Die Kluft zwischen Vertrieben und Konzernleitung war noch nie so groß wie zur Zeit. Die Verbraucherschützer wollen den sozialen Gedanken der Versicherungsbranche aushebeln. Und die Kunden sind durch Niederzinsphase und Negativschlagzeilen verunsichert und wollen ihre Verträge kündigen. Alles in allem dicke Luft in der Versicherungswelt. So auch der Eindruck bei der Jahreshauptversammlung des VGA in Oberursel. Doch es gibt auch Lichtblicke.
Frank Kettnaker, verantwortlich für Marketing und Vertrieb im Alte Leipziger - Hallesche Konzern und Gastgeber der diesjährigen VGA-Tagung in Oberursel, wählte ein eigentlich appetitanregendes, aber auch drastisches Bild für die Führungskräfte im Vertrieb: Als Fleischklops eingeklemmt zwischen Brötchendeckel und -boden, Sinnbilder für die Anforderungsmaxime „Transparenz“, „Service“, „Verbraucherschutz“, „Kostendruck“ und „Wachstumsziele“. Eben eine Berufsgruppe, die permanent unter Erfolgs- und Erwartungsdruck steht, aber immer weniger die Wertschätzung erhält, die sie erhalten sollte. „Sie säen, ohne zu ernten. Eigentlich müssten sie für Ihre Leistung einen Nobelpreis erhalten“, lobte Kettnaker die anwesenden Führungskräfte.
Arbeit im Vertrieb: Kein Zuckerschlecken
Auch in einer Podiumsdiskussion (siehe Bild), die Bernhard Rudolf, Chefredakteur von Versicherungsmagazin, leitete und überschrieben war mit „Die Führungskräfte im Spannungsfeld zwischen Vertrieb und Regularien“ wurde erkennbar, dass das Leben als Vertriebsmitarbeiter augenblicklich kein Zuckerschlecken ist.
In dieser plädierte Kettnaker dafür, dass Vermittler zwar kundenorientiert und bedarfsgerecht beraten, dass sie die Produkte des eigenen Hauses und die der relevanten Mitbewerber gut kennen müssten, dass aber auch der Verbraucher bereit sein müsste, sich mit der Thematik „Versicherung“ zu beschäftigen und sich Zeit nehmen sollte, die wichtigen Informationen wie das Produktinformationsblatt zu studieren. Doch dies würden die wenigsten tun.
Sicherlich seien die Formulierungen auch in den Bedingungswerken für Laien, aber auch für Fachleute oft schwer zu verstehen, so dass diese dringend überarbeitet werden müssten und auch werden, aber man könnte die Inhalte nicht auf das Niveau von Räuber Hotzenplotz herunterbrechen. Und selbst dann wären viele Kunden nicht bereit, sich mit diesen Inhalten zu beschäftigen.
Mehr Sachverstand bei Politik und Verbaucherschutz gewünscht
Ganz gegenteiliger Meinung war hier natürlich Kerstin Becker-Eiselen, Abteilungsleiterin für die Themen Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie zeigte sich überzeugt,
dass die Menschen sehr wohl in der Lage seien, Versicherungsverträge zu lesen. Viel eher sei die Beratung der Versicherungsakteure oftmals unsauber und nicht fair, so dass die Menschen dann zu ihnen kämen. Und sie und ihre Kollegen würden sich dann eben „laut zu den vorhandenen Fällen äußern“.
Mehr Sachverstand seitens des Verbraucherschutzes, aber auch der Politik wünschte sich Jürgen Horstmann, Mitglied des Vorstands der Helvetia Lebensversicherung. So wie ein stärkeres Denken im Kollektiv. Die lakonische Antwort von Becker-Eiselen hierzu: „Zu uns kommen einzelne Kunden und nicht das Versicherungskollektiv“.
Gleichzeitig kam Horstmann der Verbraucherschützerin aber dahingegen entgegen, dass er eingestand, dass die Branche in der Vergangenheit Fehler gemacht hätte und man versuchen müsste, künftig Skandale zu
vermeiden. O-Ton Horstmann: „Wir müssen noch besser werden“.
Wertschätzung gegenüber Vermittlern muss sich verbessern
Doch um in Zukunft besser zu werden, müssten die Bedingungen für die Vermittler auch besser werden sowie die Marktgewohnheiten sich ändern. Dafür machte sich Lüder Mehren vom Votum Verband in der Diskussionsrunde stark. Dazu gehöre unter anderem, dass die Wertigkeit der Vermittler in den Augen der Politiker, aber auch der Versicherungskonzerne steige und man nicht „immer wieder erklären müsse, was Vermittler machen“. Eine dezentrale Betreuung, ein „Lebenscoaching“ der Vermittler durch die Führungskräfte der Versicherungsunternehmen sei ein weiteres Muss für die Zukunft.
Zudem sei eine weitaus stärkere Organisation der Vermittler in Verbänden und Verbünden notwendig. Augenblicklich seien nur bis zu 20 Prozent der Akteure in Berufsverbänden organisiert. Dies müsse sich ändern.
Kein Zukunftsmodell mehr: Ein-Personen-Betriebe
Vehemente Veränderungen in der Versicherungswirtschaft prognostizierte auch Ulrich Zander, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute. Seine nüchterne Einschätzung der Lage: „Der Versicherungsvermittler ist nicht tot, die Berufssparte muss sich nur neu aufstellen. Sicher ist aber: Ein-Mann-Betriebe wird es in Zukunft nicht mehr geben“.
