Die Bürgerversicherung – eine Einheitskrankenkasse – ist aktuell nicht auf der Agenda der Ampel-Regierung. Sie bleibt aber politisch ein Damoklesschwert für die Private Krankenversicherung (PKV). Daher ist ein zweites gutes Standbein über Zusatzversicherungen wichtig. Seit Jahren boomen die Extrapolicen, denn die Kassenpatienten erkennen sehr wohl die Defizite der gesetzlichen Absicherung. Die Entwicklung der PKV-Unternehmen und den Wettbewerb zeigt die aktuelle „PKV-Zahlenanalyse 2021“ des Versicherungsmagazins.
Bei Krankenzusatzversicherungen gab es im vergangenen Jahr marktweit ein Plus von 3,5 Prozent. Damit zählt der PKV-Verband 28,4 Millionen Verträge. Künftig dürfte es hier sogar noch besser laufen, denn 2023 kommt eine deutliche Beitragserhöhung auf die Kassenpatienten zu. Nicht ausgeschlossen, dass auch Leistungen gekürzt werden, auch wenn Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach dies Ende 2022 noch ausgeschlossen hat.
Zwei Versicherer sind Top
Zwei Unternehmen waren 2021 die Top-Gewinner am Markt. So konnte die Barmenia ihren Bestand an Krankenzusatzpolicen um über 400.000 ausbauen. Bei der R+V stieg der Bestand um über 250.000 Versicherte. Insgesamt konnten 22 PKV-Unternehmen den Bestand erhöhen. Sieben Unternehmen schafften es, den durchschnittlichen Marktanstieg von 3,5 Prozent zu toppen. Die Verluste beim Zusatz-Policen-Bestand fällt in der Regel klein aus. Allein die Signal Iduna verlor unter dem Strich fast 16.000 Verträge. Schlecht lief es zudem bei der Continentale (minus 7.419) und der DKV (minus 6.749). Immerhin elf Unternehmen haben nun mehr als eine Million Krankenzusatzversicherung im Portfolio. Eine gute Ausgangslage für ein Cross-Selling.
Abschlussaufwendungen oft deutlich gestiegen
Deutlich mehr Provisionen als im Vorjahr zahlte 2021 die R+V. Der Abschlussaufwand stieg um über 58 Prozent auf 74,1 Millionen Euro. Hoch fiel das Plus mit 29,5 Prozent auf 86,0 Millionen Euro auch bei der Arag aus. Grund ist ein Aufschwung bei Vollversicherungen und Zusatzpolicen. Mehr Provisionen zahlte auch der Münchener Verein (plus 27,0 Prozent) und die Vigo (20,3). Am Ende der Fahnenstange stehen neun Unternehmen, mit teilweise deutlich weniger Provisionszahlungen und deutlichen Bestandsverlusten bei Voll- und Zusatzversicherten.
Wer solide wirtschaftet
Welche Versicherer wirtschaften nun besonders solide? Entscheiden ist hier das Kapitalanlageergebnis. Weiterhin scheint die laufende Durchschnittsverzinsung besonders geeignet den tatsächlichen Erfolg eines Krankenversicherers zu beschreiben. Im Gegensatz zur Nettoverzinsung kann diese Kennzahl nämlich nicht durch die Auflösung stiller Reserven aufgebessert werden, weil sie nur regelmäßig anfallende Erträge und Aufwendungen berücksichtigt. Eine hohe laufende Durchschnittsverzinsung ist positiv zu bewerten. Mit einem Sprung von 1,3 Prozentpunkten erreicht die Inter Krankenversicherung 2021 eine laufende Durchschnittsverzinsung von hohen 4,7 Prozent. Grund: Konsequent hat das Unternehmen den Ausbau der Investitionen in Private Equity, Private Debt, Immobilien und Infrastrukturanlagen über Fonds fortgesetzt, so die Beschreibung der Anlagestrategie im Geschäftsbericht. Damit seien die "sehr guten" Vorjahreswerte nochmals übertroffen worden.
Eine laufende Verzinsung von drei Prozent oder darüber schaffen DKV, Signal Iduna, Barmenia und Vigo. Im besseren Börsenjahr 2021 konnten schon wieder neun Unternehmen ihre laufende Verzinsung gegenüber dem Vorjahr steigern; zwei Unternehmen hielten die Rendite stabil. Unter zwei Prozent bei dieser wichtigen Kennzahl liegen Huk-Coburg, LKH, Nürnberger, UKV, VRK, Continentale, Envivas und Mecklenburgische.
Zur geringer Kalkulationszins?
Verzinsen sich die für das Alter angesparten Reserven schlechter, müssen die Prämien erhöht werden. Denn ein PKV-Tarif ist auch ein Sparvertrag. Die Assekuranzen kassieren dabei von den jüngeren Kunden etwas höhere Beiträge, als sie für Schäden benötigen. Diese Mehreinnahmen legen sie am Kapitalmarkt an und können damit im Alter die Prämien oft moderat halten. Daher sollten die Unternehmen ihre Kalkulation über den internen Rechnungszins zeitnahe dem Kapitalanlageergebnis anpassen. Andernfalls müssen die Kunden tendenziell mit steigenden Prämien rechnen. Betroffen ist hier vor allem die Mecklenburgische. Sie weist einen durchschnittlichen unternehmensindividuellen Rechnungszins von 1,9 Prozent aus, schafft aber in 2021 nur noch eine laufende Durchschnittsverzinsung von 1,4 Prozent. Damit klafft hier eine Differenz von 0,5 Prozentpunkten.
Schwierig ist die Situation bei der BBK und der UKV zu beurteilen. Da die Unternehmen für ihren Rechnungszins nur eine Spanne angeben, liegt bei der BBK der Unterschied zwischen laufender Verzinsung und Rechnungszins bei bis zu 1,4 Prozentpunkten im Minus; bei der UKV fällt das Minus mit 1,6 Prozentpunkten sogar noch höher aus. Im Vergleich noch negativ sind auch R+V, HUK-Coburg, Allianz, SDK, Arag und Nürnberger. Demgegenüber sieht es bei 16 Krankenversicherern schon wieder gut aus, weil die aktuelle Verzinsung teilweise deutlich über dem Kalkulationszins liegt. Drei Unternehmen sind ausgeglichen. Ärgerlich ist, dass Axa, Continentale, Hanse Merkur und LKH keine Transparenz beim unternehmensindividuellen Rechnungszins walten lassen und keine Daten liefern. Das ist kein gutes Aushängeschild für diese Anbieter.
Unser Lesetipp für Sie
Mehr Informationen liefert die kompakte Kennzahlenübersicht, die das Versicherungsmagazin erstellt hat und im Novemberheft veröffentlicht. Dargestellt wurden 32 private Krankenversicherer.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek