Pflegeabsicherung: Es besteht akuter Handlungsbedarf

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Ungeachtet der hohen Bedarfssituation der Kunden nimmt die Vorsorgeberatung zur Pflegeabsicherung in deutschen Vermittlerbüros immer noch die Rolle des ungeliebten Stiefkinds ein. Zu Unrecht, denn die überwältigende Mehrheit der Bürger hat keine private Vorsorge getroffen.

Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz hatte der Gesetzgeber zum 1. Januar 2017 einen sozialrechtlichen Paradigmenwechsel vollzogen. So wurde nicht nur der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu gefasst und die alten Pflegestufen durch die neuen Pflegegrade ersetzt. Auch die Prüfungskriterien für die Beurteilung und die Einstufung einer leistungspflichtigen Pflegebedürftigkeit wurden grundlegend verändert, und für die vollstationäre Pflege wurde der von den Versicherten zu tragende einrichtungseinheitliche Eigenanteil an den Pflegekosten eingeführt.

Eigenverantwortliche Vorsorge bleibt aus

Die demografischen Verwerfungen in Deutschland bewirken einen weiteren Anstieg der Pflegefallzahlen und -kosten. Vor diesem Hintergrund erscheint der Kollaps der sozialen Pflegeversicherung realistisch, da jede Anpassung der Beitragssätze aufgrund der paritätischen Beitragsteilung - ausgenommen den Beitragszuschlag für kinderlose Versicherte - auch die Unternehmen zusätzlich belastet; ein in Zeiten der Covid-19-Pandemie gewagtes Unterfangen.

Allerdings kann ein umlagefinanziertes Sozialversicherungssystem nur dann bestehen, wenn der Balanceakt von Beitragseinnahmen und Leistungsausgaben zu einer schwarzen Null führt. Eine Aufgabe, die die soziale Pflegepflichtversicherung in den Jahren 2017 und 2018 nicht meistern konnte. So überstiegen in diesen beiden Jahren die Leistungsausgaben die Beitragseinnahmen um 2,42 Milliarden Euro beziehungsweise um 3,55 Milliarden Euro. Rote Zahlen, die auch ein aus einer erneuten Erhöhung des Beitragssatzes um 0,5 Prozentpunkte generierter Einnahmenüberschuss von 3,29 Milliarden Euro im Jahr 2019 nicht ausgleichen konnte. Eine Entschärfung dieser prekären Situation ist nicht zu erwarten, vor allem nicht vor dem Hintergrund einer weiter steigenden Lebenserwartung, einem seit dem Jahr 1972 durchgängig dokumentierten Geburtenunterschuss und steigenden Pflegekosten. Auch in Kenntnis dieser problematischen Situation bleibt die eigenverantwortliche Vorsorge für den Fall einer Pflegebedürftigkeit weit hinter den Erwartungen zurück.

Lediglich fünf Prozent haben vorgesorgt

Zum 31. Dezember 2019 bezifferten der PKV-Verband und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaf (GDV) die Vertragszahlen wie folgt: Geförderte Pflegezusatzversicherungen 917.400, Pflegekostenversicherung 366.700, Pflegetagegeldversicherungen 2.643.900, Pflegerentenversicherungen 251.100.

Diese Vertragszahlen entsprechen in erster Näherung einer Marktsättigung von fünf Prozent oder anders ausgedrückt: 95 Prozent der Bewohner unserer Republik haben keinen privaten Vorsorgevertrag für die Absicherung des Risikos einer Pflegebedürftigkeit abgeschlossen.

Das komplette Teach up "Das Stiefkind der Vorsorgeberatung" finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Versicherungsmagazin - entwder im PDF-Archiv oder im eMagazin. Es bietet nicht nur Informationen sondern enthält auch einen Fragebogen zum Thema. Abonnenten können zudem den Online-Test absolvieren und sich die Weiterbildungszeit gutschreiben lassen. 

Autor(en): Alexander Schrehardt

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