Seit Wochen wird ein Streit zwischen zwei Vermittlerverbänden ausgefochten, seit die EU-Kommission Ende Mai ihren Entwurf zur Kleinanlegerstrategie vorgelegt hat. Es geht um die Frage, ob dieser ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten beinhaltet.
Am 24. Mai legte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Vorschriften für den Schutz von Kleinanlegern (Kleinanlegerstrategie / Retail Investment Strategy) vor. Nach erstem Jubel der Vermittlerverbände, dass das Provisionsverbot vom Tisch sei, ist die Lage wohl doch nicht so eindeutig. So stellt der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung in einer Stellungnahme vom 28. August 2023 zum Entwurf fest: „Darin enthalten ist unter anderem ein Provisionsverbot für Versicherungsmaklerinnen und -makler für die Beratung und Vermittlung zu Versicherungsanlageprodukten.“ Danach geht der Verband auf das Gutachten von Professor Hans-Peter Schwintowski von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ein. Hier wird gefolgert, dass mit diesen Vorschriften unter anderem Versicherungsmakler im Wettbewerb gegenüber gebundenen Vertretern massiv benachteiligt und diskriminiert würden. Damit seien Makler gegenüber gebundenen Vertretern praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig.
Oder doch kein Provisionsverbot?
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) beauftragte ebenfalls ein juristisches Gutachten zum Richtlinien-Entwurf. Professor Christoph Brömmelmeyer von der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder), macht klar: „Der von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag für eine Kleinanlegerschutz-Richtlinie enthält kein Provisionsverbot für Versicherungsmakler/innen.“ Weiter stellt er fest: „Richtig ist, dass die Provision für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten ausnahmsweise entfallen soll, wenn der Versicherungsvermittler eine Beratung auf unabhängiger Basis ankündigt. Der Versicherungsmakler müsste künftig also im provisionsbasierten Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten klarstellen, dass er zwar nicht persönlich von einem bestimmten Versicherer abhängig ist, dass die von ihm angebotene Dienstleistung aber ,nicht unabhängig‘ erfolgt, weil er wirtschaftlich gesehen auf Provisionszahlungen angewiesen ist.“
Keine unabhängige Beratung ist erlaubt
Nach Votum-Vorstand Martin Klein enthält die Begründung zum Provisionsverbot für eine unabhängige Beratung eine Klarstellung: Ein solches Verbot sollte Versicherungsvermittler jedoch nicht daran hindern, eine Beratung anzubieten, für die sie Anreize erhalten können, sofern die Beratung nicht als „unabhängig“ dargestellt werde und die Kleinanleger im Einklang mit den geltenden Transparenzanforderungen über die Anreize informiert werden. Und weiter: „In Anbetracht der unterschiedlichen Strukturen des Versicherungsvertriebs in den Mitgliedstaaten sollte es Versicherungsvermittler, die nicht bei einem Versicherungsunternehmen angestellt oder vertraglich an dieses gebunden sind, aber Anreize erhalten, nicht daran hindern, sich als nicht vertraglich an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen gebunden darzustellen.“
Makler ist Sachwalter des Kunden
Das klingt nach einem Treppenwitz, was die EU hier plant. Ein abhängiger Vermittler, also ein Agent in der Ausschließlichkeit, erhält kein Provisionsverbot. Dagegen würde ein per se unabhängiger Vermittler, sprich Versicherungsmakler, wenn er seine Beratung als unabhängig darstellt, dem Provisionsverbot unterliegen. Ausnahme: Er darf die Beratung anbieten, wenn er sie nicht als unabhängig darstellt. Aber ist ein Versicherungsmakler gerade nach der so genannten Sachwalter-Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht im Lager des Versicherungsnehmers zu sehen? Unabhängig von den Versicherern soll er doch als treuhänderähnlicher Sachwalter die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnehmen. Ein Makler müsste also künftig im Beratungsgespräch darauf hinweisen, dass er wegen der Courtage doch nicht so ganz unabhängig ist.
Unhaltbarer Zustand
Es ist doch schwer darstellbar, dass sich ein versicherungsunabhängiger Makler gegenüber den Kunden als abhängig erklären muss, da er von den Versicherern eine Courtage bekommt. Kunden dürfte das nur sehr schwer zu erklären sein. Für Makler ist diese rechtlich unsichere Lösung unzumutbar.
Auch für die Kunden ist das unbefriedigend. Gerade für normalverdienende Kunden ist es doch der provisionsorientierte Vertrieb ein Vorteil, da sie kein Honorar für die Beratung zahlen müssen. Und: Bei kleineren Verträgen mit niedrigerer Versicherungssumme wird weniger Courtage fällig als bei großen Verträgen. Wenn Honorar gezahlt werden müsste, würden Kunden doch eher auf die Beratung verzichten, wie Erfahrungen aus anderen Ländern wie dem Vereinigten Königreich zeigen.
Autor(en): Bernhard Rudolf