Einer Versicherungsmaklerin unterlief bei der Umdeckung einer privaten Krankenversicherung ein teurer Fehler.
In dem vom Landgericht Arnsberg (Urteil vom 21.8.2024, Az. 3 S 66/23, Rechtsprechungsdatenbank NRW, r+s 20/2024, 905-906) entschiedenen Fall hatte eine Versicherungsmaklerin Ende 2014 einen privat Krankenversicherten beraten. Ergebnis war der Wechsel des Versicherers zum Jahresbeginn 2015. Dabei sparte der Kunde deutlich Beitrag ein, der ging von rund 766 Euro auf rund 567 Euro Monatsbeitrag herunter.
Keine Wahlleistungen mehr enthalten
Allerdings war auch die Leistung des neuen Vertrags schlechter. Denn der umfasste anders als der Ursprungsvertrag keine Wahlleistungen im Krankenhaus – Chefarztbehandlung und Unterbringung im Zweibettzimmer. Das wiederum fiel dem Kläger erst rund fünf Jahre später anlässlich eines Krankenhausaufenthalts auf. Er machte mit Schreiben vom 5. Mai 2021 Schadenersatzansprüche geltend, weil seiner Meinung nach die Umdeckungsberatung fehlerhaft war – er habe einen vergleichbaren Versicherungsschutz gewünscht.
Zudem hatte der Kläger einen erneuten Wechsel des Krankenversicherers zum 1. Januar 2021 vorgenommen. Dort hatte er wieder die Wahlleistungen mitversichert, musste nun aber unter anderem wegen eines Risikozuschlags aufgrund Vorerkrankung mit rund 926 Euro deutlich mehr im Monat bezahlen. Die Schadenersatzforderung wurde abstrakt erhoben und sollte den Schaden wiedergutmachen, der dem Kläger künftig entsteht. Denn beim neuen Krankenversicherer muss er aufgrund dessen Beitragsentwicklung und des Risikozuschlags, den er beim ersten Krankenversicherer noch nicht hatte, höhere Beiträge bezahlen.
In erster Instanz konnte sich die Maklerin noch erfolgreich wehren, in der Berufungsinstanz hingegen nicht mehr. „Die Feststellungsklage“ sei „sowohl zulässig als auch vollumfänglich begründet“, heißt es.
Zeugenaussage gab den Ausschlag
Tatsächlich habe sich der Mitarbeitende der Maklerin, der die Umdeckung 2014 betrieben hatte, einen Beratungsfehler zuschulden kommen lassen. Dieser Mitarbeitende war als Zeuge geladen und hatte eingeräumt, dass er selbst nicht bemerkt habe, dass der neue Vertrag schlechtere Leistungen enthielt. Er habe das Angebot von einer anderen Mitarbeitenden im Maklerbetrieb erhalten.
Das Gericht führt aus, dass die Pflichten eines Versicherungsmaklers weit gehen. Er schuldet dem Kunden als treuhänderähnlicher Sachwalter „eine umfassende Betreuung der Versicherungsinteressen des Versicherungsnehmers und eine dementsprechende Beratung“. Bei „Nachfragen zum Umfang des Versicherungsschutzes“ sei der Makler „zu einer vollständigen und richtigen Auskunft und Beratung“ verpflichtet.
Sorgfaltspflichten des Maklers
Eine Maklerin oder ein Makler müsse sogar dann, wenn die Kundin oder der Kunde bei einer Umdeckung nicht ausdrücklich eine gleichwertige neue Versicherung verlangt, den Kunden über Verschlechterungen beim Versicherungsschutz aufklären. Tatsächlich hatte in diesem Fall der Kunde genau eine solche annähernde Gleichwertigkeit des neuen Vertrags eingefordert, so hatte es auch der Zeuge bestätigt. Die Maklerin muss sich zudem das Handeln ihrer Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen.
Auch war das Landgericht nicht der Meinung, der Kunde selbst habe grob fahrlässig gehandelt, indem er sich die Unterlagen zum neuen Vertrag nicht sorgfältig durchgesehen und den Fehler selbst bemerkt habe. Ein Verjährungseinwand kam damit nicht in Frage.
Zwar hatte der Kunde eine „Versichertenkarte“ erhalten, auf die entsprechenden Felder, aus denen die Wahlleistungen hervorgegangen wären, mit einem Strich gekennzeichnet waren. „Es ist gerichtsbekannt, dass gerade bei privat versicherten Personen die Versichertenkarte keine große Rolle spielt und überdies selten angefragt wird“, heißt es. Auch sei die entscheidende Information nicht unmittelbar auf den ersten Blick erkennbar gewesen. Eine Pflicht des Versicherten, seine Versichertenkarte sorgfältig zu prüfen, gibt es nicht.
Ebenso wenig kann man von einem Kunden verlangen, dass er angesichts einer größeren Beitragsersparnis auf die Idee kommt, deren Ursache könnte in einer schlechteren als der gewünschten Leistung liegen. Kunden wissen dafür zu wenig über die individuelle Beitragskalkulation von Versicherern.
Vielmehr sei es gerade der Sinn der Einschaltung eines Versicherungsmaklers, dass man sich auf dessen Expertise verlassen kann.
Es gab mal ein Wettbewerbsrichtlinien-Verfahren
Das Urteil zeigt einmal mehr, wie problematisch Umdeckungen sind. Wieder einmal wäre es sinnvoller gewesen, zunächst einen Tarifwechsel beim bisherigen Krankenversicherer zu prüfen, zumal der durch die vollständige Anrechnung der bisher erworbenen Alterungsrückstellungen oft sinnvoller ist als die Umdeckung. Aber das marktübliche Vergütungssystem in der privaten Krankenversicherung setzt hier einen Fehlanreiz: Makler verdienen grundsätzlich nur dann, wenn sie den Kunden zur Aufgabe des Altvertrags und seiner Alterungsrückstellungen und zum Versichererwechsel bewegen.
In früheren Zeiten hätten sich zudem die Krankenversicherer auf Basis der sogenannten Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft geeinigt, den zu Ungunsten des Kunden umgedeckten Krankenversicherungsvertrag rückabzuwickeln und die Abschlussprovision vom Umdeckungsvermittler zurückzufordern. Aber Selbstregulierung der Privatwirtschaft steht nicht mehr hoch im Kurs. Heute müssen Gerichte auf Basis von Gesetzen und älterer Rechtsprechung entscheiden. Nicht immer ist alles besser als früher.
Autor(en): Matthias Beenken