannung bei den Kosten“, so fasst Surminski die Abschluss- und die Verwaltungskosten-Ergebnisse zusammen. Im gewichteten Mittel liegt die Verwaltungskostenquote bei 2,27 Prozent der Beitragseinnahmen, das ist nur in der zweiten Nachkomma-Stelle weniger als im Vorjahr mit 2,3 Prozent.
Wie sehr diese Quote allerdings von der Struktur der abgesetzten Versicherungen abhängt, zeigt der Kostenführer Hansemerkur, dessen ohnehin schon sehr günstiger Vorjahressatz von 0,7 Prozent auf nur noch 0,3 Prozent sank – was aber vor dem Hintergrund ganz erheblicher Einmalbeitragseinnahmen zu bewerten ist. Denn gleichzeitig haben die Hamburger das prozentual stärkste Beitragswachstum in dieser Gruppe Versicherer mit nahezu einer Verdoppelung von 651 Millionen auf knapp 1,3 Milliarden Euro verbucht.
Wachstum drückt die Verwaltungskosten
Das führt zu der Frage, ob Beitragswachstum generell ein Rezept zur Senkung des Gewichts der Verwaltungskosten in der Lebensversicherung ist. Rein statistisch gesehen ist das durchaus der Fall – die Veränderungsraten bei den Verwaltungskosten und denjenigen der Beitragseinnahmen sind hoch signifikant negativ korreliert. Je schneller die Beiträge sich positiv entwickeln, desto mehr sinken die Verwaltungskostenanteile, die aus dem Beitrag zu finanzieren sind. Es handelt sich offensichtlich zum Teil um Fixkosten, die sich bei steigenden Beiträgen einfach nur besser verteilen.
Die Grafik zeigt allerdings, dass das nicht einheitlich für alle Versicherer gilt. Einige Versicherer schaffen es, trotz Beitragswachstums auch ihre Verwaltungskostenquote zu steigern, also relativ mehr Verwaltungskosten zu produzieren. Die große Mehrheit der Versicherer liegt allerdings in den beiden „richtigen“ Quadranten links oben (weniger Beitrag und höhere Verwaltungskostenquote) und rechts unten (mehr Beitrag und niedrigere Verwaltungskostenquote).
Mehr für Abschlüsse ausgegeben
Bei den Abschlusskosten hingegen ist das Bild wesentlich unklarer. Insgesamt ist die mittlere Abschlusskostenbelastung des Neugeschäfts bei den 50 größten Versicherern gesunken, allerdings wieder nur im zweiten Nachkommastellenbereich und liegt bei 4,79 Prozent (Vorjahr: 4,84 Prozent). Die absolute Summe der Abschlusskosten im Gesamtmarkt nicht nur der 50 größten Gesellschaften ist laut Surminski noch einmal gestiegen, von 7,7 auf 8,3 Milliarden Euro.
Die statistische Korrelation der Veränderungsraten von Beitrag und von Abschlusskostenquoten ist nur leicht und nicht signifikant negativ. Nur eine knappe Mehrheit der Versicherer bewegt sich laut der zweiten Grafik in den intuitiv „richtigen“ Quadranten links oben (weniger Beitrag und höhere Abschlusskostenquote) oder rechts unten (mehr Beitrag und niedrigere Abschlusskostenquote). Ein Versicherer schaffte es, trotz Rückgangs der Beitragseinnahmen auch die relative Belastung des Neugeschäfts mit Abschlusskosten zu senken. Eine größere Zahl der Versicherer erkaufte sich die Steigerung ihrer Beitragseinnahmen mit höheren Abschlusskostenbelastungen bezogen auf die Beitragssummen des Neugeschäfts. Das dürfte gerade nicht das sein, was die Öffentlichkeit gerne sehen würde.
Standardisierungserfolge reichen nicht als Gegengewicht zur Marktkonzentration
Surminski jedenfalls zieht ein ernüchtertes Fazit und fragt, warum zum einen die seit Jahren beschworene Digitalisierung erkennbar keine Senkung der Verwaltungskosten erzielt hat. Zum anderen sei schwer verständlich, dass das Szenario einer Provisionsregulierung oder von Provisionsrichtwerten der Versicherungsaufsicht über die Restschuldversicherung hinaus die Branche bisher nicht dazu bewegen konnte, „substanzielle Kosteneinsparungen“ zu erreichen.
Nicht ganz übersehen darf man, dass der noch eher kleinteilige Lebensversicherungsmarkt sich gerade kräftig konsolidiert. Immer mehr große Bestände gehen in den Run-Off. Auch der Vermittlermarkt konzentriert sich zunehmend auf einzelne große, einflussreiche Vertriebsorganisationen. Besonders gut ist das im Maklermarkt zu beobachten, aber auch in der Ausschließlichkeit und im Bankvertrieb gibt es Beispiele.
Offensichtlich keine leichte Aufgabe
Marktkonzentration führt aber regelmäßig zu steigender Verhandlungsmacht und damit zu steigenden Vergütungsforderungen. Dem mit Prozessoptimierungen und damit Verwaltungskostensenkungen zu begegnen, ist offensichtlich keine leichte Aufgabe.
Autor(en): Matthias Beenken