Neues bei Versicherungsbedingungen

Vermittler haben nicht nur in eigener Sache viele Neuerungen zu verarbeiten. Auch für ihre Kunden gibt es Veränderungen, die im Vertrieb und bei der Schadenregulierung beachtet werden müssen: Versicherte haben ab 1. Januar 2008 besseren Schutz und mehr Rechte.

Vermittler müssen nun dokumentieren, warum sie einem Kunden zu einer Police raten. Die protokollierten Gespräche erleichtern dem Kunden bei Falschberatung Schadenersatzklagen. Neu bei der Schadenregulierung: Auch bei grob fahrlässigem Verhalten des Kunden muss der Versicherer nun einen Teil des Geldes zahlen, je nach Schwere der Pflichtverletzung. Wer eine Lebensversicherung künftig kündigt, wird nicht mehr mit völlig leeren Händen dastehen. Zahlreiche weitere Neuerungen hat FINANZtest in seiner Januar-Ausgabe zusammengetragen (kostet 4,20 Euro; siehe auch ).

Beratungspflicht endet nicht mit Vertragsabschluss
Vor allem wird beleuchtet, welche rechtlichen Vorteile der Kunde durch das neue VVG in Verträgen für die Auto-Kaskoversicherung, bei der Hausrat-, Reisegepäck- und anderen Sachversicherungen sowie in der Lebens- und der privaten Krankenversicherung hat. Beispiel Versicherungsverträge allgemein: Hier endet die Beratungspflicht des Vertriebes nicht mehr mit dem Vertragsabschluss. Der Versicherer muss auch während des laufenden Vertragsverhältnisses informieren, wenn es einen Anlass für eine Nachfrage gibt. Praktisch wird dies allerdings nicht ganz leicht sein, denn wiederholt haben Gerichte Versicherern den telefonischen Kontakt selbst zu Bestandskunden untersagt, zuletzt das OLG Frankfurt/Main: Versicherer dürfen Bestandskunden nur dann wegen der Änderung, Ergänzung, Ausweitung oder Verlängerung eines bestehenden Vertrages anrufen, wenn diese solchen Anrufen zuvor ausdrücklich zugestimmt haben. Die Angabe der Telefonnummer im Antrag reicht als Zustimmung nicht aus, heißt es im Urteil vom 21. Juli 2005 (Az.: 6 U 175/04).

Wie dieses Problem für Versicherer und Vermittler rechtssicher aufgelöst werden soll, ist aus FINANZtest leider nicht zu erfahren. Dort wird als Anlass zum Gespräch lediglich ein Umzug genannt. Meldet der Kunde seine neue Anschrift dem Hausratversicherer, muss die Assekuranz von sich aus aktiv werden und klären, ob eine höhere Versicherungssumme nötig ist. FINANZtest weist darauf hin, dass Direktversicherer von dieser Beratungspflicht befreit sind. Sie müssen allerdings unverzüglich nach Vertragsabschluss schriftlich über den Vertragsinhalt informieren. Übrigens: Leistungen verjähren nun erst nach drei Jahren (bisher nur sechs Monate). Weitere wichtige Änderungen (für Bestandskunden gelten sie gesetzlich erst ab 2009; viele Versicherer ziehen diese Verbesserungen für Kunden jedoch freiwillig ebenfalls auf den 1. Januar 2008 vor):

Sach- und Haftpflichtversicherung: Bei Pflichtverletzungen bekommen Kunden dennoch anteilig Leistungen (außer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit). Das Alles-oder-nichts-Prinzip wird also aufgegeben. Allerdings ist nirgends geregelt, wie viel Prozent des Schadens die Versicherer ihren Kunden für welches Fehlverhalten abziehen dürfen. Hier rechnet die Stiftung Warentest mit viel Arbeit für die Gerichte. Übrigens: Keine Folgen hat grobe Fahrlässigkeit in der Privat-, Tierhalte- und der Kfz-Haftpflichtversicherung. Sie sind voll versichert, denn Leistungskürzungen würden nicht die Versicherten treffen, sondern die Opfer.

LV: Nicht alle eingezahlten Beiträge gehen verloren
Lebensversicherung: Bei Neuabschlüssen und baldiger Kündigung erhält der Kunde neuerdings einen Mindestrückkaufswert und verliert im Extremfall nicht mehr alle eingezahlten Beiträge. Allerdings verweist FINANZtest darauf, dass nur Geld zurückfließt, wenn überhaupt noch Geld in der Kasse für den speziellen Vertrag ist, nachdem die Abschlusskosten bezahlt sind, die nun über fünf Jahre zu verteilen sind (und nicht mehr wie zumeist praktiziert, vorab für die volle Laufzeit). Immerhin müssen die Versicherer die Abschlusskosten nun konkret ausweisen. Ob in Euro oder Prozent, darüber wist noch nicht entschieden. Die Informationspflichten-Verordnung zum VVG kann noch sechs Monate auf sich warten lassen.

PKV: Fehler bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen im Antrag für eine private Krankenversicherung haben die PKV-Anbieter bislang praktisch nie verziehen. Verletzungen der "vorvertraglichen Anzeigepflicht" haben regelmäßig zum Verlust des Versicherungsschutzes geführt - selbst nach jahrelanger Beitragszahlung. Nun müssen die Versicherer offensiv auf die Folgen von Falschangaben des Kunden hinweisen. Zudem wird auch hier das Alles-oder-nichts-Prinzip aufgegeben. Der Kunde erhält trotz grob fahrlässiger Pflichtverletzung einen Teil der Leistung. Und die Versicherer dürfen nun auch nicht mehr bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag den Kunden weiter einzahlen lassen, obwohl sie die Pflichtverletzung bei Antragstellung längst registriert hatten und im Schadenfall keinen Cent zahlen würden: Die Verjährungsfrist - auf die FINANZtest nicht eingegangen ist - beträgt in der PKV nur noch drei Jahre. Dies bedeutet: Verstöße des Kunden gegen die Anzeigepflicht berechtigen den Versicherer nur noch dann zum Rücktritt vom Vertrag, wenn vorsätzlich falsche Angaben gemacht wurden. In den anderen Fällen kann der Versicherer den Vertrag lediglich unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung für die Zukunft kündigen oder die Fortsetzung zu anderen Bedingungen verlangen. Eine komplette Ausschlussfrist für die Versicherer beträgt jetzt drei Jahre in der PKV, sonst fünf Jahre (bei vorsätzlichem oder arglistigem Handeln zehn Jahre). Eine Rückabwicklung des Vertrages oder eine rückwirkende Anpassung nach vielen Jahren würde Versicherungsnehmer unzumutbar belasten.

Bildquelle: Pixelio

Autor(en): Detlef Pohl

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