Das Provisionsdeckelgesetz kann je nach Ausgestaltung sehr unterschiedlich tiefe Griffe ins Portemonnaie nach sich ziehen.
Nach dem Entwurf eines "Gesetzes zur Deckelung der Abschlussprovision von Lebensversicherungen und von Restschuldversicherungen" soll die Definition von "Abschlussprovisionen" sehr weit gefasst werden. Ein neuer § 7 Nr. 34c VAG soll nach der Vorstellung des Bundesfinanzministeriums dazu wie folgt lauten: "Abschlussprovision: sämtliche Vertriebsvergütung im Sinne der Nummer 34b, die an den Abschluss oder den Fortbestand eines Vertrages oder mehrerer Verträge oder einen sonstigen Erfolg zur Förderung des Abschlusses oder Fortbestands oder der Änderung eines oder mehrerer Verträge anknüpft."
Weitreichende Definition der Vergütung
"Vertriebsvergütung" wiederum ist ebenfalls sehr weitgehend formuliert. Sie umfasst "alle Arten von Provisionen, Gebühren, Entgelten oder sonstigen Zahlungen, einschließlich wirtschaftlicher Vorteile jeglicher Art, oder finanzielle oder nichtfinanzielle Vorteile oder Anreize, die in Bezug auf Versicherungsvertriebstätigkeiten angeboten oder gewährt werden" (§ 7 Nr. 34b VAG).
Selbst wenn man nur Bestands- oder ähnlich bezeichnete laufende Provisionen einbeziehen muss, ist das Ergebnis für Versicherer und Vermittler unter Umständen ein bitterer Einschnitt in bisher gewohnte Vergütungsmodalitäten. Mehr als die Hälfte der Ausschließlichkeitsvertreter und fast 90 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter überschreiten mindestens die erste geplante Grenze 25 Promille, gut jeder zehnte Ausschließlichkeitsvertreter und gut jeder zweite Makler/Mehrfachvertreter auch die zweite Grenze 40 Promille (siehe auch: Mehr als die Hälfte der Vermittler betroffen).
Reine Abschlussprovisionen halten meist den Deckel ein
Würde dagegen "Abschlussprovision" so definiert wie branchenüblich, das heißt nur Provisionen zum Vertragsbeginn, wäre der Handlungsbedarf überschaubarer. Denn über die unter Wahrung einer guten Beratungsqualität zulässige 40 Promille-Hürde geht aktuell praktisch kein Ausschließlichkeitsvertreter und auch nur etwas über jeder vierte Makler/Mehrfachvertreter hinweg.
Selbst wenn man laufende Vergütungen anders als vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagen nicht mit dem für Handelsbilanzen maßgeblichen und jährlich sinkenden Marktzins von aktuell 3,21 Prozent abzinst, sondern mit dem für die Steuereinnahmen des Finanzministers interessanteren Zinssatz 6,0 Prozent auf künftige Altersvorsorgeverpflichtungen in der Steuerbilanz, sieht das Bild noch besser aus. Dann schießen sieben Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter und 28 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter über die 40 Promille-Grenze hinaus, deutlich weniger als beim Zinssatz 3,21 Prozent. Das liegt daran, dass der Barwert einer künftigen Zahlung steigt, wenn der Zinssatz sinkt (siehe auch: Vierfacher Provisionsdeckel ).
Die niedrigere 25 Promille-Grenze würde im Fall der Abzinsung mit 6,0 Prozent von gut jedem zweiten Ausschließlichkeitsvertreter und von rund 85 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter überstiegen. Hier müssten die Versicherer prüfen, wie es um die Beratungsqualität bestellt ist.
Gesetzgeber selbst geht von maximal fünf Jahren aus
Eine volle Einbeziehung aller laufenden Vergütungen ist noch aus einem anderen Grund diskussionsbedürftig. Denn der Gesetzgeber geht mit der in § 49 VAG vorgeschriebenen Stornohaftung offensichtlich davon aus, dass ein Vermittler seine Erfolgsvergütung Provision nach fünf Jahren vollständig verdient hat. Mit anderen Worten, eine Vertragskündigung des Kunden später als fünf Jahre nach Vertragsschluss hat nach Meinung des Gesetzgebers wohl nichts mehr mit der Beratungsqualität beim Abschluss zu tun und muss daher auch nicht zu einer Kürzung der Vergütung führen.
Wenn man diesem Gedanken folgt, dürften laufende Vergütungen auch nur über die ersten fünf Vertragsjahre einbezogen werden. Es liegt auf der Hand, dass dann der Anteil der Betroffenen noch einmal etwas geringer ausfällt. Über die 25 Promille-Grenze laufen dann rund 55 Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter und rund 83 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter hinaus. Über die 40 Promille-Grenze sind es jedoch nur zwei Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter und etwas über ein Drittel der Makler/Mehrfachvertreter.
Damit zeigt sich, dass je nach Definition der einzubeziehenden Vergütungen und eines anzuwendenden Abzinssatzes auf künftige Vergütungen überaus unterschiedlich große Kreise an Betroffenen entstehen.
Autor(en): Matthias Beenken