Versicherungswirtschaft setzt weiter auf Nebenberufler

Der Untersuchung liegt eine Befragung zugrunde, an der 22 Versicherungsunternehmen mit einem Marktanteil gemessen am Prämienaufkommen von rund 48 Prozent teilnahmen. Darin zeigte sich, dass die bisher in der Branche bekannte Zahl von 315.000 nebenberuflichen Vertretern wahrscheinlich zu niedrig geschätzt ist, tatsächlich dürfte sie bei knapp unter 400.000 liegen.

Neben "klassischen" Nebenberuflern gehören dazu auch Angestelltenagenturen von Innendienstmitarbeitern der Versicherungswirtschaft und eine wachsende Zahl von so genannten Annexvertriebspartnern, die Versicherungen als Zusatzprodukt zu ihrem Hauptprodukt verkaufen, beispielsweise Kfz-Händler oder Reisebüros. Aber auch Banken und Sparkassen sind häufig als Vermittlungspartner tätig - und müssen je nach Rechtsauffassung als nebenberufliche Versicherungsvermittler qualifiziert werden, da sie hauptberuflich andere Leistungen anbieten.

Der Marktanteil des nebenberuflichen Versicherungsvertriebs ist dennoch eher bescheiden. Allerdings hängen insbesondere einige Versicherungsunternehmen mit starken Wurzeln im öffentlichen Dienst oder im Vermittlungsgeschäft im Annexvertrieb nennenswert von diesem Vertriebsweg ab.

Im kommenden Jahr wird die bereits verspätete Umsetzung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie erwartet, die erstmals zu einer Regulierung des Berufszugangs führt, der unter anderem von einer Haftungsregelung bei Fehlberatung sowie einer angemessenen Qualifikation abhängig gemacht wird. Außerdem wird es Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten und damit Vorschriften für die Berufsausübung geben. Im vergangenen Jahr war noch Pessimismus der Versicherer zu spüren, ob die nebenberuflichen Vermittler hierauf vorbereitet werden können. Ganz anders jetzt: Weder ein radikaler noch ein schrittweise vollzogener Ausstieg aus der nebenberuflichen Versicherungsvermittlung wird ernsthaft erwogen.

Zu groß sind die Vorteile, die dem Vertriebsweg nachgesagt werden. Professor Reckenfelderbäumer: "Die Versicherer sehen beim nebenberuflichen Vertrieb vor allem Stärken in der Neukundengewinnung und in der Kundenbindung." Bei einer Differenzierung nach Versicherungssparten zeigt sich, dass Nebenberufler vor allem im Geschäft mit Schaden-/Unfallversicherungen zuhause sind, weniger bei der Vermittlung von Lebens- und erst recht nicht von Krankenversicherungen. Die Bedeutung des nebenberuflichen Vertriebs "vor"und "nach" Umsetzung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie ist nahezu stabil.

Stattdessen werden Unterstützungsmaßnahmen verschiedener Art geplant, insbesondere Qualifizierungsangebote, Beratungssoftware und andere Beratungs- und Dokumentierungshilfen. Matthias Beenken: "Einstellen müssen sich die nebenberuflichen Vertriebe allerdings darauf, dass von ihnen mehr Eigenständigkeit erwartet wird, weil die personal- und kostenintensive Betreuung durch hauptberufliche Außendienstangestellte des Versicherers immer mehr zurückgefahren wird." So zeige sich auch, dass analog dem hauptberuflichen Versicherungsvertrieb - der nach wie vor das Rückgrat der Versicherungsvermittlung darstellt - und dem stärker werdenden Vertrieb über Makler und Mehrfachagenturen zunehmend betriebswirtschaftliche Kriterien auch an den nebenberuflichen Vertrieb angelegt werden. So wird zum Beispiel eine gezielte Analyse und auch Auslese unwirtschaftlicher Verbindungen betrieben.

Quelle: Redaktionsbüro Matthias Beenken

Autor(en): Susanne Niemann

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