Am 1. März 2011 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass das Geschlecht eines Versicherungsnehmers nicht mehr als Tarifkriterium Verwendung finden darf. In einem Journalistenworkshop der Gothaer Versicherungen in Köln erläuterten Aktuare der Gesellschaft die zu erwartenden Folgen des EuGH-Urteils für die Produktgestaltung der deutschen Assekuranz, wenn es ab Dezember 2012 umgesetzt wird.
Dr. Mathias Land, leitender Mathematiker der Gothaer Sachversicherung, führte aus, dass bislang in der Kfz-Versicherung junge Frauen deutlich geringere Prämien zahlen müssen als junge Männer. Dies liegt in dem statistisch belegten höheren Schadenbedarf der Männer bis 25 Jahre im Vollkasko- sowie Teilkaskobereich. Eine Unisex-Kalkulation führe zu (geringfügig) höheren Beiträgen für junge Frauen und wahrscheinlich niedrigeren Beiträgen für Männer. Er erwartet allerdings keine sehr starken Veränderungen. Da die Prämien in der Kfz-Sparte sowieso stärker ausdifferenziert seien als in anderen Sparten der Schaden und Unfallversicherung, wäre es sicher möglich, den Wegfall des einen Differenzierungsmerkmals durch andere Merkmale zu ersetzen - etwa durch eine stärker Spreizung der Abschläge je Typklasse.
Versicherer, die hier "intelligent differenzierten", sicherten sich Wettbewerbsvorteile.In der Unfallversicherung bedeute Unisex, dass Frauen nicht mehr pauschal der günstigeren Gefahrengruppe "A" zugeordnet werden würden, führte Land aus. Spürbare Auswirkungen würden sich im statistischen Mittel nicht für die Geschlechter ergeben, da nur wenige Frauen Berufe ausüben, die der Gefahrengruppe "B" zuzuordnen sind. Allerdings werde es individuelle Verschlechterungen für Frauen geben, die beispielsweise als Dachdeckerinnen arbeiten.
Für Schaden- und Unfall kein großes Problem
Land betonte, dass das Unisex-Urteil für die Schaden- und Unfall-Branche kein großes Problem darstelle. Wenn das Rechtsempfinden einer Gesellschaft nicht wolle, dass nach bestimmten Kriterien selektiert werde, sei dies in der Sachversicherung akzeptabel. Es zeige auch die wachsende Mündigkeit der Kunden, was laut Land sehr positiv zu bewerten sei.
Das EuGH-Urteil sei für die Branche nicht überraschend gekommen, sagte Ralph Brouwers Chef-Mathematiker der Gothaer Krankenversicherung. Die private Krankenversicherung (PKV) werde von allen Sparten am stärksten von der Einführung von Unisex-Tarifen betroffen sein, erläuterte er. Dabei spreche nichts gegen Unisex, "solange die Rahmenbedingungen für alle gleich sind", so seine Meinung.
Einige Veränderungen, die er für PKV-Produkte erwartet, sind etwa die Verschiebung der Beitragsrückstellungen zu Lasten der Frauen und zu Gunsten der Männer. Auch würden sich die Tarife entmischen, denn durch die Selektion bestimmter Merkmale käme es zu einer mittelbaren Geschlechterdifferenzierung. Als Beispiel führte er unter anderem einen Tarif an, der Behandlungen durch Heilpraktiker beinhaltet. Dieser wird aktuell hauptsächlich von Frauen abgeschlossen und kostet für Frauen mehr als für Männer. Stiegen 2013 die Prämien in diesem Tarif für Männer, würde er für Männer uninteressant, die sich dann eher für einen preiswerteren Tarif mit eingeschränkten Leistungen entscheiden würden.
Was passiert in der neuen Unisexwelt mit dem Bestand der PKV? Nach VAG §12 Absatz 4 Satz 2 dürfen die Prämien gleicher Tarife für das Neugeschäft nicht niedriger sein als im Bestand. Durch das Wechselrecht der Versicherten erwartet Brouwers viele Bestandsbewegungen. Gegenwärtig sei noch eine intensive fachliche Diskussion im Gange, sagte er.
Solvency II ist die größere Baustelle
Er kritisierte den hohen Verwaltungsaufwand, den die Umsetzung der EuGH-Urteils mit sich bringen werde. Durch die Neukalkulation von 460 PKV-Tarifen jeweils für Männer, Frauen, Kinder/Jugendliche werde die Spanne von 1,5 Jahren, die bis zur Einführung verbleibe, auch gebraucht werden. Die Attraktivität der PKV gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung werde für Männer durch Unisex sinken, erwartet der Fachmann. Insgesamt liege die größte Baustelle der Versicherungsbranche derzeit allerdings in der Umsetzung der Solvency II-Vorgaben.
