Die Konjunktur boomt, und der Arbeitsmarkt profitiert davon. Rund 42,8 Millionen Menschen waren im zweiten Quartal des Jahres in Deutschland angestellte oder selbstständig erwerbstätig, berichtete letzte Woche das Statistische Bundesamt (Destatis). Das ist wieder ein Plus um 175.000 Personen gegenüber dem zweiten Quartal 2014.
Nach den Erkenntnissen der Statistiker gehen die Zuwächse vor allem auf das Konto des Dienstleistungsgewerbes. So hätten Unternehmensdienstleister gegenüber dem ersten Quartal des Jahres um 110.000 Personen, öffentliche Dienstleister einschließlich Erziehung und Gesundheit um 89.000 Personen sowie Handel/Verkehr/Gastgewerbe um 34.000 Personen zugenommen.
Angestellten-Dasein steht hoch im Kurs
Die wichtigste Zahl aber ist, dass die Angestellten um 271.000 oder 0,7 Prozent zum Vorjahres-Vergleichsquartal auf jetzt 38,5 Millionen Personen zunahmen. Im selben Vergleichszeitraum sank die Zahl der Selbstständigen, bei denen mithelfende Familienangehörige mitgerechnet werden, um 96.000 Personen oder 2,2 Prozent auf 4,3 Millionen - laut Destatis ist das der Stand von zuletzt 2004.
"Bestimmende Faktoren dieser Entwicklung dürften neben der Abnahme der Anzahl mithelfender Familienangehöriger auch die derzeit auf geringem Niveau befindliche staatliche Förderung von selbstständigen Tätigkeiten sein", so Destatis zu den Ursachen. Und: "Hinzu kommt die erhöhte und vorzugsweise Bereitschaft zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung."
Arbeitsplatzsicherheit gesucht
Im längerfristigen Vergleich ist die Quote der selbstständig Tätigen an allen Erwerbstätigen von einem Höchststand 2011 mit 10,3 Prozent auf aktuell 9,7 Prozent zurückgegangen. Insbesondere die früher verbreitete Ich-AG-Förderung fehlt. Aber die Entwicklung dürfte auch der Einstellung geschuldet sein. Gerade jüngere Generationen bevorzugen Arbeitsplatzsicherheit und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie beziehungsweise Freizeit, die sie in der abhängigen Beschäftigung vermuten.
Für die Versicherungsbranche bedeutet das angesichts der traditionell hohen Abhängigkeit von selbstständigen Vermittlern kein gutes Vorzeichen. Wachstumsfantasien lassen sich so offenbar immer schwerer umsetzen.
Die Zahlen von Destatis zeigen zumindest aggregiert auf der Ebene Kredit- und Versicherungswirtschaft, dass die Beschäftigung hier entgegen dem sonst positiven Trend zurückgeht. Die Zahl der Erwerbstätigen sank von gut 1,32 Millionen Personen 2010 auf 1,27 Millionen im Jahr 2014. Welchen Anteil darin das Versicherungsgewerbe und speziell die Selbstständigen haben, lässt sich aus den öffentlich verfügbaren Statistiken nicht komplett nachvollziehen.
Sachkundeprüfungen weiter rückläufig
Ein anderes Indiz spricht aber eine deutliche Sprache: Die Zahl der Sachkundeprüfungen zum Versicherungsfachmann/zur Versicherungsfachfrau (IHK) ist laut dem aktuellen Geschäftsbericht des Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) weiter rückläufig. Im vergangenen Jahr versuchten sich nur noch 5.850 Personen an dieser Prüfung, 4.227 bestanden sie. Das sind zwei Prozent weniger als im Jahr zuvor – und 55 Prozent weniger als im Jahr 2008, das allerdings auch durch die Einführung des Vermittlergesetzes geprägt war, aufgrund dessen viele Vermittler eine Sachkundeprüfung nachholen musste.
Selbst wenn man diesen Effekt unberücksichtigt lässt, ist der Trend aber eindeutig. Jedes Jahr treten weniger Kandidaten zu dieser Prüfung an. Dass dies auf eine vermehrte Berufsausbildung als Voraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit zurückzuführen ist, erschließt sich aus den BWV-Zahlen jedenfalls nicht. Denn auch die Zahl der Berufsausbildungsverhältnisse geht seit einem Höchststand 2011 zurück.
Werbeaußendienst als Alternative?
Für die Versicherungsbranche stellt sich damit umso dringlicher die Frage, wie der benötigte Nachwuchs jedenfalls bei den bisher im selbstständigen Vertrieb üblichen, hohen Fluktuationsquoten gewonnen werden soll. Eine Antwort kann sein, dass die Branche ihren Vermittlernachwuchs deutlich sorgfältiger aussucht und ausbildet, dafür aber auch länger bei der Stange hält. Mehr und mehr Unternehmen überlegen zudem, den "Werbeaußendienst" wiederzubeleben, also Angestelltenverträge im Verkaufsaußendienst einzusetzen.
Bei der Debeka funktioniert dieses ausschließlich eingesetzte Modell offensichtlich sehr gut. Der Generali-Konzern war dagegen der letzte von vielen Wettbewerbern, der sich vom Werbeaußendienstmodell faktisch verabschiedet hat, mitsamt gleich dem ganzen ehemaligen Gewerkschaftsversicherer Volksfürsorge. Möglicherweise war das nicht die weiseste Entscheidung.
