Ab 2. August müssen Versicherungsvermittler ihre Kunden nach deren Nachhaltigkeits-Präferenzen befragen und beraten, wenn sie Versicherungsanlageprodukte anbieten. Wie sie persönlich mit dem Thema umgehen, zeigt eine aktuelle Untersuchung.
Im Rahmen des Asscompact-Awards „Private Kfz- und Flottenversicherung 2022“ machten die teilnehmenden Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter Angaben zu ihren eigenen Fahrzeugen. 40 Prozent der Befragten oder 164 Teilnehmer verfügen nach eigenen Angaben über Dienstwagen, die mehrheitlich geleast (57 Prozent) oder gekauft (40 Prozent), selten auch gemietet sind.
Jeder Zweite fährt Diesel
Bei der Antriebsart dominiert derzeit noch der Diesel mit 49 Prozent Anteil vor dem Benziner (28 Prozent). Bereits rund 21 Prozent nutzen alternative Antriebe wie Plug-in-Hybrid, Voll-Hybrid oder reine Elektrofahrzeuge, letzteres immerhin sechs Prozent aller Befragten.
Die meisten Energieressourcen benötigen die Fahrer von Benzinern, deren mittlerer Verbrauch mit 9,8 Litern angegeben wird. Diesel-Fahrer dagegen kommen mit durchschnittlich 7,4 Litern zu ihren Kunden, Plug-in-Hybrid-Fahrer sogar mit nur 5,7 Litern. Der durchschnittliche Verbrauch der Elektrofahrzeuge liegt bei 20 kWh.
Vielfach ist der CO2-Ausstoß noch recht hoch
Als ein Mitverursacher der Klimaerwärmung wird der Ausstoß von CO2 gesehen. Unter den allerdings nur 62 Befragten, die Angaben dazu machen konnten, tragen 44 Prozent mit mindestens 120 g/km CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge dazu bei. Immerhin 27 Prozent geben einen CO2-Ausstoß von unter 50 g/km an. Bei solchen Angaben handelt es sich allerdings stets um eher theoretische Laborwerte der Hersteller, die echten Werte hängen vom Fahrverhalten und den Fahrbedingungen ab und dürften deutlich darüber liegen.
Die Teilnehmer gaben an, im Schnitt 21.000 Kilometer Jahresfahrleistungen aufzuweisen, davon 16.000 Kilometer für berufliche Zwecke. Fast drei von zehn Befragten haben weitere Dienstfahrzeuge im Fuhrpark, beispielsweise für die Beschäftigten.
Nachhaltigkeit als Beratungsthema
Interessant ist die Frage, ob der Umgang mit den eigenen Fahrzeugen mit der generellen Einstellung zur Nachhaltigkeit zusammenhängt. Dieses Thema müsste den Befragten allein deshalb bekannt sein, weil bereits seit 10. März 2021 alle Vermittler, jedenfalls sofern sie Versicherungsanlageprodukte vermitteln, ihre Homepage anpassen und dort Informationen bereitstellen müssen, ob und welche Nachhaltigkeitsstrategie sie haben und ob ihre Vergütungspolitik damit im Einklang steht oder nicht.
Zwar gibt es dafür eine Ausnahme für Kleinstbetriebe unter drei Mitarbeitern im Vermittlerbetrieb. Das spielt aber spätestens ab 2. August dieses Jahres auch keine Rolle mehr, denn ab dann müssen alle Vermittler unabhängig von ihrer Betriebsgröße beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten eine erweiterte Eignungsprüfung durchführen. Diese enthält pflichtweise eine Abfrage, ob und welche Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunde besitzt. An dem Thema kommt also bald kein Makler und kein Vertreter mehr vorbei, es sei denn, dass er keinerlei Lebensversicherungen vermittelt.
Nachhaltigkeit verbindet noch nicht jeder mit dem Auto
Im eigenen Vermittlerbetrieb dürfte unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten neben Energieleistungen für Heizung und Strom im Büro vor allem der Ressourcenverbrauch für die Wege zum Kunden mit dem Fahrzeug ins Gewicht fallen. Anders als beim Büro, das oft gemietet wird, hat der Vermittler bei seinen Fahrzeugen Entscheidungsfreiheit über die Antriebsart und die Nutzungsweise. Insbesondere bei Leasingfahrzeugen kommt hinzu, dass diese typischerweise nach wenigen Jahren gewechselt werden, sodass eine zeitnahe Entscheidung über ein neues Fahrzeug eben auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten möglich ist.
