PKV: Neugeschäftseinkauf per Provision?

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Die privaten Krankenversicherer haben auch im Jahr 2017 unterschiedlich erfolgreich neue Kunden für die Vollversicherung angeworben. Dazu liefert eine Zahlenanalyse interessante Hinweise.

In einer Hinsicht zeigt die private Krankenversicherung (PKV) Konstanz: Mehr als jeder dritte Neuversicherte entschied sich auch 2017 für den Marktführer Debeka. Mit 78.830 neuen Vollversicherungen spielen die Koblenzer in dieser Statistik in einer eigenen Liga. Mit deutlichem Abstand folgen laut der aktuellen Ausgabe der "Zeitschrift für Versicherungswesen" die Signal (28.078), Hansemerkur (21.617) und Continentale (18.203). Von einigen Versicherern wie unter anderem der Axa, Bayerische Beamten und Gothaer liegen allerdings keine Zahlen zum Neugeschäft vor.

Umdeckung gibt es weiter

Neugeschäft lässt sich aus Sicht eines Krankenversicherers auf zwei Wegen erzielen: Zum einen durch die Gewinnung von erstmals privat zu Versichernden, zum Beispiel neu berufenen Beamten, Existenzgründern oder Angestellten, die die Jahresarbeitsentgeltgrenze mindestens ein Jahr lang überschritten haben. Zum anderen aber auch über Umdeckung von einem Versicherer zum anderen. Die Umdeckung ist offenbar seit dem 2012 eingeführten Provisionsdeckel spürbar zurückgegangen, wie man jedenfalls den Einbruch bei den vom PKV-Verband berichteten Zahlen zum Bruttoneuzugang an versicherten Personen interpretieren kann.

Aber es gibt durchaus weiter Umdeckungsaktivitäten, wie es die Zahlen zur Portabilität verraten. Das sind die Alterungsrückstellungen, die bei einem Unternehmenswechsel in bestimmten Anteilen mitzugeben sind. Obwohl dies erst ab 2009 erstmals abgeschlossenen PKV-Tarifen möglich ist, werden durchaus beachtliche Summen zwischen den Versicherern verschoben.

Anstieg der Portabilitäts-Beträge

Im Jahr 2017 erhielten Krankenversicherer 87 Millionen Euro von anderen Gesellschaften als Mitgift zur Umdeckung. Das sind gut zwölf Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Umgekehrt verloren Unternehmen knapp 70 Millionen Euro an andere. Die Differenz erklärt sich daraus, dass einzelne Versicherer der "Zeitschrift für Versicherungswesen" Angaben verweigerten. Offensichtlich, weil sie zu den Netto-Verlierern in dem Umdeckungsspiel gehören.

Größter Gewinner ist einmal mehr die Hansemerkur mit gut 20 Millionen Euro. Es folgen Continentale und Signal mit rund 15 beziehungsweise 14 Millionen Euro. Die Debeka dagegen vereinnahmte nur 7,7 Millionen Euro, offenbar weil sie weit überwiegend Neuversicherte ins PKV-system geholt hat.

Größter Verlierer ist in dieser Statistik die DKV mit gut zwölf Millionen Euro, gefolgt von der Signal mit gut zehn und Hansemerkur mit gut acht Millionen Euro. Keine Angaben machten Axa, Central und LKH.

Umdeckung oft nachteiliger als Tarifwechsel

Eine durchaus naheliegende Vermutung ist, dass die Umdeckung auch über Provisionsanreize erreicht wird. Denn grundsätzlich sind Umdeckungen für den Kunden von Nachteil, weil sie bei älteren Tarifen alle und bei neueren Tarifen seit 2009 immer noch einen Teil ihrer Alterungsrückstellungen beim Unternehmenswechsel verlieren. Deshalb sollte zunächst immer empfohlen werden, einen Tarifwechsel nach § 204 VVG im selben Krankenversicherungsunternehmen zu prüfen.

Nur gibt es hierfür keine Provision vom Versicherer. Kunden haben deshalb wohl oft nur die Wahl, sich selbst die nötigen Informationen zu beschaffen, oder einen Honorarmakler in Anspruch zu nehmen. Dagegen haben Provisionsvermittler in dem gegenwärtig immer noch vorherrschenden Vergütungssystem nur einen Anreiz, durch Umdeckung an eine Abschlussprovision zu kommen. Noch gibt es keine Hinweise, dass die PKV dieses System ändern will.