Bildquelle: © FM2 / fotolia.com
Nach den Erkenntnissen der Statistiker gehen die Zuwächse vor allem auf das Konto des Dienstleistungsgewerbes. So hätten Unternehmensdienstleister gegenüber dem ersten Quartal des Jahres um 110.000 Personen, öffentliche Dienstleister einschließlich Erziehung und Gesundheit um 89.000 Personen sowie Handel/Verkehr/Gastgewerbe um 34.000 Personen zugenommen.
Angestellten-Dasein steht hoch im Kurs
Die wichtigste Zahl aber ist, dass die Angestellten um 271.000 oder 0,7 Prozent zum Vorjahres-Vergleichsquartal auf jetzt 38,5 Millionen Personen zunahmen. Im selben Vergleichszeitraum sank die Zahl der Selbstständigen, bei denen mithelfende Familienangehörige mitgerechnet werden, um 96.000 Personen oder 2,2 Prozent auf 4,3 Millionen - laut Destatis ist das der Stand von zuletzt 2004.
"Bestimmende Faktoren dieser Entwicklung dürften neben der Abnahme der Anzahl mithelfender Familienangehöriger auch die derzeit auf geringem Niveau befindliche staatliche Förderung von selbstständigen Tätigkeiten sein", so Destatis zu den Ursachen. Und: "Hinzu kommt die erhöhte und vorzugsweise Bereitschaft zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung."
Arbeitsplatzsicherheit gesucht
Im längerfristigen Vergleich ist die Quote der selbstständig Tätigen an allen Erwerbstätigen von einem Höchststand 2011 mit 10,3 Prozent auf aktuell 9,7 Prozent zurückgegangen. Insbesondere die früher verbreitete Ich-AG-Förderung fehlt. Aber die Entwicklung dürfte auch der Einstellung geschuldet sein. Gerade jüngere Generationen bevorzugen Arbeitsplatzsicherheit und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie beziehungsweise Freizeit, die sie in der abhängigen Beschäftigung vermuten.
Für die Versicherungsbranche bedeutet das angesichts der traditionell hohen Abhängigkeit von selbstständigen Vermittlern kein gutes Vorzeichen. Wachstumsfantasien lassen sich so offenbar immer schwerer umsetzen.
Die Zahlen von Destatis zeigen zumindest aggregiert auf der Ebene Kredit- und Versicherungswirtschaft, dass die Beschäftigung hier entgegen dem sonst positiven Trend zurückgeht. Die Zahl der Erwerbstätigen sank von gut 1,32 Millionen Personen 2010 auf 1,27 Millionen im Jahr 2014. Welchen Anteil darin das Versicherungsgewerbe und speziell die Selbstständigen haben, lässt sich aus den öffentlich verfügbaren Statistiken nicht komplett nachvollziehen.
Sachkundeprüfungen weiter rückläufig
Ein anderes Indiz spricht aber eine deutliche Sprache: Die Zahl der Sachkundeprüfungen zum Versicherungsfachmann/zur Versicherungsfachfrau (IHK) ist laut dem aktuellen Geschäftsbericht des Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) weiter rückläufig. Im vergangenen Jahr versuchten sich nur noch 5.850 Personen an dieser Prüfung, 4.227 bestanden sie. Das sind zwei Prozent weniger als im Jahr zuvor – und 55 Prozent weniger als im Jahr 2008, das allerdings auch durch die Einführung des Vermittlergesetzes geprägt war, aufgrund dessen viele Vermittler eine Sachkundeprüfung nachholen musste.
Selbst wenn man diesen Effekt unberücksichtigt lässt, ist der Trend aber eindeutig. Jedes Jahr treten weniger Kandidaten zu dieser Prüfung an. Dass dies auf eine vermehrte Berufsausbildung als Voraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit zurückzuführen ist, erschließt sich aus den BWV-Zahlen jedenfalls nicht. Denn auch die Zahl der Berufsausbildungsverhältnisse geht seit einem Höchststand 2011 zurück.
Werbeaußendienst als Alternative?
Für die Versicherungsbranche stellt sich damit umso dringlicher die Frage, wie der benötigte Nachwuchs jedenfalls bei den bisher im selbstständigen Vertrieb üblichen, hohen Fluktuationsquoten gewonnen werden soll. Eine Antwort kann sein, dass die Branche ihren Vermittlernachwuchs deutlich sorgfältiger aussucht und ausbildet, dafür aber auch länger bei der Stange hält. Mehr und mehr Unternehmen überlegen zudem, den "Werbeaußendienst" wiederzubeleben, also Angestelltenverträge im Verkaufsaußendienst einzusetzen.
Bei der Debeka funktioniert dieses ausschließlich eingesetzte Modell offensichtlich sehr gut. Der Generali-Konzern war dagegen der letzte von vielen Wettbewerbern, der sich vom Werbeaußendienstmodell faktisch verabschiedet hat, mitsamt gleich dem ganzen ehemaligen Gewerkschaftsversicherer Volksfürsorge. Möglicherweise war das nicht die weiseste Entscheidung.
Bildquelle: © FM2 / fotolia.com
Autor(en): Matthias Beenken