Nachhaltigkeit wird zum verkaufsentscheidenden Moment

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Nachhaltigkeit wird bei Versicherungen bald ein zentrales Thema. Davon ist die Rating-Agentur Assekurata überzeugt. Sie hat daran aber auch ein hohes Eigeninteresse, denn noch im Herbst soll das erste Nachhaltigkeits-Rating des Analyseunternehmens erfolgen.

Rund 40 bis 50 Prozent der Kunden sind mehr oder weniger stark der Meinung, dass Versicherungen doch nur vordergründig umweltfreundlich und verantwortungsbewusst, also nachhaltig sind. Das ist ein Ergebnis der Studie „Nachhaltigkeit der Versicherer aus Kundensicht“. Der Hinweis auf nachhaltiges Handeln wird zumindest bei Assekuranzen von den Verbrauchern sehr kritisch gesehen.

Keine klare Haltung zum Thema haben rund 27 Prozent der Befragten

Kritisch muss man auch die Umfrage von Assekurata bewerten. Befragt wurden in der „Stichprobe“ Ende 2020 insgesamt 972 Kunden. Dadurch entfielen auf einzelne Versicherer – Assekurata verweist auf 34 Unternehmen – oft nur eine geringe Anzahl an Nennungen. Zudem haben die meisten Befragten vor allem Sachversicherungen abgeschlossen. In der Abfrage dominieren die Anbieter Huk-Coburg, Ergo, Axa, Allianz, DEVK, R+V, Generali und Gothaer mit jeweils über zehn Prozent Anteil. Mehr als der Hälfte der Befragten ist das Thema Nachhaltigkeit bei Versicherungen eher wichtig oder wichtig Auf die Kategorie "eher wichtig" entfielen 31,8 Prozent der Nennungen und auf "wichtig" 24,8 Prozent. Ohne richtige Meinung sind in Sachen Nachhaltigkeit und Versicherung aber noch 26,8 Prozent der Befragten.

Nachhaltigkeit wird vertriebsrelevant

Für mehr als die Hälfte der Verbraucher sind Nachhaltigkeitsaspekte auch beim Abschluss einer Versicherung wichtig. Zu ähnlich hohen Anteilen zeigen die Kunden dabei eine Wechselbereitschaft zu einem nachhaltigeren Versicherer. Das Thema hat somit starke Vertriebsrelevanz. Ein Ranking der 18 bis 40 Jahre alten Kunden fällt bei den vorgegeben Begriffen so aus: An erster Stelle stehen Umweltbewusstsein, Klimaschutz, Fairness und Transparenz. Auf den Rängen folgen Kundenorientierung, Soziales Engagement, Ressourcenschonung, Langfristigkeit/ Dauerhaftigkeit, Mitarbeiterorientierung, Sicherheit/Stabilität, Gleichbehandlung und Gesetzestreue.

Derartige Eigenaussagen sind aber problematisch, weil die Begriffe rund um die Nachhaltigkeit nicht genau definiert werden und unklar ist, welchen Stellenwert sie jeweils einnehmen. Zudem steht selbst Assekurata der eigenen Untersuchung eher skeptisch gegenüber. So betonen die Analysten, dass derzeit solche Umfragen auf große Resonanz stoßen, denn eine „gewisse soziale Erwünschtheit“ sei gegeben.

Internationale Initiativen

Nach Meinung von Assekurata zeigen aber Initiativen, wie die Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), dass Nachhaltigkeit immer konkreter werde und auch im Finanzsektor Fahrt aufnimmt. Hinter GFANZ verbirgt sich ein Zusammenschluss von verschiedenen Initiativen, welcher die Mitglieder unterschiedlicher Net Zero Alliances, wie zum Beispiel der Net Zero Asset Managers Initiative, der Net Zero Asset Owner Alliance und der Net Zero Banking Alliance (NZBA) zusammenbringt. Alle GFANZ-Unterzeichner müssen von der UN-Kampagne Race to Zero akkreditiert sein und sind verpflichtet, wissenschaftlich fundierte Richtlinien zu verwenden, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Ferner müssen sie alle Emissionsbereiche abdecken, Zwischenziele für 2030 festlegen sowie sich zu einer transparenten Berichterstattung und Buchführung in Übereinstimmung mit den UN Race to Zero-Kriterien verpflichten.

Für Allianz Chef Oliver Bäte bedeutet dies laut Assekurata eine Emissionsreduzierung nicht nur bei Investmentaktivitäten, sondern auch in Underwritings. Analog zur Net Zero Banking Initiative zeichnet sich zudem der baldige Start einer UN-gestützten Net Zero Insurance Alliance (NZIA) ab. Die sieben an der Gründung beteiligten Versicherer sind Axa, Allianz, Aviva, Munich Re, SCOR, Swiss Re und Zurich. „Nachhaltigkeit ist das Thema der Zukunft“, so Assekurata. Dazu habe sich auch die Branche über den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bekannt.

Vor allem Allianz-Kunden wollen Experten-Urteil

Da passt es dann gut, wenn Verbraucher in der Studie fordern, dass Versicherer sich in Sachen Nachhaltigkeit einer unabhängigen Expertenbewertung stellen und diese testieren lassen. Dafür sprechen sich je nach Versicherer zwischen 57 und 89 Prozent der Kunden aus. Den Spitzenwert erreicht ausgerechnet die Allianz. Ihre Kunden sind anscheinend besonders skeptisch. Die Assekurata hat schon angekündigt, dass sie derzeit gemeinsam mit einem Pilot-Unternehmen eine speziell auf das Geschäftsmodell von Versicherern ausgerichtetes „umfassendes Nachhaltigkeitsrating“ entwickelt.

Details können oder sollen noch nicht verraten werden. So antwortet der Assekurata Pressesprecher Russel Kemwa auf eine Anfrage des Versicherungsmagazins: „Wir arbeiten derzeit intensiv an der Erstellung der Methodologie und werden sie planmäßig im Herbst abschließen, so dass das neue Ratingverfahren dann offiziell die Marktreife erlangt hat.“

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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