Ein neues Testverfahren untersucht die Beitragsstabilität von Berufsunfähigkeits-Versicherungen (BU). Es dürfte einen gewaltigen Druck auf den Markt ausüben, denn es analysiert erstmals die vergangene und künftige Entwicklung des Bestandes sowie des Versicherers.
"Bisherige Ratings basieren vor allem auf öffentlichen Daten und berücksichtigen die künftige Entwicklung nicht", sagte Sandra Blome bei einer Online-Vorstellung eines neuen BU-Siegels. Laut der Wissenschaftlerin vom von Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) könne man gerade aus internen Daten, die für die Versicherungsaufsicht bestimmt sind, die Zukunft analysieren. Das sei bei der Gesamtbetrachtung der möglichen Entwicklung von Beiträgen für die BU sehr wichtig.
Gefahr durch Verluste aus der Lebensversicherung
Gemeinsam mit der Rating-Agentur Assekurata hat das ifa eine neue umfassende Analysemethode entwickelt. Es gib eine versicherungsmathematische Auswertung der BU-Kalkulation sowie Untersuchungen des BU-Bestands und der Ertragskraft des Versicherers. Der Grund ist, das seit 2014 Lebensversicherer laut Gesetz die Möglichkeit haben, Gewinne oder Verluste quer zu verrechnen. "Hat der Lebensversicherer ein negatives Kapitalergebnis, dann besteht die Möglichkeit, Gewinne aus der BU-Biometrie zu verrechnen", erläuterte Blome.
Was gut für einen Lebensversicherer mit hohen Garantieverpflichtungen sei, wäre schlecht für die Beitragsstabilität der BU-Kunden. "Hier werden dann die BU-Überschüsse belastet", so Blome. Daher müsse man immer auch die mögliche Entwicklung des Lebensversicherers bei der Analyse der BU-Beitragsstabilität betrachten.
Hohe Leistung für ersten Testkandidaten
Erster Versicherer der sich einem Test seiner BU-Beitragsentwicklung unterzogen hat, ist die Alte Leipziger. Obwohl das ifa eigentlich keine Note vergeben möchte, weil "ein bisschen Beitragsstabilität" keine sinnvolle Aussage wäre, gibt es neben dem Erreichen des Siegels auch einen allgemeinen Erfüllungsgrad als Mittel aus den Einzeluntersuchungen.
Hier hat die Alte Leipziger die Latte sehr hochgelegt. Das Unternehmen übertrifft in allen drei Testbereichen die Mindestanforderung erheblich und erreicht einen Gesamterfüllungsgrad von 84 Prozent. Die Tarifkalkulation geht mit 40 Prozent, BU-Bestand und Unternehmensertrag mit jeweils 30 Prozent in das Gesamtergebnis ein. "Wir sind bereits mit weiteren Unternehmen hinsichtlich eines Tests im Gespräch", sagte Blome.
Wichtiger Beitrag zur haftungssicheren Beratung
Das neue Siegel dürfte erheblichen Druck auf den Vertrieb andere BU-Anbieter ausüben. So stellte der Geschäftsführer des ifa, Professor Jochen Ruß, in seiner Anmoderation fest, dass der im Markt weitgehend übliche Unterschied zwischen Zahl- und Bruttobeitrag Tarifanpassungen möglich mache und dann für Vermittler sehr unangenehm sei. Die Angst vor BU-Beitragsanpassungen dürfte aktuell groß sein. Immerhin muss eine BU-Police bis zum Rentenalter gehalten werden.
Und nach Feststellung vieler Experten leiden Lebensversicherer in der Niedrigzinsphase stark unter ihren hohen Garantieverpflichtungen. Daher dürfte ein hochwertiges BU-Stabilitätssiegel ein wichtiger Begleiter für eine haftungssichere Beratung sein. Was die Analyse und die Auszeichnung einen Versicherer kostet, scheint aber ein Geschäftsgeheimnis zu sein. Zumindest bis zum Redaktionsschluss wurde diese Frage vom ifa nicht beantwortet.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek