Die deutschen Versicherer haben ihre Beitragseinnahmen im vergangenen Jahr überdurchschnittlich stark gesteigert – um 6,7 Prozent auf 216,0 Milliarden Euro. Dabei konnten alle drei Sparten bessere Ergebnisse verbuchen als im Vorjahr. Der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Wolfgang Weiler, sprach bei der Jahresmedienkonferenz am 29. Januar in Berlin von einem ausgesprochen zufriedenstellenden Jahr.
Ein überraschend hohes Wachstum konnte Weiler in der Lebensversicherung konstatieren, basierend vor allem auf das Neugeschäft gegen Einmalbeiträge. Die Lebensversicherer, Pensionskassen und Pensionsfonds verzeichneten 2019 zusammen ein Beitragsplus von 11,3 Prozent auf 102,5 Milliarden Euro. Davon entfielen 64,3 Milliarden Euro auf das Neugeschäft gegen laufenden Beitrag (+0,1 Prozent) und 38,2 Milliarden Euro auf Einmalbeiträge (+37,1 Prozent).
Buchungstechnische Gründe für Höhenflug
Der GDV-Präsident erklärte, dass das stark wachsende Einmalbeitragsgeschäft im Neugeschäft im Vergleich zum Neugeschäft gegen laufenden Beitrag buchungstechnische Gründe habe: Viele moderne Lebensversicherungen erlaubten eine flexible Beitragszahlung – beispielsweise könnten sich Kunden oft entscheiden, ob sie ein 13. Monatsgehalt oder einen Bonus ganz oder nur zum Teil für die Rente ansparen. Bei Selbstständigen falle am Jahresende häufig ein Gewinn an, den sie beispielsweise für eine Basisrente nutzen. Auch die Riester-Zulagen gehen als Einmalbeiträge in unsere Statistik ein, obwohl sie einen anderen Charakter hätten. Diese flexiblen Zahlungen würden dann bilanziell als Einmalbeitrag gezählt, obwohl sie im Prinzip immer wieder anfallen.
GDV fordert tiefgreifende Reform der Altersvorsorge
Darüber hinaus forderte Weiler in der Altersvorsorge eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Generationen. Das Drei-Säulen-Modell der deutschen Altersvorsorge werde künftig nicht mehr ohne mehr Eigenvorsorge funktionieren. "Deshalb brauchen wir dringend eine tiefgreifende Reform der geförderten privaten Altersvorsorge", forderte der GDV-Präsident. Sie müsse einfacher und effektiver werden. "Wir müssen Kosten und Komplexität reduzieren, damit wir die geförderte privaten Altersvorsorge noch stärker in die Breite tragen können", erläuterte Weiler.
Schwarze Zahlen bei Schaden/Unfall
In der Schaden- und Unfallversicherung kletterten die Beitragseinnahmen 2019 laut Hochrechnung um 3,2 Prozent auf 72,9 Milliarden Euro. Die Leistungen erhöhten sich um 1,7 Prozent auf 53,4 Milliarden Euro. Unterm Strich verbuchten die Unternehmen schwarze Zahlen. Der versicherungstechnische Gewinn dürfte bei 4,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 4,1 Milliarden Euro) liegen. Die Schaden-Kosten-Quote verbesserte sich auf rund 93 Prozent (Vorjahr: 94,1 Prozent). "2019 war damit ein gutes Jahr für die Schaden- und Unfallversicherer", sagte Weiler. In der größten Sparte Kraftfahrtversicherung nahmen die Einnahmen um 2,0 Prozent auf 28,5 Milliarden Euro zu, während die Leistungen um 4,5 Prozent auf 25,0 Milliarden Euro kletterten. Damit stieg die Schaden-Kosten-Quote von 96,1 auf 98,0 Prozent. Die Zahl der Verträge in der gesamten Kfz-Versicherung erhöhte sich um 2,0 Prozent auf 121 Millionen.
Trendwende in der PKV
Auch in der Vollversicherung habe sich die Lage der privaten Krankenversicherung (PKV) deutlich verbessert, vermeldete der PKV-Verband. Das zweite Jahr in Folge wechselten wieder mehr Menschen von der Gesetzlichen in die Private Krankenversicherung als umgekehrt. Hier scheine eine Trendwende stattzufinden. 2019 entschieden sich 146.000 Personen für einen Wechsel aus der GKV in die PKV. Umgekehrt wechselten 134.000 Personen in die GKV, wobei diese Abgänge in der Regel nicht freiwillig erfolgen. So mussten auch 2019 wieder tausende seit Geburt privatversicherte junge Leute beim Eintritt ins Berufsleben gezwungenermaßen in die GKV wechseln. Derselbe Effekt betraf tausende Selbstständige bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Im Saldo ergab sich ein Plus von 12.000 Versicherten zu Gunsten der PKV (Saldo 2018: +800). Die Zahl der Vollversicherten belief sich (insbesondere nach Abzug der Sterbefälle) 2019 auf 8,7 Millionen und bewegt sich damit nahezu auf Vorjahresniveau (-0,1 Prozent).
Über 35 Millionen privat Voll- und Zusatzversicherte
Die Beitragseinnahmen der privaten Krankenversicherer verbesserten sich 2019 um 2,3 Prozent auf 40,7 Milliarden Euro. Davon entfielen 38,0 Milliarden Euro auf die Krankenversicherung (+2,1 Prozent) und 2,7 Milliarden auf die Pflegeversicherung (+5,2 Prozent). Die ausgezahlten Versicherungsleistungen stiegen um 4,5 Prozent auf 29,9 Milliarden Euro (Krankenversicherung: 28,4 Milliarden Euro; Pflegeversicherung: 1,5 Milliarden Euro). Der Bestand aus Voll- und Zusatzversicherungen nahm um 1,2 Prozent auf 35,2 Millionen zu.
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Autor(en): Bernhard Rudolf