Lebensversicherung 2023: Trend freundlicher 

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„2023 war ein weiteres Jahr multipler Krisen“, stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Rückblick fest. Diese schwierige Lage geht an den deutschen Lebensversicherern nicht spurlos vorbei. Trotz höherer Zinsen muss die Branche in 2023 erneut ein Minus hinnehmen. Wie die einzelnen Unternehmen das vergangene Jahr meistern, zeigt die „Kennzahlenanalyse Lebensversicherungen 2023“ des Versicherungsmagazins. Aktiv beteiligen sich insgesamt 62 Unternehmen an der Analyse.

Einbruch bei Einmalbeiträgen zu verzeichnen

Der Zinsanstieg ist Ursache für den Einbruch bei Einmalbeiträgen. Erst mit deutlichem Timelag können Lebensversicherer ihre Verzinsung durch Umschichtung der oft sehr langlaufenden Kapitalanlagen wieder konkurrenzfähig machen. Bis dahin dominieren Direktanlagen bei Banken und Fonds. Gegen den Trend beim Einbruch von Einmalbeiträgen können sich nur ganz wenige Gesellschaften stemmen. Sieht man von Erhöhungen auf geringem Niveau (Dialog, Direkt Leben) ab und berücksichtigt Off-Run-Gesellschaften nicht, schafft es vor allem die Bayerische mit einem Plus von über 30 Prozent auf 400,1 Millionen Euro trotz Krise bei den Einmalbeiträgen zu performen.

Echt gut im Rennen liegt mit einem Plus von 6,47 Prozent zudem die Generali, die so ihre Einmalbeiträge auf 1,52 Milliarden Euro steigert. Mit einem Plus von 1,98 Prozent auf rund 27 Millionen Euro gelingt das auch der LVM sowie der Württembergischen, die mit einem Plus von 1,79 Prozent über 464 Millionen Einmalbeiträge einfährt. "Nur" ein Minus von 1,78 Prozent verbucht bei Einmalbeiträgen Schwergewicht Allianz. Sie hält damit diese Beiträge mit 10,7 Milliarden Euro fast stabil. Starke Einbrüche gibt es bei der Nürnberger mit einem Minus von fast 58 Prozent (111,19 Millionen Euro), der Ideal (minus 54,98 Prozent / auf 82,49 Millionen Euro), der Canada Life (-53,22 / 80,00); der Europa (-44,25 / 25,66), der VGH Provinzial (-41,46 / 48,82), der DLVAG (-40,50 / 16,90), der Deutschen Ärzteversicherung (-38,90 / 21,00) und der Hanse Merkur (-38,66 / 114,27). Insgesamt müssen 47 Gesellschaften bei ihrem Einmalbeitragsgeschäft teilweise einen hohen Abrieb hinnehmen.

GDV sieht BaFin-Forderung „gelassen entgegen“

Aktuell sollen die Lebensversicherer, die noch für die Darstellung ihrer Sicherheit Übergangsmaßnahmen nutzen, die Solvenzquote neu berechnen. Der GDV sieht diese Forderung der BaFin „gelassen entgegen“, denn die Kapitalausstattung der Unternehmen sei auch dann auf hohem Niveau. Im Branchenmittel betrug laut GDV 2023 auch ohne Berücksichtigung von Übergangsmaßnahmen die Solvenzquote 305 Prozent. Die Kennzahlenanalyse Lebensversicherung 2023 zeigt aber, dass sehr vereinzelt Unternehmen noch schwächeln.

Das gilt etwa für LPV Leben - früher PB - die ohne Übergangsmaßnahmen nur eine Quote von 12 Prozent ausweist. Das sind sogar zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Hier hat Mutter Talanx noch eine Baustelle. Das gilt deutlich abgeschwächt auch für die Cosmos, die mit knapp 92 Prozent noch unter der geforderten Grenze von 100 liegt. Demgegenüber hat sich die Concordia oeco nun um einen Prozentpunkt auf 102 verbessert. Stark abgestürzt ist der HDI, mit einer Quote von 109 (i. V. 185) Prozent. Alle diese Gesellschaften liegen mit den aufsichtsrechtlich legitimen Übergangsmaßnahmen aber deutlich über 100 Prozent. Versicherer, die ihren Schwerpunkt in der Biometrie haben, sind von Hause aus ohne Übergangsmaßnahmen mit einer hohen Solvenzquote ausgestattet. Dies gilt etwa für die Europa (893,20 Prozent) oder die Hannoversche (663,00 Prozent). Doch auch klassische Gesellschaften weisen oft Top-Quoten aus. So etwa die LVM (767,54), die Provinzial Rheinland (743,00) oder die Ideal (628,63). Ein positiver Indikator für sehr sicherheitsbewusste Kunden.

Im Stornoverhalten keine wesentlichen Veränderungen zu beobachten

Auf die Kennzahl Risikotragfähigkeit wurde in der aktuellen Auswertung verzichtet. Grund ist, dass hier der Rückgang der Bewertungsreserven voll berücksichtigt wird, nicht aber der Rückgang des Sicherungsbedarfs über die Zinszusatzreserven (ZZR), die die Unternehmen seit 2011 als Puffer, für die den Kunden gewährten Garantien aufgebaut haben. In Zeiten hoher Kapitalmarktvolatilität würde die Kennzahl Risikotragfähigkeit bei vielen Unternehmen sogar negativ ausfallen, obwohl sich die Sicherheit der Unternehmen gar nicht verschlechtert hat. In der aktuellen Zinssituation ist der Zeitwert der Kapitalanlagen der Lebensversicherer in der Regel geringer als deren Buchwert und daraus ergeben sich nun stille Lasten. Da im Stornoverhalten der Lebensversicherungskunden aber keine wesentlichen Veränderungen zu beobachten sind und die Lebensversicherer dementsprechend keine Liquiditätsengpässe haben, müssen keine stillen Lasten in nennenswertem Umfang realisiert werden. Wenn die Kapitalanlagen also bis zur Fälligkeit gehalten werden, lösen sich die stillen Lasten automatisch auf.

Die vollständige Übersicht der Kennzahlen von 62 Lebensversicherungen veröffentlich das Versicherungsmagazin in seiner September-Ausgabe 2024.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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