Heute hat der Versicherungsombudsmann Professor Dr. Günter Hirsch in Berlin seinen Jahresbericht für 2016 vorgestellt. Die Zahl der Beschwerden ist die höchste, seit der Gründung der Schlichtungsstelle 2001. Die meisten Eingaben entfallen auf die Rechtsschutzversicherung.
19.115 Kunden haben sich im vergangenen Jahr beim Versicherungsombudsmann beschwert. 14.659 Beschwerden waren zulässig (Vorjahr: 13.805), 6,2 Prozent mehr als im Vorjahr und die bisher höchste Zahl seit Gründung der Schlichtungsstelle 2001. Die meisten Beschwerden entfallen auf die Rechtsschutzversicherung (3.807 oder + 36,4 Prozent), die damit erstmals die Lebensversicherung überrundet, die Lebensversicherung (3.707), die Autoversicherung (1.807) sowie die Gebäudeversicherung (1.237).
Rechtsschutzsparte erstmals an der Spitze der Beschwerden
Die Beschwerden über Versicherer sind im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent gestiegen (14.659 im Jahr 2016, 13.805 im Jahr 215). 344 Kunden waren mit Vermittlern unzufrieden, dies ist ein leichter ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent (336).
Der stetige Beschwerdeanstieg in der Sparte Rechtsschutz hänge nicht zuletzt mit dem "Widerrufsjoker" bei Lebensversicherungen zusammen, so der Ombudsmann. Seit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum "unbefristeten Widerspruchsrecht" in der Lebensversicherung nutzten spezialisierte Anwaltskanzleien das Urteil. Sie rieten den Inhabern von Lebensversicherungsverträgen, diese daraufhin überprüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen eines "ewigen Widerspruchsrechts" bestünden. Und das selbst dann, wenn die Verträge bereits beendet und abgerechnet sind. Den hierfür beantragten Versicherungsschutz haben die Rechtsschutzversicherer in einer Vielzahl der Fälle abgelehnt, was Beschwerden zur Folge hatte.
Strukturelles Problem bei Reiseversicherer
Die VW-Abgas-Affäre schlägt auch in der Beschwerdestelle Wellen: Rund 200 Beschwerden zur Rechtsschutzversicherung, wurden, überwiegend von einer Anwaltskanzlei, eingereicht. Überwiegend ging es um Deckungsablehnungen einiger Versicherer. Zur Begründung führten diese fehlende Erfolgsaussichten oder mutwillige Rechtsverfolgung an, da der Autokonzern eine Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge zugesagt habe und weitergehende Ansprüche der Käufer nicht bestünden. Bis auf einen Sonderfall konnte Hirsch alle Beschwerden, überwiegend durch Schlichtungsvorschläge und Empfehlungen, beilegen.
Strukturelle Probleme sieht Hirsch bei einem Versicherer, der Reiseversicherungen auf den Internetseiten von Reiseveranstaltern anbietet. Zum Teil seien beide in "nicht sehr transparenter Weise miteinander verwoben". Kunden hatten sich beschwert, dass sie überhaupt keine Versicherung abschließen wollten. Andere Verbraucher wollten zwar eine Reise versichern, haben aber durch versteckte Klauseln eine Jahresversicherung abgeschlossen, die sich dann auch noch um ein weiteres Jahr zu erheblich höheren Prämien verlängert habe. Der Ombudsmann kritisiert ein "kaum durchschaubares Geflecht von beteiligten Vermittlern und Zwischenvermittlern, die als GmbHs organisiert waren (und die sich teilweise bereits in Insolvenz befanden)." Hier konnte er nur bei einem Teil der Beschwerden helfen.
Leben hat geringere Erfolgsquote
2016 waren 46,9 Prozent (44,3 Prozent 2015) der Beschwerden erfolgreich, sofern sie nicht die Lebensversicherung betrafen. Diese hat "zwangsläufig vergleichsweise geringere Erfolgsaussichten", heißt es im Bericht. 2016 lag die Leben-Erfolgsquote bei 23,2 Prozent (24,1 Prozent 2015) erfolgreich. Der Ombudsmann äußert zwar Verständnis, dass die Darstellungen für Verbraucher oft unklar oder missverständlich seien und die mitgeteilten Werte die Kundenerwartungen enttäuschten. „Sie sind jedoch in der Regel weder hinsichtlich der Berechnung noch unter rechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden“, so Hirsch.
Gegenüber dem Vorjahr konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer der zulässigen Beschwerden auf 2,8 (2015: 3,0) Monate gesenkt werden.
Autor(en): Alexa Michopoulos