So treibt Storno die Kosten

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Gäbe es keine Abschlussprovisionen in der Lebensversicherung, sondern nur durchlaufende Provisionen, müsste nicht über eine Stornohaftung diskutiert werden. So aber ist dies ein wichtiges Thema, denn Stornierungen und Beitragsfreistellungen von Lebensversicherungen treiben die Kosten der Gesellschaften, wie eine Analyse auf Basis der aktuellen Bilanzkennzahlen für das Jahr 2016 zeigt. Diese stammen aus dem neuesten Map-Report (Bilanzanalyse deutscher Lebensversicherer 2016, Nr. 895).

Enorme Bandbreite an Kostenquoten
Unter den 30 größten Lebensversicherern – von Allianz mit 18 Milliarden Euro bis Continentale mit 735 Millionen Euro Beitragseinnahme – variieren die Kennzahlen sehr stark, die mit der Effizienz im Vertrieb dieser Produkte zu tun haben. So bewegt sich die Abschlusskostenquote zwischen 3,2 Prozent (Generali) und 8,4 Prozent (HDI) der Beitragssumme des Neugeschäfts. Auch wenn dabei die Geschäftsstruktur eine Rolle spielt, zum Beispiel viele Kollektivverträge die Abschlusskosten senken und viele Kleinst-Einzelversicherungen umgekehrt diese steigern, so spricht diese enorme Bandbreite auch für Effizienzunterschiede.

Das gilt auch für die Verwaltungskostenquote, die keineswegs nur reine Verwaltungskosten des Versicherers abbildet. Vielmehr liefert sie auch den nötigen Puffer für überrechnungsmäßige Abschlusskosten. Die Bandbreite ist hier noch größer: Zwischen 0,99 Prozent (Cosmos) und 9,55 Prozent (Targo) der Beitragseinnahmen des Berichtsjahrs liegen Welten. Mit einer leichten Tendenz sind wenn, dann beide Quoten entweder hoch oder niedrig (Korrelationskoeffizient r=0,38), das heißt in der Praxis werden meist wohl nicht hohe Kosten auf der einen durch niedrige Kosten auf der anderen Seite ausgeglichen.

Bis zu knapp neun Prozent Stornoquote
Auch die Stornoquoten (Stornierung oder Beitragsfreistellung von Hauptversicherungen in Prozent vom mittleren Jahresbestand an Verträgen) differieren sehr. Zwischen 0,75 Prozent (Hannoversche) und 8,92 Prozent (Targo) liegen wiederum Welten. Selbst wenn man unterschiedliche Geschäftsschwerpunkte berücksichtigt, muss man wohl unterschiedlich druckvolle und beratungsintensive Absatzmethoden als eine Erklärung annehmen. Bei den kleineren Versicherern sieht man sogar Stornoquoten bis zu über 18 Prozent, so der Map-Report.

Auch der Anteil der beitragsfrei gestellten Hauptversicherungen im Gesamtbestand kann mitunter erstaunliche Ausmaße annehmen. Am besten steht hier unter den größten 30 Versicherern die Continentale mit 12,37 Prozent da, am schlechtesten die in Abwicklung befindliche Victoria. Dort sind 40,39 Prozent der Verträge beitragsfrei. Im Markt gibt es noch „schlimmere Fälle“, bis zu 82 Prozent Bestandsanteil lassen sich im Map-Report nachlesen.

Mehr Storno, mehr Kosten
Besonders interessant ist der Zusammenhang zwischen Stornierungen und Beitragsfreistellungen sowie den Kosten des Versicherers. Je höher die Stornierungen im Jahr, desto höher die Abschlusskosten (r=0,27), lautet ein plausibler Zusammenhang. Denn trotz einer Stornohaftung verteilen sich die überwiegend bei Vertragsbeginn anfallenden Abschlusskosten schlechter, wenn die Verträge nicht wie geplant durchgehalten werden.

Noch viel deutlicher ist der Zusammenhang mit den Verwaltungskosten, hier beträgt der Korrelationskoeffizient, der zwischen plus 1 und minus 1 schwanken kann, sehr signifikante r=0,60. Stornierungen treiben also die Verwaltungskosten erkennbar in die Höhe.

Ähnlich liegen die Zusammenhänge mit der Quote der beitragsfrei gestellten Versicherungen. Die entsprechenden Korrelationen mit den Abschlusskosten und den Verwaltungskosten lauten r=0,40 und r=0,46. Die Effizienz des Versicherers leidet offenkundig, wenn die Verträge nicht wie vorgesehen bespart werden.

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Stornohaftung mit nicht immer plausiblem Einfluss auf Stornierungen
Zu vermuten wäre, dass die Stornoquoten sinken, wenn die Stornohaftungsdauer angehoben wird. Dafür liegen Informationen zur durchschnittlich vereinbarten Stornohaftung bei 13 Versicherern mit Ausschließlichkeit sowie von zehn Versicherern mit Maklervertrieb aus der Provisionsstudie vom Frühjahr (Beenken/Radtke 2017, wie der Map-Report beim Versicherungsjournal Verlag erhältlich) vor.

Auch wenn die Anzahl der Versicherer mit solchen Angaben gering ist, und die meisten untersuchten Versicherer mehrere Vertriebswege haben, so gibt es doch ein paar interessante Hinweise. Bei den Ausschließlichkeitsversicherern gibt es wie vermutet eine allerdings nur sehr leichte Tendenz, dass die Stornierungen und Beitragsfreistellungen des Geschäftsjahres geringer ausfallen, wenn mehr als fünf Jahre Stornohaftung vereinbart sind (r=-0,19). Das ist bei den Maklerversicherern deutlicher (r=-0,35).

Ganz gegenteilig bei den Maklerversicherern
Ganz anders dagegen der Zusammenhang mit dem durchschnittlich beitragsfreien Bestand. Bei den Versicherern mit Ausschließlichkeit gibt es wie zu erwarten ebenfalls eine ganz leicht negative Korrelation, das heißt je geringer die Stornohaftung, desto höher der beitragsfreie Bestand (r=-0,18). Ganz gegenteilig verhält es sich bei Maklerversicherern, hier liegt eine deutlich positive Korrelation (r=0,49) vor. Möglicherweise haben hier Versicherer mit hohen Beitragsfreistellungen versucht, auch die Stornohaftungszeiten der Makler schneller anzupassen als die Versicherer mit geringeren Bestandsproblemen.

Ein Wunderheilmittel dürfte die Stornohaftung dennoch nicht sein. Denn überlange Stornohaftungszeiten in Verbindung mit einem stornoanfälligen Vertrieb führen schnell zu einem massiven Liquiditätsproblem für den rückzahlungspflichtigen Vermittler. Nicht selten dürfte es daher zum Zahlungsausfall kommen. Dann steigen die Kostenquoten weiter an.

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Autor(en): Matthias Beenken

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