Der Map-Report liefert ein neues Rating der Privaten Krankenversicherung mit vielen interessanten Kennzahlen. Dazu gehören auch Prozess-, Beschwerde- und Stornoquoten.
Franke und Bornberg hat wieder ein Rating der privaten Krankenversicherer aufgelegt und dafür unter anderem Bilanzkennzahlen der vergangenen fünf Jahre - und zwar von 2017 bis 2021 - herangezogen. Hinzu kommen bei den Gesellschaften angefragte Daten.
Wenig Bereitschaft zu Transparenz
Wie in den Vorjahren auch, zeigten sich die Gesellschaften eher zugeknöpft. Nur ein Dutzend Versicherer lieferten die angefragten Daten – von 30 angefragten Gesellschaften. Immerhin fünf davon brachten nicht einmal die Höflichkeit einer Absage auf und antworteten dem Ratinghaus gar nicht – so macht man sich keinen guten Namen. Professionelle Öffentlichkeitsarbeit sieht anders aus.
Eine Konsequenz ist, dass nur die zwölf antwortenden Unternehmen Auszeichnungen für die Qualität ihrer Bilanz, ihrer Serviceleistungen und der Beitragsstabilität erhalten konnten. Für „hervorragende Leistungen“ ausgezeichnet wurden die Debeka und die Signal Iduna. „Sehr gute Leistungen“ bescheinigt Franke und Bornberg den Versicherern Allianz, Alte Oldenburger, Concordia, LVM, Provinzial, R+V und Süddeutsche. Ein „gut“ gab es für Barmenia, Hansemerkur und Württembergische.
Große Bandbreiten bei Prozessen und Beschwerden
Auch wenn sich die Versicherungsaufsicht BaFin derzeit auf die Abschluss- und Verwaltungskosten in der kapitalbildenden Lebensversicherung fokussiert, lohnt ein Blick auf diese Kosten auch in der privaten Krankenversicherung, zumal deren Flaggschiff-Produkt Vollversicherung nach Art der Lebensversicherung kalkuliert werden muss. Ein wichtiger Kostentreiber ist die Umdeckung.
Der Map-Report liefert dazu interessante Kennzahlen zur Qualität des Geschäfts. Ein Beispiel ist die Prozessquote: Im Jahresdurchschnitt wiesen die Versicherer, die Angaben dazu machten, zwischen 2,01 und 21,75 Leistungsprozesse je 100.000 versicherte Personen auf. Von 28 Gesellschaften liegen Beschwerdequoten vor: Je 100.000 Versicherte mussten die Versicherer im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 2,73 Beschwerden bearbeiten. Nach Gesellschaft schwankt diese Zahl recht erheblich zwischen 0,27 und 8,59.
Beschwerdeanfälligkeit als Storno-Treiber?
Lediglich elf Versicherer antworteten auf die Frage nach der Zahl der Beschwerden beim Ombudsmann für die Private Kranken- und Pflegeversicherung. Auch hier ist die Bandbreite groß und reicht von 2,27 bis zu 22,5 Beschwerden je 100.000 Personen im Mittel der Jahre 2017 bis 2021. In Stückzahlen sind das allein bei zwei der großen Krankenversicherer jeweils über 400 Beschwerden, die pro Jahr zu bearbeiten sind. Das dürfte zum einen die Kosten treiben und zum anderen auf Unzufriedenheit von Kunden zurückzuführen sein, die wiederum Auswirkung auf weitere Kennzahlen haben könnte.
Dazu zählt zum Beispiel die Spätstornoquote in der Vollkostenversicherung, die vom Map-Report als Kündigungen von Kunden definiert wird, die mindestens mehr als zwei Jahre versichert sind, in Relation zum Gesamtbestand zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres auf Basis der Monatssollbeiträge. Die entsprechende Kennzahl, die wieder nur für zwölf Versicherer vorliegt, schwankt deutlich zwischen 0,35 und 3,75.
Die Neukunden innerhalb der ersten zwei Vertragsjahre stehen in der Frühstornoquote in der Vollkostenversicherung im Mittelpunkt. Sie wird gemessen in Relation zum mittleren Neugeschäft und ebenfalls auf Basis der Monatssollbeiträge. Hier reichen die Kennzahlen von 2,43 bis 17,25. Das Frühstorno muss zwar nicht, kann aber ein Hinweis auf die Beratungsqualität beim Verkauf sein, wohingegen das Spätstorno auch mit der Leistungsabrechnung und mit anderen Faktoren zusammenhängen kann.
Abschluss- und Verwaltungskosten reagieren aufeinander
Eine Korrelationsanalyse zeigt, wie diese Kennziffern miteinander zusammenhängen. Beispielsweise sind die Abschluss- und die Verwaltungskostenquote positiv korreliert mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,37 – maximal wäre einer von 1,0 möglich. Das bedeutet, dass in der Tendenz Versicherer, wenn, dann in beiden Bereichen teuer oder umgekehrt günstig sind.
Das ist nicht völlig selbstverständlich, weil die Bezugsgrößen für die Ermittlung dieser beiden Kennzahlen unterschiedlich sind: Die Verwaltungskosten werden in Relation zu den verdienten Bruttobeiträgen eines Jahres gemessen, die Abschlusskosten dagegen in Relation zum Neugeschäftsvolumen nach Monatssollbeiträgen.
Storno treibt die Abschlusskosten
Hoch positiv korreliert sind die Abschlusskosten mit den beiden Stornoquoten: Je mehr storniert wird, desto höher die Abschlusskosten – und umgekehrt. Denn die Korrelation allein sagt noch nicht, was zuerst da war, die Kosten oder die Stornierung. Es ist aber wahrscheinlich, dass verstärkte Stornierungen Anreiz sind, dagegen mit höheren Vergütungen und anderen Vertriebsanreizen anzukämpfen. Da außerdem die Abschlussprovisionen nur in den ersten fünf Vertragsjahren gesetzlich zeitanteilig zurückgefordert werden müssen, lassen sich diese bei häufigen Stornierungen schlechter auf das insgesamt eingekaufte Geschäft verteilen.
Dagegen zeigt sich, dass Versicherer mit niedrigen Prozess- und Beschwerdequoten auch in der Tendenz niedrigere Abschlusskostenquoten aufweisen. Mit den Verwaltungskosten gibt es dagegen keinen vergleichbaren, signifikanten Zusammenhang.
Prozesse und Beschwerden nicht ausschlaggebend fürs Storno
Eine hohe Prozessquote geht auch mit einer hohen Beschwerdequote sowohl bei der BaFin als auch ganz besonders beim Ombudsmann einher. Dagegen scheinen die Prozess- und Beschwerdequoten anders als zu erwarten nicht eindeutig die Stornierungen anzutreiben, teilweise sind diese Kennzahlen sogar – nicht signifikant – negativ korreliert.
Bei aller Vorsicht wegen der geringen Teilnehmerzahl könnte das darauf hindeuten, dass Stornierungen eher nicht vom Leistungsregulierungsverhalten der Versicherer abhängen. Einmal mehr kommt der Verdacht auf, dass es wohl eher das Umdecken der Verträge ist, was das Storno und mit ihm einhergehend die Kosten antreibt.
Der Map-Report 927, Rating Private Krankenversicherung, kann kostenpflichtig bei Franke und Bornberg bestellt werden (E-Mail: service@fb-research.de).
Autor(en): Matthias Beenken