Dr. Mathias Land, leitender Mathematiker der Gothaer Sachversicherung, führte aus, dass bislang in der Kfz-Versicherung junge Frauen deutlich geringere Prämien zahlen müssen als junge Männer. Dies liegt in dem statistisch belegten höheren Schadenbedarf der Männer bis 25 Jahre im Vollkasko- sowie Teilkaskobereich. Eine Unisex-Kalkulation führe zu (geringfügig) höheren Beiträgen für junge Frauen und wahrscheinlich niedrigeren Beiträgen für Männer. Er erwartet allerdings keine sehr starken Veränderungen. Da die Prämien in der Kfz-Sparte sowieso stärker ausdifferenziert seien als in anderen Sparten der Schaden und Unfallversicherung, wäre es sicher möglich, den Wegfall des einen Differenzierungsmerkmals durch andere Merkmale zu ersetzen - etwa durch eine stärker Spreizung der Abschläge je Typklasse.
Versicherer, die hier "intelligent differenzierten", sicherten sich Wettbewerbsvorteile.In der Unfallversicherung bedeute Unisex, dass Frauen nicht mehr pauschal der günstigeren Gefahrengruppe "A" zugeordnet werden würden, führte Land aus. Spürbare Auswirkungen würden sich im statistischen Mittel nicht für die Geschlechter ergeben, da nur wenige Frauen Berufe ausüben, die der Gefahrengruppe "B" zuzuordnen sind. Allerdings werde es individuelle Verschlechterungen für Frauen geben, die beispielsweise als Dachdeckerinnen arbeiten.
Für Schaden- und Unfall kein großes Problem
Land betonte, dass das Unisex-Urteil für die Schaden- und Unfall-Branche kein großes Problem darstelle. Wenn das Rechtsempfinden einer Gesellschaft nicht wolle, dass nach bestimmten Kriterien selektiert werde, sei dies in der Sachversicherung akzeptabel. Es zeige auch die wachsende Mündigkeit der Kunden, was laut Land sehr positiv zu bewerten sei.
Das EuGH-Urteil sei für die Branche nicht überraschend gekommen, sagte Ralph Brouwers Chef-Mathematiker der Gothaer Krankenversicherung. Die private Krankenversicherung (PKV) werde von allen Sparten am stärksten von der Einführung von Unisex-Tarifen betroffen sein, erläuterte er. Dabei spreche nichts gegen Unisex, "solange die Rahmenbedingungen für alle gleich sind", so seine Meinung.
Einige Veränderungen, die er für PKV-Produkte erwartet, sind etwa die Verschiebung der Beitragsrückstellungen zu Lasten der Frauen und zu Gunsten der Männer. Auch würden sich die Tarife entmischen, denn durch die Selektion bestimmter Merkmale käme es zu einer mittelbaren Geschlechterdifferenzierung. Als Beispiel führte er unter anderem einen Tarif an, der Behandlungen durch Heilpraktiker beinhaltet. Dieser wird aktuell hauptsächlich von Frauen abgeschlossen und kostet für Frauen mehr als für Männer. Stiegen 2013 die Prämien in diesem Tarif für Männer, würde er für Männer uninteressant, die sich dann eher für einen preiswerteren Tarif mit eingeschränkten Leistungen entscheiden würden.
Was passiert in der neuen Unisexwelt mit dem Bestand der PKV? Nach VAG §12 Absatz 4 Satz 2 dürfen die Prämien gleicher Tarife für das Neugeschäft nicht niedriger sein als im Bestand. Durch das Wechselrecht der Versicherten erwartet Brouwers viele Bestandsbewegungen. Gegenwärtig sei noch eine intensive fachliche Diskussion im Gange, sagte er.
Solvency II ist die größere Baustelle
Er kritisierte den hohen Verwaltungsaufwand, den die Umsetzung der EuGH-Urteils mit sich bringen werde. Durch die Neukalkulation von 460 PKV-Tarifen jeweils für Männer, Frauen, Kinder/Jugendliche werde die Spanne von 1,5 Jahren, die bis zur Einführung verbleibe, auch gebraucht werden. Die Attraktivität der PKV gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung werde für Männer durch Unisex sinken, erwartet der Fachmann. Insgesamt liege die größte Baustelle der Versicherungsbranche derzeit allerdings in der Umsetzung der Solvency II-Vorgaben.
Autor(en): Alexa Michopoulos