Unter den Befragten mit Dienstwagen sagen knapp die Hälfte (48 Prozent), dass Dienstwagen einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten sollten. 22 Prozent sehen das nicht so, der Rest ist unentschieden. Trennt man die Fahrer von Fahrzeugen mit traditionellen Antrieben (Diesel und Benzin) sowie mit alternativen Antrieben (Hybrid und Elektro), ergibt sich aber ein deutlich anderes Bild.
Fahrer alternativer Antriebe stehen Nachhaltigkeit positiver gegenüber
Die Fahrer von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben sind zu 65 Prozent der Meinung, dass auch ihr Auto einen Nachhaltigkeitsbeitrag leisten sollte und zu nur zwölf Prozent der gegenteiligen Meinung, was signifikant von den Diesel-/Benzin-Fahrern abweicht (43 beziehungsweise 26 Prozent). Die Entscheidung für ein Fahrzeug mit alternativem Antrieb dürfte daher mit der persönlichen Einstellung zur Nachhaltigkeit zusammenhängen, wenn auch nicht allein. Wahrscheinlich spielen auch noch andere Aspekte wie die steuerliche Förderung alternativer Antriebe oder die Attraktivität des jeweiligen Angebots eine Rolle.
Dass allerdings das Fahren eines Fahrzeugs mit alternativem Antrieb durchaus ein Statement einer persönlichen Überzeugung ist, zeigt eine weitere Aussage. 74 Prozent der Fahrer alternativ angetriebener Fahrzeuge sehen Nachhaltigkeit als ein persönlich wichtiges Thema an, bei Fahren traditioneller Autos sind es mit 55 Prozent erheblich weniger. Umgekehrt lehnen diese Aussage nur neun gegenüber 22 Prozent ab. Die Tatsache, dass selbst Diesel- und Benzin-Fahrer mehrheitlich Nachhaltigkeit grundsätzlich sinnvoll finden, könnte daran liegen, dass es unterschiedliche Beurteilungen der Nachhaltigkeit verschiedener Antriebsarten gibt. Vollzeit- und Teilzeit-Elektroantriebe werden nicht von Jedem als nachhaltiger angesehen als die traditionellen Antriebe.
Glaubwürdigkeit im Aufritt
Fahrer alternativer Antriebe sprechen mehrheitlich (53 Prozent) bereits ihre Kunden auf Nachhaltigkeit an, das tut dagegen nur jeder dritte Fahrer traditioneller Fahrzeuge. Umgekehrt verneinen nur 15 Prozent der Fahrer alternativer Antriebe die Kundenansprache gegenüber 36 Prozent der Diesel- und Benzin-Fahrer.
In einer Hinsicht sind sich die Befragten dagegen etwas ähnlicher: Beide Gruppen erleben mehrheitlich noch nicht, dass sie mit dem Thema Nachhaltigkeit auf Interesse bei den Kunden stoßen. Relativ gesehen ist das allerdings dennoch bei den Fahrern alternativer Antriebe häufiger der Fall (47 statt 28 Prozent) sowie umgekehrt seltener nicht der Fall (22 statt 35 Prozent). Es scheint sich zu lohnen, Kunden wenigstens auf das Thema Nachhaltigkeit anzusprechen – und das wiederum fällt leichter, wenn man selbst eine positive Haltung zur Nachhaltigkeit entwickelt hat.
Das eigene Fahrzeug ist zwar sicher nicht unumstritten als ein Statement der Nachhaltigkeit. Aber wahrscheinlich wird ein Kunde eher auf das Thema Nachhaltigkeit positiv reagieren, wenn er eine gewisse Glaubwürdigkeit im Aufritt seines Vermittlers erlebt – und die wiederum dürften Vermittler eher mit einem angemessenen Fahrzeug mit alternativem Antrieb als mit einem übertrieben verbrauchsintensiven Fahrzeug mit konventionellem Antrieb erreichen.
Autor(en): Matthias Beenken