Lebensversicherte in der Kostenfalle

Die Kostenquoten deutscher Lebensversicherer sind im internationalen Vergleich "ungewöhnlich hoch", zitierte die FAZ kürzlich Christoph Luer von der Unternehmensberatung Diamondcluster. Satte 15,5 Prozent der verdienten Bruttobeiträge gingen im Marktschnitt für Vertriebs- und Verwaltungskosten drauf. Damit sei Deutschland Europameister. Lediglich die Niederlande (13,6) arbeite ähnlich teuer; dagegen fallen andere wichtige Märkte mit deutlich weniger Aufwand und damit kundenfreundlicher auf: Italien (6,3 Prozent), Spanien (3,4 Prozent) und Großbritannien gar nur mit 3,0 Prozent.

In absoluten Zahlen zeigt sich die Dramatik der Kosten, die allesamt von den Kunden zu bezahlen sind, noch heftiger. So nahm die Lebensassekuranz 2004 gut 70 Milliarden ein. Davon gingen für den Vertragsabschluss elf Milliarden Euro weg (2003: 8,2 Milliarden). Mit weiteren 2,2 Milliarden Euro schlugen die Verwaltungskosten zu Buche. Vergleichsweise bescheidenen 1,2 Milliarden Euro benötigten die Lebensversicherer als Kosten für die Kapitalanlage. Nur der Rest des Versichertenbeitrages, also rund 56 Milliarden Euro, wurde letztlich angelegt.

Allerdings arbeiten die deutschen Lebensversicherer im Vergleich zu unseren Nachbarn unter besonderen Umständen. So treiben vergleichsweise geringe durchschnittliche Abschlusssummen, die auch mit der immer noch relativ hohen gesetzlichen Rente zusammen hängen, die Kosten. Außerdem hätte der kostengünstigere Direkt- und Bankvertrieb in anderen Ländern deutlich mehr Marktanteile. Zudem seien die Kosten pro Vertrag besonders hoch, weil zu viele Anbieter mit zu vielen Produkten aktiv seien. Dies erfordere aufwändige Verwaltung, insbesondere im Bereich der Vertriebssteuerung. Bislang sei der Druck auf die Lebensversicherer aber gering gewesen, weil überhöhte Kosten durch gute Kapitalerträge ausgeglichen werden konnten. Doch um etwa zusätzliche Abschlusskosten von zwei Prozentpunkten und einen um einem Prozentpunkt höheren Verwaltungsaufwand durch Kapitalanlage auszugleichen, muss eine Police (30 Jahre Laufzeit) rund 0,25 Prozentpunkte mehr Rendite bringen, rechnet Paul Neurohr von Cosmos Direkt vor.

Dabei haben die deutschen Lebensversicherer einiges in Sachen Kostenmanagement erreicht. So sind die Abschlusskosten schon deutlich gesunken (1992: über 17 Prozent). Allerdings erreichen selbst „geizige“ Anbieter nicht die Quoten, die unsere Nachbarn als Durchschnitt verzeichnen. Beispiel: Die "günstige" HUK-Coburg weist mit 4,2 Prozent Abschlusskosten immer noch mehr aus als die Gesamtkosten mancher Nachbarländer. Teuer bei Abschlusskosten sind laut Diamondcluster beispielsweise Marktführer Allianz (10,5 Prozent der verdienten Bruttobeiträge), Provinzial Rheinland (9,7 Prozent), R + V (neun Prozent) und Debeka (8,5 Prozent). Doch dieses Geld landet nicht komplett auf den Konten der Vertriebe. Sie erhalten laut FAZ nur rund die Hälfte davon.

Auch bei den Verwaltungskosten haben die Lebensversicherer Sparpotenziale erschlossen. Lagen sie 1992 im Schnitt noch bei rund fünf Prozent, sanken sie bis 2003 deutlich unter die vier-Prozent-Marke. "Die Spanne reichte 2004 von etwa 1,5 bis 4,5 Prozent", sagt Manfred Poweleit, Chefredakteur des Marktbeobachtungsdienstes map-report. Im Schnitt koste die Verwaltung 3,27 Prozent der verdienten Bruttobeiträge. Als besonders teuer fallen dabei laut Allfinanz-Kurznachrichtendienst map-fax auf: MLP (10,55 Prozent), Ideal (5,76 Prozent), InterRisk (5,65 Prozent), Familienfürsorge (5,33 Prozent), Helvetia (4,79 Prozent) und Basler (4,73 Prozent). Äußerst sparsam verwalten die Policen ihrer Kunden dagegen Neue Leben (0,87 Prozent), Europa (0,88 Prozent), Ontos (1,43 Prozent), Hannoversche (1,47 Prozent), Cosmos (1,49 Prozent) Itzehoer (1,56 Prozent) und Debeka (1,56 Prozent). Marktführer Allianz ist ebenfalls günstig platziert (2,01 Prozent). Andere umsatzstarke Anbieter bewegen sich im Marktdurchschnitt (Gerling, Victoria, Aachen-Münchener, Volksfürsorge). Deutlich über vier Prozent Verwaltungskosten leisten sich dagegen solche Marktgrößen wie Nürnberger, DBV-Winterthur, Hamburg-Mannheimer und Iduna.



Autor(en): Detlef Pohl

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