Zur Überraschung aller Marktteilnehmer möchte der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) die Abschlussprovisionen bei Lebensversicherungsprodukten auf maximal 2,5 Prozent der Beitragssumme deckeln. Gleichzeitig sollen die laufenden Provisionen angehoben werden.
Die Debatte um Provisionen bei Lebensversicherungen wurde um eine neue Nuance ergänzt. Der BDVM – nach eigenen Angaben der führende Interessenverband für Versicherungsmakler/-innen in Deutschland, der heute über 750 Versicherungsmaklerunternehmen mit mehr als 12.000 Mitarbeiter/-innen vertritt – möchte hier nach eigenen Angaben wieder eine aktiv gestaltende Rolle einnehmen. Daher befragte er seine Mitglieder. Eine Mehrheit von 54,4 Prozent habe sich für eine Begrenzung der Abschlussvergütung auf 25 Promille und einer gleichzeitigen höheren laufenden Vergütung ausgesprochen. Die Courtage soll die Leitvergütung der Versicherungsmakler bleiben, aber es gebe „Übertreibungen und Fehlanreize“.
Die teils fehlanreizenden Vergütungsformen führten zu einer ideologischen Debatte um ein Provisionsverbot. Dabei sei die Branche selbst schuld, erläuterte BDVM-Präsident Thomas Billerbeck. Interessant ist auch der Zeitpunkt der Verlautbarung, zumal gerade die EU-Kommission den Plan für ein Provisionsverbot aufgrund des massiven Widerstands der Versicherer- und Vermittlervertreter fallenließ.
Viel Kritik am BDVM
Die BDVM-Initiative hat seitdem viele negative Stellungnahmen in der Branche erfahren. Der Fonds-Finanz-Geschäftsführer Norbert Porazik empfahl allen BDVM-Mitgliedern sogar, aus dem Verband auszutreten. Helge Lach, Vorstandsmitglied der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) und Vorsitzender beim Bundesverband Deutscher Vermögensberater, glaubt, dass der BDVM mit seinem Vorstoß der gesamten Vermittlerbranche schade. Er befürchtet dies als Einladung für weitere regulierende Markteingriffe.
BDVM wollte Kritik etwas entgegensetzen
Doch schauen wir uns den Vorschlag genauer an, wenn der Pulverdampf der öffentlichen Auseinandersetzung verflogen ist. Grundsätzlich kann man darüber nachdenken, um der ständigen Kritik von Verbraucherschützern und Politikern etwas entgegenzusetzen. Die Kritik entzündet sich fast immer an den Abschlusskosten, an denen die Abschlussprovisionen ihren Anteil haben. Würde man diese deckeln, könnten die Bestandsprovisionen das Einkommen der Makler sichern. Aber das ist zu kurz gedacht.
Gemeinsamkeit verlassen
Der BDVM-Vorstoß ist keine gute Idee, denn er verlässt eine bisher gemeinsame Linie der Vermittlerverbände. Im Mai hatten die sechs großen Vermittlerverbände (AfW, BDVM, BVK, Hanseatischer Versicherungsbörse, VGA und Votum) in der gemeinsamen „Hamburger Erklärung“ noch Einigkeit demonstriert. Dies ist außergewöhnlich, da es selten genug vorkommt. Wenige Wochen später war es mit dieser Einigkeit vorbei. Dazu kommt: Eine Mehrheit von 54,4 Prozent bei 160 Umfrageteilnehmern ist keine sehr stabile Basis.
Der Vorstoß kommt zur Unzeit, denn gerade war das Provisionsverbot auf EU-Ebene gekippt worden. Hier ein neues Fass aufzumachen, ist kontraproduktiv. Auf ein weiteres Problem weist DVAG-Vorstand Helge Lach hin: Die Aufsicht BaFin hat nicht nur die Abschlussprovisionen, sondern auch die Abschlusskosten einschließlich ratierlicher Provisionen im Auge und möchte diese deckeln. Das treffe auch die Vergütungen der Makler. Das könnte die BaFin ermutigen, wieder aktiv zu werden.
Stornohaftung wirkt wie Provisionsdeckel
Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (§ 49 Abs. 1 VAG) gilt die Stornohaftung. Kündigen Kunden innerhalb von fünf Jahren nach Vertragsabschluss ihren Vertrag, müssen Vermittler einen Teil der Abschlussprovision zurückzahlen. Warum Kunden kündigen, ist dabei unerheblich. Egal ob Scheidung oder Arbeitslosigkeit, der Vermittler haftet. Gründe also auch, für die der Vermittler nichts kann.
Martin Klein von Votum sieht zudem verfassungsrechtliche Bedenken: „Staatliche Eingriffe in die Preisbildung sind bekanntlich nur dann verfassungsrechtlich begründbar, wenn ein allgemeiner Missstand gegeben ist.“ Von diesem könne aber tatsächlich nicht die Rede sein. Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften habe bereits im Jahr 2018 festgestellt, dass die Provisionserlöse der Versicherungsvermittler unter Berücksichtigung des von ihnen zu erbringenden Aufwandes die Stundensätze einer Kfz-Fachwerkstatt nicht überschreiten.
Marktzugang erschwert
Ein solcher Deckel wird zudem insbesondere die Gruppe der jungen Makler und Berufseinsteiger benachteiligen und für diese Markteintrittsbarrieren schaffen. Gerade diese können am Anfang ihrer Tätigkeit nicht von Bestandsprovisionen leben, sie sind auf Abschlussprovisionen angewiesen. Erfahrungsgemäß wird man erst nach vier bis fünf Jahren von den Beständen leben können.
Alles in allem hat sich der BDVM mit seinem Vorstoß sich und der Branche keinen Gefallen getan. Es wird schwer werden, erneut das Vertrauen der anderen Player zu erringen.
Autor(en): Bernhard Rudolf