Das deutsche Finanzsystem ist hinreichend robust, um auch in möglichen Stresssituationen seine zentralen gesamtwirtschaftlichen Funktionen zu erfüllen. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls der Ausschuss für Finanzstabilität für den Zeitraum April 2014 bis März 2015.
Allerdings könnten vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen Ausgangspunkt vielfältiger Fehlentwicklungen werden. Besonders betroffen von der Niedrigzinsphase seien Bausparkassen und Lebensversicherungen. Die Lebensversicherer seien gefordert, insbesondere ihre Eigenmittelpolster zu stärken, um ihre Risikotragfähigkeit zu erhöhen.
Die Risikolage für das deutsche Finanzsystem wurde aus Sicht des Ausschusses für Finanzstabilität im Berichtsjahr vor allem von zwei Faktoren beeinflusst:
Insbesondere hätten die anhaltend niedrigen Zinsen die Risikolage im Berichtszeitraum maßgeblich geprägt. Sie hätten die Anreize für die Suche nach Rendite nochmals verstärkt. Der Ausschuss setzte sich daher intensiv mit der Frage auseinander, ob die deutschen Finanzintermediäre auf der Suche nach Rendite Risiken eingegangen wären, die sie bei einer Änderung der Marktverhältnisse möglicherweise nicht mehr tragen könnten.
Solvenz der Lebensversicherer weiter durch niedrige Zinsen belastet
Wie im Vorjahr hat sich der Ausschuss regelmäßig mit der Lage der deutschen Lebensversicherer auseinandergesetzt. Die rückläufigen Zinsen, insbesondere am langen Ende der Zinsstrukturkurve, hätten die Geschäftsentwicklung der Lebensversicherer im Berichtsjahr weiter belastet.
Die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen, die als Indikator für die Verzinsung der Neuanlagen der
Lebensversicherer dienen könne, wäre im Berichtszeitraum kontinuierlich um etwa 100 Basispunkte auf
0,3 Prozent zurückgegangen.
Prognose: Verzinsung auf Kapitalanlagen weiter verringern
Der für das Neugeschäft maßgebliche Höchstrechnungszins wäre dagegen lediglich um einen halben Prozentpunkt von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent gesunken. Das Geschäft im Bereich neuer Policen entwickelte sich gemessen an deren Anzahl in den vergangenen Jahren rückläufig. Für die Solvenz der Versicherer sei indes der Bestand an Lebensversicherungen von größerer Bedeutung.
Hier hätte die laufende Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlagen mit vier Prozent noch über der laufenden Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen gelegen. Die Verzinsung auf Kapitalanlagen werde sich bei anhaltendem Niedrigzinsumfeld aufgrund der Wiederanlage von Mitteln aus fälligen Rentenpapieren zu einem sehr viel niedrigeren Zinssatz jedoch weiter verringern.
32 Unternehmen können Eigenmittelanforderungen nach Solvency I nicht mehr erfüllen
Stresstests der Bundesbank zeigten, dass unter verschärften Stressbedingungen bis zum Jahr 2023 stolze 32
Unternehmen die Eigenmittelanforderungen nach Solvency I nicht mehr erfüllen könnten.
Das am 7. August 2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) solle die Risikotragfähigkeit der Unternehmen stärken. Ein zentrales Element des LVRG sei die Begrenzung der Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven.
Würden diese Anpassungen in den von der Bundesbank durchgeführten Stresstests berücksichtigt,
reduziere sich die Anzahl der Lebensversicherer, die im strengsten adversen Szenario die regulatorischen Eigenmittelanforderungen langfristig nicht mehr erfüllen könnten, deutlich von 32 auf 13 Unternehmen.
Vor diesem Hintergrund kam der Ausschuss Mitte des Jahres 2014 zu dem Ergebnis, dass das LVRG einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Stabilität des Lebensversicherungssektors leistet.
Lebensversicherer für ihre Risikotragfähigkeit selbst verantwortlich
Der Ausschuss war allerdings der Auffassung, dass in einem lang anhaltenden Niedrigzinsumfeld
die Probleme der Lebensversicherer nicht durch das LVRG allein gelöst werden könnten. Die Lebensversicherer müssten vielmehr auch selbst einen Beitrag leisten und ihre Risikotragfähigkeit erhöhen. Sie sollten ihre Eigenmittelpolster stärken und ein breites Produktangebot vorhalten. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der ab dem Jahr 2016 geltenden neuen Solvabilitätsregeln Solvency II.
