Ein Berechnungsfehler in der „Kantar-Kleinanlegerstudie“ der Europäischen Kommission, die den politischen Entscheidungsträgern bisher als Datengrundlage für die Provisionsdebatte diente, macht die Diskussion um die Vertriebsvergütung überflüssig, so die Einschätzung des Votum-Verbandes.
„Das von der Europäischen Kommission beauftragte Kantar-Institut musste in ihrer 2022 veröffentlichten Kleinanlegerstudie nun einen groben Fehler bei der Berechnung von Kostenquoten einräumen. Ursprünglich kam das Institut zu dem fragwürdigen Ergebnis, dass die Kosten für durch Provisionsberatung vertriebene Finanzprodukte 35 Prozent höher sind als für Produkte ohne Provisionsvergütung. Dieses Ergebnis stellt sich nun als schlichtweg falsch heraus. Seit kurzem gibt die Kommission an, dass diese Zahl auf 24 bis 26 Prozent nach unten korrigiert werden musste – und auch dieser Wert erscheint mehr als zweifelhaft“, kommentiert Votum-Vorstand Martin Klein die Lage.
Angebliche Fehlanreize in der Anlagevermittlung
Die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness würde somit vor einem Scherbenhaufen ihrer Argumentation stehen. Denn sie hätte immer wieder diese, nun falschen, Werte als Hauptargument in Bezug auf angebliche Fehlanreize in der Anlagevermittlung angeführt, argumentiert Klein weiter.
Auf Grundlage dieser neuen Lage, ist der Vermittlerverband Votum überzeugt, dass die fehlerhafte Kantar-Studie keine Grundlage für so eine richtungsweisende politische Diskussion sein kann. Aus diesem Grund müsse die Kommissarin den Fehler eingestehen und daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen. "Es kann nicht sein, dass wir auf Basis falscher Berechnungen über die Zukunft von hunderttausenden Finanzberatern diskutieren“, so Klein wörtlich.
Außerdem bemängelt Klein die weiterhin bestehende Intransparenz der Studienergebnisse: „Es ist nicht tragbar, dass die Verbände der betroffenen Berufsträger wie wir bis heute keinen Einblick in die Datengrundlage der Studie erhalten haben".
Studie vergleicht Äpfel mit Birnen
„Es verstärkt sich mehr und mehr der Eindruck, dass in der Studie Äpfel mit Birnen verglichen wurden. Bei dem Erwerb eines Finanzprodukts, für das ein Berater eine Provisionsvergütung erhält, liegt immer eine zuvor gegenüber dem Kunden erfolgte Anlageberatung zugrunde. Wird keine Provisionsvergütung gezahlt, handelt es sich entweder um ein beratungsfreies Direktgeschäft des Anlegers oder diesem wird die Beratung mit einer gesondertem Honorarvereinbarung in Rechnung gestellt. Beides müsste in die Bewertung einfließen. Für die bloße Feststellung, dass beratungsfreies Anlegen kostengünstiger ist, braucht es keine breit angelegte Studie“, schlussfolgert Klein.
Die korrigierte Kantar-Studie kann hier heruntergeladen werden.
Autor(en): versicherungsmagazin.de