Und sie lohnt sich doch!

In Anlehnung an den berühmten Ausspruch von Galileo Galilei ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Sachen Riester-Rente trotz massiver Kritik davon überzeugt: Und sie lohnt sich doch! Das untermauerten Dr. Johannes Lörper, Vorsitzender des Mathematik-Ausschusses, und Dr. Peter Schwark, Lebensversicherungsexperte des GDV, während der Vorstellung einer alternativen Berechnung am Dienstag in Berlin.

Man wolle die Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) keinesfalls anzweifeln, sagte Lörper. Die Schlussfolgerungen seien allerdings etwas zweifelhaft. Das DIW hatte in der vergangenen Woche als Fazit einer Untersuchung zehn Jahre nach Einführung der Riester-Rente festgestellt: "Riester-Sparer erzielen in vielen Fällen nur so viel Rendite, als hätten sie ihr Kapital im Sparstrumpf gesammelt." Da sei so keinesfalls richtig. Auch die Behauptung, dass Geringverdiener seltener riestern, stimme so nicht. So gehören laut Zentraler Zulagenstelle für Altersvermögen (ZFA) knapp 30 Prozent der Zulagenempfänger der Einkommensgruppe bis 10.000 Euro jährlich an, weitere 20 Prozent verdienen zwischen 10.000 und 20.000 und knapp 19 Prozent kommen auf maximal 30.000 Euro Jahressalär.

Unterschiedliche Berechnung der Lebenserwartung
Ein wichtiger Unterschied bei den Berechnungen, wie sie DIW und GDV anstellen, betrifft die Lebenserwartung der Menschen. Die Versicherer gingen davon aus, dass die Menschen deutlich älter würden als es das Bundesamt für Statistik voraussagt. Der Grund für die Skepsis hinsichtlich der amtlichen Prognosen seien tatsächliche Abweichungen, so Lörper. So hatte das Bundesamt 1986 vorausgesagt, dass von 100.000 65jährigen Männern 2006 gut 21.600 das 85. Lebensjahr erreichen würden. Tatsächlich waren es aber rund 10.000 mehr. Der Trend zu einer Erhöhung der Lebenserwartung hält weiter an und ist deutlich stärker als angenommen, so Lörper. Und es lässt nichts darauf schließen, dass sich der Trend in den kommenden Jahren abschwächen würde. Insofern sei die Kalkulation der Lebensversicherer anders als die Annahmen des DIW.

"Steinalt" ist relativ
Die Behauptung im DIW-Bericht, Riester-Sparer müssten steinalt werden, um etwas von ihrer Altersvorsorge zu haben, wiederlegt der GDV mit eigenen Berechnungen. Demnach müssten auch die Riesterzulagen, die die Rentabilität der Anlage wesentlich steigern, mit eingerechnet werden. Wenn man einen Marktteilnehmer aus dem Mittelfeld einschließlich Überschussbeteiligung und Kosten von zehn bis zwölf Prozent des Beitrags unterstellt, dann haben normale Kunden im Alter von 71 bis 74 Jahren - bei einem Renteneintritt mit 67 Jahren - ihre eingezahlten Beiträge wieder heraus, wenig später auch die Zulagen (siehe Tabelle). Dabei gilt: Je geringer das Einkommen und je höher der Zulagenanteil, desto eher erreichen die Betroffenen den Break even. Auch die Rentabilität steigt mit abnehmendem Einkommen. Allerdings sei das Erreichen dieses hohen Alters statistisch gesehen normal, da die Versicherer aufgrund ihrer Berechnungen zum Beispiel davon ausgehen, dass 1981 geborene Frauen 93 Jahre alt werden, solche aus dem Jahr 2011 sogar fast 96. Insofern ist der Begriff "steinalt" relativ.

Berechnung des GDV zur Rentabilität der Riester-Rente:
Alter/Einkommen Single, Mann 35/30.000 Euro p.a.Ehefrau, 2Kinder, 36/45.000 Euro p.a. Alleinerziehende, 1 Kind, 30/18.000 Euro p.a.
Break even Eigenanteil 74 Jahre 73 Jahre 71 Jahre
Break even plus Zulagen 75 Jahre 75 Jahre 74 Jahre
Rentabilität mit 85 Jahren 3,72 Prozent 4,42 Prozent 5,87 Prozent
Rentabilität mit 90 Jahren 4,33 Prozent 5,02 Prozent 6,33 Prozent

Da Riester-Renten lebenslang gezahlt würden, müssten die Jahre nach dem Break even mit Zinsen und Zulagen finanziert werden. Schon daraus ergibt sich, dass Versicherer angesichts der sich von Generation zu Generation um drei bis sechs Jahre verlängernden Lebenserwartung vorsichtig kalkulieren müssten.

Wer auf den Sparstrumpf vertraut, wettet auf ein kurzes Leben
Was die Behauptung betrifft, jeder Sparstrumpf sei lohnender als eine Riester-Rente, konterte Schwark mit dem Hinweis, dass die Rendite nur eine Seite der Medaille sei- obwohl sich Riester auch hier nicht verstecken müsse. Die Tatsache, dass eine Rente lebenslang gezahlt würde - auch bei einem sehr langen Leben - könne durch nichts ersetzt werden. Wer auf eine Rentenversicherung verzichte und stattdessen das Geld in einen Sparstrumpf oder eine Sparanlage stecke, schließe eine Wette auf ein kurzes Leben ab. Denn das Risiko, viele Jahre ohne (zusätzliches) Einkommen auskommen zu müssen, ist beim reinen Ansparen groß. "Hier fehlt der Ausgleich durch die Risikogemeinschaft", mahnt Schwark.

Unterm Strich sei Riester für alle Berechtigten vorteilhaft, besonders aber für Geringverdiener, fasste Schwark zusammen. Diskussionsvorschläge wie der vom DIW, man solle das Riestergeld nehmen und in die gesetzliche Rentenversicherung stecken, um Geringverdiener zu unterstützen, gehen am Problem vorbei, weil damit künftige Generationen wieder das Nachsehen hätten. Die politisch gewollte Mischung aus Kapitaldeckung und Umlageverfahren, wie es die Einführung der Riester-Rente vor zehn Jahren manifestiert habe, sei richtig und sollte unbedingt so fortgeführt werden, ergänzte Lörper.

Autor(en): Elke Pohl

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