Mehr Neugeschäft bei höherer Vergütung nur bei Maklern

Dass Neugeschäft über die Provisionshöhe eingekauft wird, kann man jedenfalls nicht für die Ausschließlichkeitsvertreter behaupten. Eine Korrelationsanalyse belegt sogar einen deutlich negativen Zusammenhang zwischen der Provisionshöhe und dem Neugeschäft. Dies basiert allerdings nur auf neun Versicherern, für die alle nötigen Angaben aus der "Zeitschrift für Versicherungswesen" sowie aus einer Provisionsstudie von 2017 vorliegen. Einen hohen Einfluss hat hier vor allem die Debeka, die ihr herausragend hohes Neugeschäft mit auffallend niedrigen Provisionssätzen erreicht.

Neugeschäft PKV Ausschließlichkeit 10/2018

Bei den elf Versicherern, die über Makler PKV-Neugeschäft einwerben, und für die hier Daten verfügbar sind, liegt dagegen eine zumindest leicht positive Korrelation vor, das heißt Versicherer, die höhere Courtagen zahlen, erlangen tendenziell höheres Neugeschäft.

Es gibt einen weiteren Hinweis auf einen solchen Zusammenhang: Die Maklercourtagen sind hoch signifikant positiv mit den Beitragseinnahmen der jeweiligen Versicherer korreliert, hier auf Basis von 14 Versicherern mit vollständig verfügbaren Daten. Anders als man glauben könnte, sind es also nicht die kleinen PKV-Versicherer, die im Markt rasch wachsen wollen und sich Geschäft durch hohe Courtagen einkaufen, sondern die Großen weisen ein tendenziell höheres Courtageniveau auf.

PKV Neugeschäft Makler 10/2018

Zahl der Sozialtarif-Versicherten steigt

Noch ein anderer Zusammenhang sollte Maklern zu denken geben: Es gibt signifikant hohe Korrelationen zwischen der Courtage und der Anzahl der Kunden bei den Versicherern, die sich in Sozialtarifen (Standard-, Basis- und Notlagentarif) befinden. Das ist zwar hoffentlich kein kausaler Zusammenhang, aber zumindest sollten Makler auch diesen Aspekt bei der Beurteilung der PKV-Versicherer berücksichtigen und sich stets die Frage stellen, nach welchen Kriterien sie als treuhänderähnliche Sachwalter ihrer Kunden bestimmte Versicherer empfehlen.

Denn immerhin gut 138.000 PKV-Kunden können sich offensichtlich keinen normalen Vollversicherungstarif leisten, ein Zuwachs um rund 2.000 gegenüber dem Vorjahr. Und das trotz der guten Arbeitsmarktkonjunktur. Die scheint zwar geholfen zu haben, die Anzahl der Basis- und Notlagentarif-Versicherten leicht zu senken. Dafür aber sind die Standardtarif-Versicherten um 3.000 angestiegen, vermutlich vorwiegend ältere Kunden, die sich die Vollversicherung vielleicht auch nach zahlreichen Beitragsanpassungen nicht mehr leisten können.

Viel Vergütung, viel Verwaltungskosten

Die unterschiedlichen Vergütungshöhen sollten sich auch in unterschiedlich hohen Abschlusskostenquoten der Versicherer niederschlagen. Diesen Zusammenhang gibt es deutlich beim Vertriebsweg Ausschließlichkeit, nur sehr schwach dagegen beim Maklervertrieb.

Umgekehrt dagegen besteht ein hoch positiver Zusammenhang zwischen Makler-Courtagen und Verwaltungskosten, bei Ausschließlichkeit ist derselbe Zusammenhang etwas schwächer ausgeprägt. Ob dabei die derzeit in der Provisionsdeckel-Diskussion der Lebensversicherung viel diskutierten Dienstleistungsvergütungen an Großvertriebe und Pools eine Rolle spielen, die es laut Aussagen der Versicherungsaufsicht in der PKV geben soll, und ob diese unter Verwaltungskosten verbucht werden, darüber kann man mangels entsprechender Daten nur spekulieren.

Autor(en): Matthias Beenken

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