Wo steht die BaFin in der Corona-Krise? Wo steht die Finanzindustrie? Wie geht es weiter? Auf diese und andere Fragen antwortete Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), bei der jüngsten Jahrespressekonferenz 2020.
Hufeld betonte in seinem Statement zur Jahrespressekonferenz, dass sein Haus die aufsichtlichen Rahmenbedingungen denen der Krise angepasst hätte. So hätten sie den Banken erlaubt, Kapitalpolster zu nutzen. Wesentliche Ziele ihrer Maßnahmen seien, den Instituten den Rücken freizuhalten, damit diese zügig die eigenen und die bereitgestellten öffentlichen Mittel dorthin leiten können, wo sie gebraucht würden. Und: sie zu stärken, damit sie eventuelle Kreditausfälle möglichst gut abfedern könnten.
Instituten nicht gestatten, ihr Risikomanagement aufzugeben
Diese Anpassungen seien aber nur temporär. Dabei bewege sich die BaFin auch nicht außerhalb geltenden Rechts, sondern nutze nur die darin angelegten Spielräume. Sie gingen dabei also nur so weit, wie es Finanzregulierung, Rechnungslegungsvorschriften und die Finanzstabilität zulasse. Den Instituten hätten sie nicht gestattet, ihr Risikomanagement und sämtliche Kreditvergabestandards aufzugeben. Denn dies würde sich gleich mehrfach rächen, denn kaum jemand würde den Banken dann noch vertrauen.
Im gegenwärtigen Krisenmodus zu agieren, würde eben heißt: unter Zeitdruck und auf einer nicht immer perfekten Faktenbasis tragfähige Entscheidungen treffen zu müssen. „Und genau das tun wir“, so Hufeld wörtlich.
Nun die Früchte der Regulierungsreformen ernten
Wo steht die Finanzindustrie? Nach Ansicht von Hufeld befänden sich die Banken in einer heiklen Gemengelage: die Erträge seit Jahren schwach, die Zinsen niedrig, die digitale Konkurrenz umtriebig – und jetzt noch die Corona-Krise. Dennoch sei der deutsche Bankensektor heute relativ widerstandsfähig – und er funktioniere. In der neuen Krise, würden sie die Früchte der Regulierungsreformen aus der Zeit nach der Krise 2007/2008 ernten.
O-Ton Hufeld: „Wir haben mehr Stabilität im Bankensystem, denn wir haben mehr und besseres Kapital. Und wir haben mehr Liquidität – obwohl die Nachfrage gerade hoch ist und obwohl die Institute den Stundungswünschen überwiegend nachkommen. Die Lage sähe heute aber düsterer aus, wenn Bundesregierung, Europäische Zentralbank und Aufsicht nicht ihre weitgehenden Maßnahmen ergriffen hätten“.
Gewohnte konstante Zuflüsse könnten gestört werden
Und welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Lebensversicherer? Die Einschätzung der BaFin: Problem Nr. 1 der Branche sei weiterhin das Dauerzinstief. Die Krise setze den Unternehmen in der Kapitalanlage zusätzlich zu. Existenzbedrohend sei die Situation aber aus heutiger Sicht nicht. Zwar würden die Solvenzquoten wohl sinken. Das hätte eine Abfrage bei ausgewählten Lebensversicherern ergeben. Aber bei keinem dieser Unternehmen komme es zu einer Unterdeckung. Was auch an der Flexibilität des Regelwerks Solvency II liege, dessen Übergangsvorschriften der Branche gerade sehr helfen würden. Auch bei der Liquidität könne sich die Krise auswirken: Wenn das Neugeschäft einbreche, Policen gekündigt oder Beiträge gestundet würden, könnten die gewohnten konstanten Zuflüsse gestört werden.
An den Finanzmärkten hätte es hohe Kursverluste und hohe Mittelabflüsse bei Fonds gegeben. Die Branche scheine aber bislang mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Anleger hätten ihre Anteile in aller Regel problemlos veräußern können.
Vermeiden, dass Fonds geschlossen werden
Bei der Fondsbranche könnte es zu erneuten Liquiditätsabflüssen kommen. Den offenen Investmentvermögen käme aber eine Novelle zur Hilfe, die der Gesetzgeber in Vor-Corona-Zeiten auf den Weg gebracht habe: Sie sollten ihre Liquidität mit einer Reihe von Instrumenten besser steuern können. Es gehe darum zu vermeiden, dass Fonds geschlossen werden müssten. Als Aufsicht würden sie daher erwarten, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaften zügig prüften, ob und welche neuen Tools sie nutzen würden.
Wie geht es mit den Versicherern weiter? Die Antwort von Hufeld lautet hier: „Die Branche ist alles in allem widerstandsfähig. Noch wissen wir nicht, ob sich die Verwerfungen verstetigen, die wir gerade auf der Assetseite sehen. Wir wissen auch noch nicht, wie schnell sich die Vermögenswerte stabilisieren. Haben wir es mit kurzzeitigen Volatilitäten zu tun? Dann halten sich die Auswirkungen in Grenzen, denn wir haben regulatorische Instrumente, um damit umzugehen. Ändern sich Ausfallrisiken in den Märkten auf mittlere oder lange Sicht? Dann schlägt sich das deutlicher auf der Kapitalseite nieder“.
Einzelne Erleichterungen aus dem 2019er Bankenpaket vorziehen
Seine Abschlussbemerkung zur Lage der Banken lautete: In der Europäischen Union sollten nun einzelne Erleichterungen aus dem 2019er Bankenpaket vorgezogen werden, während unter anderem der Leverage-Ratio-Puffer für global systemrelevante Institute um ein Jahr verschoben werden sollte. Eine sinnvolle Entscheidung, die zuvor schon in Basel gefallen sei.
Aber auf jeden Fall dürfte man keine Abstriche an der Finanzstabilität mehr zulassen. Aber vielleicht zeige die Krise auch, wo die Marktteilnehmer regulatorisch noch besser werden könnten.
Quelle: Bafin
Autor(en): Versicherungsmagazin