Wenn die Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft stimmen, wurde im Jahr 2018 bereits jeder siebte Euro Neugeschäft in der Kompositversicherung direkt vom Versicherer oder einem Vergleichsportal eingesammelt. In der privaten Krankenversicherung war es jeder 13. Euro, nur in der Lebensversicherung findet sich der Vertriebsweg "Direkt" unter "ferner liefen".
Dazu muss man bedenken, dass ein Teil des Online-Geschäfts auch über traditionelle Vertriebswege wie Ausschließlichkeit, Makler und Mehrfachvertreter eingeworben sowie in den Statistiken der Versicherer diesen Vertriebswegen zugerechnet wird. Und die Entwicklung verläuft dynamisch, die Anteile dürften zwischenzeitlich weiter gestiegen sein.
Ausschließlichkeit zwar beim Online-Abschluss vorn…
Vor diesem Hintergrund ist eine Sonderauswertung aus der zweijährlich durchgeführten BVK-Strukturanalyse zu sehen, die Aufschluss darüber gibt, wie sich traditionelle Vermittler hinsichtlich Online-Abschlüssen aufstellen. Eingeflossen sind Angaben von 2.348 Vermittlern. Die Vertriebswege unterscheiden sich dabei gravierend voneinander.
Die Ausschließlichkeit bietet zu gut zwei Drittel der Befragten ihren Kunden die Möglichkeit an, Online bei ihnen Versicherungen abzuschließen. Bei Maklern und Mehrfachvertretern dagegen ist es nahezu umgekehrt: Fast zwei Drittel bieten keine solche Möglichkeit.
…aber nicht beim Online-Erfolg
Weiter wurde erfragt, welchen Anteil die Online erzielten Provisionseinnahmen an den Gesamteinnahmen der Befragten ausmachen. Auch hier ist das Antwortverhalten der beiden Vertriebswege nahezu umgekehrt proportional zueinander, aber diesmal anders herum: Nennenswerte Provisionsanteile werden, wenn dann von Maklern und Mehrfachvertretern erzielt, bei der Ausschließlichkeit dagegen ist der Provisionsanteil gering bis gar nicht vorhanden.
Genauer gesagt schaffen es rund vier Prozent der Makler und sieben Prozent der Mehrfachvertreter, einen Provisionsanteil von mehr als fünf Prozent Online zu erreichen, aber nur knapp zwei Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter. Trotz Online-Abschlussmöglichkeit erzielen knapp 17 Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter, aber nur knapp zwölf Prozent der Makler und sieben Prozent der Mehrfachvertreter gar keine digitalen Umsätze.
Versicherer statten Vertreter aus
Offenbar fehlt in beiden Vertriebswegen bislang der strategische Fokus auf das Online-Geschäft. In der Ausschließlichkeit scheinen die Versicherungsunternehmen recht rührig zu sein, ihren Vertretern Online-Abschlussmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, meist integriert in Webseiten, die ohnehin die Versicherer für ihre Vertreter entwickeln und pflegen. Das reine Angebot auf der Webseite aber reicht keineswegs aus.
Besonders erfolgreich sind unter den Versicherern, bei denen mindestens zehn Vertreter geantwortet haben, die Barmenia, Ergo und Allianz. Bei der Barmenia beispielsweise geben zwölf Prozent der Vertreter an, mehr als fünf Prozent ihres Neugeschäfts Online zu schreiben, weitere 65 Prozent bis zu fünf Prozent. Dagegen verfügen die Vertreter von Itzehoer und VPV, die sich an der Umfrage beteiligt hatten, über keine Online-Abschlussmöglichkeit.
Konkurrenz durch Online-Makler ernst nehmen
Bei Maklern und Mehrfachvertretern, die eigentlich aufgrund ihrer breiten Angebotspalette einen Wettbewerbsvorsprung haben müssten, scheint der Online-Vertrieb insgesamt noch nicht im strategischen Fokus zu stehen. Das erstaunt, müssen sich doch gerade die traditionellen Makler vermehrt der Konkurrenz der Online-Makler stellen. In der Komposit- und der privaten Krankenversicherung stagnieren die Marktanteile der Makler und Mehrfachvertreter seit Jahren. Nur in der Lebensversicherung ist ihr Marktanteil angestiegen - genau dort, wo die Online-Makler bisher nicht erfolgreich sind.
Interessant ist, dass jedenfalls in dieser Stichprobe das Alter, die Berufserfahrung oder die Qualifikation keine erkennbare Rolle für die Online-Affinität der Vermittler spielen.
Weitere Details finden sich in einem Artikel in der "Zeitschrift für Versicherungswesen", Heft 22/2019, S. 688-690.
Autor(en): Matthias Beenken