Seit Jahren immer wieder umstritten ist die Frage, welche Art Vergütung Makler bei der Beratung zum Tarifwechsel nehmen dürfen. Die Frage ist auch weit über die Beratung bei privaten Krankenversicherungen hinaus von besonderer Bedeutung.
Seit der Umsetzung der alten EU-Vermittlerrichtlinie und der Schaffung des gewerberechtlichen Berufsstands Versicherungsberater nach dem damaligen § 34e GewO war immer wieder umstritten, ob Versicherungsmakler gegen Honorar tätig werden dürfen und wenn ja, unter welchen Rahmenbedingungen.
Kündigung verspricht mehr Geld als Tarifwechsel
Besonders eklatant war dies im Fall einer Beratung zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung nach § 204 VVG. Häufige Situation ist, dass langjährig Versicherte keine Beratung zu einem möglichen Tarifwechsel erhalten, einmal weil der Krankenversicherer wegen drohenden Umsatzverlustes wenig Interesse daran hat, zum anderen weil auch die ursprünglichen Vermittler keinerlei Anreiz dazu aus dem vorherrschenden, auf Abschlussprovisionen beruhenden Vergütungssystem besitzen. Eine laufende Provision ist nur selten und in geringer Höhe, eine Tarifwechselberatung-Provision gar nicht vorgesehen. Nicht selten dürfte zudem der Abschlussvermittler längst nicht mehr in der Branche tätig sein oder im Fall von Vertretern nicht mehr für die ursprüngliche Gesellschaft.
Der Anreiz war stets größer, zu einer Kündigung einer alten Krankenversicherung und einem abschlussprovisionspflichtigen Neuabschluss zu raten. Umso unverständlicher ist es, wenn Wettbewerber, die vorgeben im Interesse von Kunden zu handeln, die für den Kunden wesentlich sinnvollere Tarifwechselberatung erschweren wollen. Regelmäßig stand dabei der Vorwurf im Raum, dass Versicherungsmakler den Privatversicherten in seiner Eigenschaft als Verbraucher nicht rechtsberaten und ein Honorar dafür berechnen dürften. Dass ein Versicherungsmakler aufgrund eines Maklervertrags schlicht zum Vermittler des Vertrags wird und ein Vermittlungsentgelt beanspruchen kann, dieser Gedanke wurde häufiger negiert.
DIHK stellt Analogie zum Nettotarifvertrieb her
2014 dann hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) aufgrund verschiedener Anfragen, die von einzelnen IHKn höchst unterschiedlich beschieden worden waren, eine gemeinsame Auslegung geschaffen. Danach gehört es zum Berufsbild eines Maklers, auch bestehende Versicherungsverträge daraufhin zu prüfen, ob sie nach bedarfs- und marktgerecht sind. Dafür darf der Makler ein Vermittlungsentgelt verlangen, in Ermangelung eines Vermittlungsentgelts vom Versicherer stattdessen eines vom Kunden, analog des Vermittlungsentgelts bei der Vermittlung von Nettotarifen.
Die Vergütung müsse allerdings erfolgsabhängig sein, das heißt vom Erfolg des durchzuführenden Tarifwechsels abhängen. Dann liege auch kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz oder gegen die besondere Erlaubnis zur Rechtsdienstleistung in der Gewerbeordnung vor, weil nicht die rechtliche Gestaltung des Vertrags, sondern die Beitragsersparnis vorrangiges Interesse ist (DIHK: Makler dürfen Taifwechselberatung anbieten).
Makler dürfen rechtsberaten - als Nebenleistung
In diesem Sinn haben die Gerichte nun auch in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren entschieden, welches der Bund der Versicherten gegen den Makler MLP angestrengt hatte. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe (Urteil vom 13.Juni 2018, Az. 6 U 122/17) gehört die Vermittlung eines Tarifwechsels zur Haupttätigkeit Versicherungsvermittlung. Die dabei notwendigerweise anfallende rechtliche Beratung ist erlaubt, weil sie im Sinne von § 5 RDG eine Nebenleistung darstellt.
Gestört hatte sich die selbst als Versicherungsvertreter und parallel über eine andere Tochtergesellschaft als Versicherungsberater tätige Versichertenvereinigung an dem offensiv im Internet unterbreiteten Angebot von MLP einer entgeltlichen Tarifwechselberatung. Das Angebot sah vor, dass nur im Erfolgsfall „eine einmalige Servicepauschale von 420 Euro plus MWSt.“ fällig werden solle. "Entscheiden Sie sich, warum auch immer, gegen einen Wechsel, bleibt unser Service für Sie kostenfrei."
Erfolgsabhängigkeit entscheidend
Damit handelt es sich um eine Erfolgsvergütung, auch wenn diese nicht wie sonst oft üblich in Höhe eines Vielfachen der Beitragsersparnis, sondern pauschal berechnet wird. Das Urteil dürfte auch für andere Fälle der Honorargestaltung außerhalb der Thematik Tarifwechselberatung von Bedeutung sein, auch wenn es sich noch nicht um eine höchstrichterliche Entscheidung handelt.
"Die Haupttätigkeit eines Versicherungsmaklers umfasst die Vermittlung und den Abschluss von Versicherungsverträgen sowie die laufende Betreuung und Verwaltung dieser Verträge für den Versicherungsnehmer, wofür vertragsrechtliche Kenntnisse erforderlich sind", führt das OLG Karlsruhe mit Bezug auf das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Schadensregulierung durch Versicherungsmakler (Urteil vom 14. Januar 2016, Az. I ZR 107/14) aus.
Versicherungsvermittlung umfasst nicht nur Neuabschlüsse
"Die hier beworbene Tarifwechselvermittlung stellt eine dem Berufs- und Tätigkeitsbild des Versicherungsvermittlers entsprechende Leistung dar. Bei ihr steht der Versicherungsmakler im Kern vor denselben, berufstypischen Aufgaben, die auch seine Haupttätigkeit bei der Vermittlung eines Neuabschlusses kennzeichnen. Dies gilt unabhängig davon, dass der Mandant bereits in einem Versicherungsvertragsverhältnis mit Rechten und Pflichten gegenüber dem Versicherer steht, innerhalb dessen der Wechsel erfolgen soll."
Weiter geht das Gericht darauf ein, dass der Begriff "Versicherungsvermittlung" keineswegs wie von Klägerseite vorgetragen ausschließlich Neuabschlüsse von Versicherungsverträgen umfasst. Als Erfolg gilt nicht nur der erstmalige Abschluss, sondern auch die Erhaltung des Versicherungsvertrags, gegebenenfalls unter Anpassung des Vertragsinhalts. Das ist nachvollziehbar, denn es gäbe für den Kunden immer die Alternative Vertragskündigung und damit aus Sicht des Versicherers einen Misserfolg, der durch die Tätigkeit des Versicherungsmaklers vermieden werden kann.
Autor(en): Matthias Beenken