Versicherer müssen ihre Angebote überdenken, um die Risiken des Klimawandels abdecken zu können. Das Risiko für Elementarschäden könnte durch eine erhöhte Anzahl an Wetterextremen steigen. Allerdings bietet diese Entwicklung auch Chancen.
Der Klimawandel als durch den Menschen verursachte mittlere Erderwärmung wird aufgrund der Studienlage kaum mehr wirklich geleugnet. Aber auch wenn Klimarisiken aktuell im gesellschaftlichen
und politischen Fokus stehen, so sind sie doch in einem größeren Gesamtzusammenhang der Nachhaltigkeitsrisiken zu sehen, das heißt den Risiken, dass durch unzureichendes ökologisches, ökonomisches
und soziales Handeln in der Gegenwart die Lebensgrundlagen für die Zukunft stark begrenzt werden.
Nicht blind Modellen folgen, die keine klaren Handlungsanweisungen liefern
Bei der Analyse der Auswirkungen des Klimawandels kann der Fokus jedoch nicht nur auf der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung beruhen, sondern es müssen hier auch volkswirtschaftliche
Aspekte geeignet einbezogen werden: Die von Klimaaktivisten postulierte Forderung „Follow the science“ kann niemals bedeuten, dass man „blind“ Modellen folgt, die als solche ja keine klaren
Handlungsanweisungen geben. Klimarisiken werden nicht alle Regionen, Bevölkerungsgruppen und Wirtschaftszweige gleichermaßen treffen − es wird hier Verlierer und Gewinner geben.
Die Versicherungsbranche ist in dieser Hinsicht ein Paradebeispiel für die Ambivalenz von Chancen und Risiken im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels. Sofern es nicht in den Bedingungen
abgefangen werden kann, erhöhen sich durch einen Risikoanstieg bei den Elementargefahren die versicherten Schadenaufwendungen. Auf der anderen Seite ergeben sich neue Geschäftspotenziale,
da das Management neuer Risiken ja gerade die originäre Geschäftsidee von Versicherung ist − aber nur in dem Maße, in dem die Kunden fähig und willens sind, sich gegen höhere Risiken auch entsprechend
abzusichern.
Flankierendes starkes zivilgesellschaftliches Engagement
Die den Klimawandel verursachenden Treibhausgasemissionen sind volkswirtschaftlich gesehen ein (negativer) externer Effekt mit entsprechenden weltweiten Auswirkungen, die aufgrund von regionaler
„Systemarbitrage“ nicht allein durch nationale Maßnahmen behoben werden können. Um hier ein weltweit konzertiertes Handeln zur Begrenzung des Klimawandels herbeizuführen, gibt es daher seit der
Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen von 1992 jährliche Klimakonferenzen, wobei auf der Konferenz von 2015 das Pariser Übereinkommen verabschiedet wurde, das eine Begrenzung
der weltweiten mittleren Erderwärmung seit dem vorindustriellen Zeitalter (circa 1850 bis 1900) bis 2100 auf unter 2 °C als Zielvorstellung formuliert hat.
Flankierend hierzu gibt es aber auch verstärkt ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement, mit dem ein entschiedeneres politisches Handeln herbeigeführt werden soll. In letzter Konsequenz
handelt es sich aber um den klassischen Zielkonflikt zwischen einer möglichst schnellen Umgestaltung der aktuellen Wirtschaftsform (mit hohen Übergangsrisiken jetzt) hin zu einer emissionsneutralen
Wirtschaftsweise (mit beherrschbaren physikalischen Risiken in einigen Jahrzehnten).
Je nach Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Umgestaltung ergeben sich unterschiedliche Szenarien für die Erderwärmung von circa 2 °C mittlerer Erwärmung im optimalen Fall bis hin zu circa 5 °C mittlerer Erwärmung im Katastrophenfall.
Bei der - finanziellen - Beherrschbarkeit von Klimarisiken gibt es keinen „Königsweg“. Benötigt wird hier eher ein dreistufiger Ansatz aus Selbsttragung/Eigeninitiative, Versicherungslösungen und flankierenden öffentlichen Mechanismen, die Elemente des Zwangs oder der Nachfinanzierung beinhalten, wie etwa staatliche Pools zur Abdeckung erhöhter Elementarschadenrisiken.
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Autor(en): Maria Heep-Altiner ist Professorin am Institut für Versicherungswesen, Technische Hochschule Köln