Marktrisiken für Versicherer nicht zu unterschätzen
Neben den Risiken, die sich aus einem lang anhaltenden Niedrigzinsumfeld für die Erträge
der Versicherer ergäben, würden Marktrisiken eine erhebliche Rolle für die Stabilität des Sektors spielen.
Daher befasse sich der Ausschuss explizit mit der Widerstandsfähigkeit deutscher
Versicherer gegenüber Preisrückgängen von Finanzmarktaktiva.
Diskussionsgrundlage hierfür seien Analysen der Bundesbank, die wiederum auf einem Stresstest der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge (European Insurance and Occupational Pensions Authority: EIOPA) aufbauten. Dieser untersuchte unter anderem die Auswirkungen verschiedener Marktschocks auf die Solvenzquote deutscher Versicherer. Das erste Szenario gehe von einem Initialschock an den EU-Aktienmärkten und einem Wiederaufleben der Staatsschuldenkrise
aus. Das zweite Marktrisikoszenario unterstelle einen Initialschock am Anleihemarkt für nichtfinanzielle
Unternehmen. Für beide Szenarien würden ausgehend von den Initialschocks Ansteckungseffekte auf andere Finanzmarktsegmente abgeleitet.
Keine akute Gefahr für die Finanzstabilität
Die Risiken aus den Kapitalmarktengagements der deutschen Versicherer hätten im Berichtszeitraum
nach Einschätzung des Ausschusses keine akute Gefahr für die Finanzstabilität geborgen. Er werde allerdings die Marktrisiken der deutschen Versicherer auch künftig regelmäßig überprüfen, insbesondere mit Blick auf hinreichend große Kapitalpuffer.
Textquelle: Ausschuss für Finanzstabilität; Bildquelle: © fm2 /fotolia
Allerdings könnten vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen Ausgangspunkt vielfältiger Fehlentwicklungen werden. Besonders betroffen von der Niedrigzinsphase seien Bausparkassen und Lebensversicherungen. Die Lebensversicherer seien gefordert, insbesondere ihre Eigenmittelpolster zu stärken, um ihre Risikotragfähigkeit zu erhöhen.
Die Risikolage für das deutsche Finanzsystem wurde aus Sicht des Ausschusses für Finanzstabilität im Berichtsjahr vor allem von zwei Faktoren beeinflusst:
- der weiteren geldpolitischen Lockerung, die zu weiter rückläufigen Zinsen bei reichlich vorhandener Liquidität führte sowie
- steigenden Risiken aus dem europäischen und internationalen Umfeld, wie der wiederkehrenden Unsicherheit über den Kurs der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Griechenland, dem Russland-Ukraine-Konflikt und dem Ölpreisverfall.
Insbesondere hätten die anhaltend niedrigen Zinsen die Risikolage im Berichtszeitraum maßgeblich geprägt. Sie hätten die Anreize für die Suche nach Rendite nochmals verstärkt. Der Ausschuss setzte sich daher intensiv mit der Frage auseinander, ob die deutschen Finanzintermediäre auf der Suche nach Rendite Risiken eingegangen wären, die sie bei einer Änderung der Marktverhältnisse möglicherweise nicht mehr tragen könnten.
Solvenz der Lebensversicherer weiter durch niedrige Zinsen belastet
Wie im Vorjahr hat sich der Ausschuss regelmäßig mit der Lage der deutschen Lebensversicherer auseinandergesetzt. Die rückläufigen Zinsen, insbesondere am langen Ende der Zinsstrukturkurve, hätten die Geschäftsentwicklung der Lebensversicherer im Berichtsjahr weiter belastet.
Die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen, die als Indikator für die Verzinsung der Neuanlagen der
Lebensversicherer dienen könne, wäre im Berichtszeitraum kontinuierlich um etwa 100 Basispunkte auf
0,3 Prozent zurückgegangen.
Prognose: Verzinsung auf Kapitalanlagen weiter verringern
Der für das Neugeschäft maßgebliche Höchstrechnungszins wäre dagegen lediglich um einen halben Prozentpunkt von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent gesunken. Das Geschäft im Bereich neuer Policen entwickelte sich gemessen an deren Anzahl in den vergangenen Jahren rückläufig. Für die Solvenz der Versicherer sei indes der Bestand an Lebensversicherungen von größerer Bedeutung.
Hier hätte die laufende Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlagen mit vier Prozent noch über der laufenden Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen gelegen. Die Verzinsung auf Kapitalanlagen werde sich bei anhaltendem Niedrigzinsumfeld aufgrund der Wiederanlage von Mitteln aus fälligen Rentenpapieren zu einem sehr viel niedrigeren Zinssatz jedoch weiter verringern.
32 Unternehmen können Eigenmittelanforderungen nach Solvency I nicht mehr erfüllen
Stresstests der Bundesbank zeigten, dass unter verschärften Stressbedingungen bis zum Jahr 2023 stolze 32
Unternehmen die Eigenmittelanforderungen nach Solvency I nicht mehr erfüllen könnten.
Das am 7. August 2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) solle die Risikotragfähigkeit der Unternehmen stärken. Ein zentrales Element des LVRG sei die Begrenzung der Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven.
Würden diese Anpassungen in den von der Bundesbank durchgeführten Stresstests berücksichtigt,
reduziere sich die Anzahl der Lebensversicherer, die im strengsten adversen Szenario die regulatorischen Eigenmittelanforderungen langfristig nicht mehr erfüllen könnten, deutlich von 32 auf 13 Unternehmen.
Vor diesem Hintergrund kam der Ausschuss Mitte des Jahres 2014 zu dem Ergebnis, dass das LVRG einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Stabilität des Lebensversicherungssektors leistet.
Lebensversicherer für ihre Risikotragfähigkeit selbst verantwortlich
Der Ausschuss war allerdings der Auffassung, dass in einem lang anhaltenden Niedrigzinsumfeld
die Probleme der Lebensversicherer nicht durch das LVRG allein gelöst werden könnten. Die Lebensversicherer müssten vielmehr auch selbst einen Beitrag leisten und ihre Risikotragfähigkeit erhöhen. Sie sollten ihre Eigenmittelpolster stärken und ein breites Produktangebot vorhalten. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der ab dem Jahr 2016 geltenden neuen Solvabilitätsregeln Solvency II.
Marktrisiken für Versicherer nicht zu unterschätzen
Neben den Risiken, die sich aus einem lang anhaltenden Niedrigzinsumfeld für die Erträge
der Versicherer ergäben, würden Marktrisiken eine erhebliche Rolle für die Stabilität des Sektors spielen.
Daher befasse sich der Ausschuss explizit mit der Widerstandsfähigkeit deutscher
Versicherer gegenüber Preisrückgängen von Finanzmarktaktiva.
Diskussionsgrundlage hierfür seien Analysen der Bundesbank, die wiederum auf einem Stresstest der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge (European Insurance and Occupational Pensions Authority: EIOPA) aufbauten. Dieser untersuchte unter anderem die Auswirkungen verschiedener Marktschocks auf die Solvenzquote deutscher Versicherer. Das erste Szenario gehe von einem Initialschock an den EU-Aktienmärkten und einem Wiederaufleben der Staatsschuldenkrise
aus. Das zweite Marktrisikoszenario unterstelle einen Initialschock am Anleihemarkt für nichtfinanzielle
Unternehmen. Für beide Szenarien würden ausgehend von den Initialschocks Ansteckungseffekte auf andere Finanzmarktsegmente abgeleitet.
Keine akute Gefahr für die Finanzstabilität
Die Risiken aus den Kapitalmarktengagements der deutschen Versicherer hätten im Berichtszeitraum
nach Einschätzung des Ausschusses keine akute Gefahr für die Finanzstabilität geborgen. Er werde allerdings die Marktrisiken der deutschen Versicherer auch künftig regelmäßig überprüfen, insbesondere mit Blick auf hinreichend große Kapitalpuffer.
Textquelle: Ausschuss für Finanzstabilität; Bildquelle: © fm2 /fotolia
Autor(en): versicherungsmagazin.de