Lesetipp: In der Juni-Ausgabe von Versicherungsmagazin erfahren Sie weitere Details zur 138. Jahreshauptversammlung des VGA
Bildquelle: Meris Neininger
Frank Kettnaker, verantwortlich für Marketing und Vertrieb im Alte Leipziger - Hallesche Konzern und Gastgeber der diesjährigen VGA-Tagung in Oberursel, wählte ein eigentlich appetitanregendes, aber auch drastisches Bild für die Führungskräfte im Vertrieb: Als Fleischklops eingeklemmt zwischen Brötchendeckel und -boden, Sinnbilder für die Anforderungsmaxime „Transparenz“, „Service“, „Verbraucherschutz“, „Kostendruck“ und „Wachstumsziele“. Eben eine Berufsgruppe, die permanent unter Erfolgs- und Erwartungsdruck steht, aber immer weniger die Wertschätzung erhält, die sie erhalten sollte. „Sie säen, ohne zu ernten. Eigentlich müssten sie für Ihre Leistung einen Nobelpreis erhalten“, lobte Kettnaker die anwesenden Führungskräfte.
Arbeit im Vertrieb: Kein Zuckerschlecken
Auch in einer Podiumsdiskussion (siehe Bild), die Bernhard Rudolf, Chefredakteur von Versicherungsmagazin, leitete und überschrieben war mit „Die Führungskräfte im Spannungsfeld zwischen Vertrieb und Regularien“ wurde erkennbar, dass das Leben als Vertriebsmitarbeiter augenblicklich kein Zuckerschlecken ist.
In dieser plädierte Kettnaker dafür, dass Vermittler zwar kundenorientiert und bedarfsgerecht beraten, dass sie die Produkte des eigenen Hauses und die der relevanten Mitbewerber gut kennen müssten, dass aber auch der Verbraucher bereit sein müsste, sich mit der Thematik „Versicherung“ zu beschäftigen und sich Zeit nehmen sollte, die wichtigen Informationen wie das Produktinformationsblatt zu studieren. Doch dies würden die wenigsten tun.
Sicherlich seien die Formulierungen auch in den Bedingungswerken für Laien, aber auch für Fachleute oft schwer zu verstehen, so dass diese dringend überarbeitet werden müssten und auch werden, aber man könnte die Inhalte nicht auf das Niveau von Räuber Hotzenplotz herunterbrechen. Und selbst dann wären viele Kunden nicht bereit, sich mit diesen Inhalten zu beschäftigen.
Mehr Sachverstand bei Politik und Verbaucherschutz gewünscht
Ganz gegenteiliger Meinung war hier natürlich Kerstin Becker-Eiselen, Abteilungsleiterin für die Themen Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie zeigte sich überzeugt,
dass die Menschen sehr wohl in der Lage seien, Versicherungsverträge zu lesen. Viel eher sei die Beratung der Versicherungsakteure oftmals unsauber und nicht fair, so dass die Menschen dann zu ihnen kämen. Und sie und ihre Kollegen würden sich dann eben „laut zu den vorhandenen Fällen äußern“.
Mehr Sachverstand seitens des Verbraucherschutzes, aber auch der Politik wünschte sich Jürgen Horstmann, Mitglied des Vorstands der Helvetia Lebensversicherung. So wie ein stärkeres Denken im Kollektiv. Die lakonische Antwort von Becker-Eiselen hierzu: „Zu uns kommen einzelne Kunden und nicht das Versicherungskollektiv“.
Gleichzeitig kam Horstmann der Verbraucherschützerin aber dahingegen entgegen, dass er eingestand, dass die Branche in der Vergangenheit Fehler gemacht hätte und man versuchen müsste, künftig Skandale zu
vermeiden. O-Ton Horstmann: „Wir müssen noch besser werden“.
Wertschätzung gegenüber Vermittlern muss sich verbessern
Doch um in Zukunft besser zu werden, müssten die Bedingungen für die Vermittler auch besser werden sowie die Marktgewohnheiten sich ändern. Dafür machte sich Lüder Mehren vom Votum Verband in der Diskussionsrunde stark. Dazu gehöre unter anderem, dass die Wertigkeit der Vermittler in den Augen der Politiker, aber auch der Versicherungskonzerne steige und man nicht „immer wieder erklären müsse, was Vermittler machen“. Eine dezentrale Betreuung, ein „Lebenscoaching“ der Vermittler durch die Führungskräfte der Versicherungsunternehmen sei ein weiteres Muss für die Zukunft.
Zudem sei eine weitaus stärkere Organisation der Vermittler in Verbänden und Verbünden notwendig. Augenblicklich seien nur bis zu 20 Prozent der Akteure in Berufsverbänden organisiert. Dies müsse sich ändern.
Kein Zukunftsmodell mehr: Ein-Personen-Betriebe
Vehemente Veränderungen in der Versicherungswirtschaft prognostizierte auch Ulrich Zander, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute. Seine nüchterne Einschätzung der Lage: „Der Versicherungsvermittler ist nicht tot, die Berufssparte muss sich nur neu aufstellen. Sicher ist aber: Ein-Mann-Betriebe wird es in Zukunft nicht mehr geben“.
Lesetipp: In der Juni-Ausgabe von Versicherungsmagazin erfahren Sie weitere Details zur 138. Jahreshauptversammlung des VGA
Bildquelle: Meris Neininger
Autor(en): Meris Neininger