86 Prozent der Führungskräfte in Banken und Versicherungsunternehmen sehen Innovation und nicht Kosteneffizienz als entscheidend für die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens an. Dies ist das Ergebnis einer gesamteuropäischen Studie der Unternehmensberatung h&z, die zu anderen Schlüssen kommt als die aktuelle Studie von Palatinus Consulting ().
Nicht nur in Zypern straucheln Banken und Versicherer: Ein veränderter regulativer Rahmen und ökonomische Volatilität infolge der Finanzkrise stellen in ihrem Überlebenskampf neue Bedingungen. "Prognosen sind derzeit nicht möglich", hieß es seitens der Landesbank Baden-Württemberg, Deutschlands größter Landesbank, im April dieses Jahres. Eine Situation, die auch die Wirtschaftlichkeit traditioneller Geschäftsmodelle in Frage stellt. Lebens- und Rentenversicherungen werden zum Minusgeschäft sagt Ergo-Vorstandsvorsitzender Torsten Oletzky. Und das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" titelte zuletzt: Altersvorsorge - die diskrete Geldvernichtung.
Die Fähigkeit zur strategischen Innovation halten vor diesem Hintergrund 86 Prozent der befragten Führungskräfte in europäischen Banken und Versicherungsunternehmen für den entscheidenden Knackpunkt für die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens. Die Kosteneffizienz tritt dagegen in den Hintergrund. Das ist eines der Ergebnisse einer pan-europäischen Studie unter 110 befragten Führungskräften und über 500 Kunden, durchgeführt von der Unternehmensberatung h&z und der Transformation Alliance, einem Netzwerkzusammenschluss unabhängiger europäischer Unternehmensberatungen. Banken und Versicherer investieren viel Geld in neue Produkte und Systeme, um innovativer zu sein, doch der Kunde wertschätzt dies derzeit noch nicht.
Innovation mit Kundenfokus ist Ziel Nummer eins
Entscheidend für den Innovationserfolg ist der Kundenfokus, darin ist sich die Mehrheit der befragten Führungskräfte einig. Die Loyalität der Kunden zu steigern, das ist ihr primäres Ziel. Nur 28 Prozent suchen in ihren Innovationsinitiativen Effizienzgewinne. Damit bestätigt die Studie Forschungsergebnisse der renommierten Copenhagen Business School: Bei einem volatilen Umfeld sind nicht die effizientesten Unternehmen die erfolgreichsten, sondern diejenigen, die sich durch strategische Innovationen am besten anpassen.
Als Lippenbekenntnis bleibt das aber ohne Wirkung, wie die Analyse von Geschäftsberichten europäischer Banken undVersicherer zeigt: Vor der Finanzkrise findet sich "Innovation" mit zunehmender Häufigkeit dort als Schlagwort - allerdings vor allem produktbezogen und offensichtlich ohne positiven Einfluss auf den Geschäftserfolg.
Schlüsselfaktor Umsetzungskompetenz
Wichtiger als schöne Worte ist die Umsetzungskompetenz im Unternehmen. In ihr sehen die befragten Führungskräfte den Schlüsselfaktor für den Innovationserfolg. Ähnlich beurteilen es die Marktanalysten. Das zeigt das Beispiel der Commerzbank: Kosteneffizienz hat hier den Turn-Around und die Rückführung der Bundesmittel ermöglicht - die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens wird aber nachhaltig schwach bewertet.
Generali als positives Beispiel
Dagegen überzeugen erfolgreiche Unternehmen wie die Generali Deutschland Gruppe durch konkrete Implementierung und Umsetzung. Sie hat das Thema in Deutschland einem zentralen "Innovationsmanager" zugeordnet. Marc Schreiner, Country Head of Innovation, fördert den Aufbau von Netzwerken und den Best Practice-Austausch zwischen geschäftsverantwortlichen Einheiten: "Innovation darf nicht nur Imagefaktor sein - wir brauchen Initiativen und Projekte und müssen diese auch umsetzen können."
Als zentrales Themenfeld für diese Initiativen sehen die von h&z befragten Führungskräfte den maßgeschneiderten Zuschnitt von Produkten und Dienstleistungen (78 Prozent). Dafür können Banken und Assekuranz von Mass Customization-Ansätzen in der produzierenden Industrie lernen. Ähnlich bedeutend sind der direkte Zugang zum Berater (76 Prozent) und die Produktklarheit (70 Prozent). "Unsere Hauptprobleme sind die Komplexität und die geringe Verständlichkeit", bestätigt Ergo-Vorstandsvorsitzender Torsten Oletzky.
Insgesamt sehen im IT-Bereich drei Viertel der befragten Führungskräfte Handlungsbedarf, sowohl bei der Internet- (87 Prozent) als auch bei der Smartphone-Unterstützung (82 Prozent) ihrer Dienstleistung. Aber Vorsicht mit sozialen Netzwerken: Nur sehr wenige Kunden (elf Prozent) wünschen sich dort Aktivitäten ihres Versicherers oder ihrer Bank.
Die drei Kern-Dimensionen: Themen, Methoden, Kultur
Erfolg mit strategischer Innovation braucht kreative Ideen und dezentrale, unternehmerische Initiative. Erfahrungen aus den Experimenten müssen nach dem Motto "Try Early &Fail Cheap" zusammengebracht und in die Organisation zurückgespielt werden. So können sich erfolgreiche Konzepte schnell verbreiten und es kann aus Fehlern gelernt werden. Diesen Prozess zu unterstützen, darin sieht auch Marc Schreiner bei Generali Deutschland seine Hauptaufgabe.
Das Thema Innovation sollte in drei Dimensionen bearbeitet werden:
1) Themenorientierte Initiativen adressieren Innovationskrisen, die beispielsweise durch neue Geschäftsmodelle oder Technologien ausgelöst sind. Bei der Digitalisierung im Fotogeschäft hat Fuji so erfolgreich die Neu-Orientierung geschafft, während der dominierende Konkurrent Kodak insolvent ging.
2) Unabhängig von Einzelthemen sind unterstützende Methoden und Maßnahmen zu entwickeln, beispielsweise zur Bewertung strategischer Optionen. Damit basiert die Zukunftsfähigkeit auf der nachhaltigen Befähigung der Organisation. Hierzu zählen die befragten Führungskräfte auch Kollaborationswerkzeuge (27 Prozent).
3) Entscheidend ist eine Unternehmenskultur, bei der das Top-Management Innovationsinitiativen und die sichtbare Incentivierung von Treibern solcher Initiativen fördert - auch wenn diese im Einzelfall nicht erfolgreich sind. Diese Förderung von Innovationsbeiträgen verbunden mit einer Fehler tolerierenden Unternehmenskultur halten die befragten Führungskräfte für eine conditio sine qua non.
Der Innovationsmanager als Startpunkt?
Den dedizierten Innovationsmanager als Startpunkt dieser Entwicklung fordern ein Drittel der Befragten. Generali-Mann Schreiner sieht "die sichtbare und zunehmende Unterstützung durch den gesamten Vorstand" als kritische Voraussetzung. Einen nächsten Entwicklungsschritt erkennt er im "proaktiven Treiben von Projekten und Initiativen mit geschäftsorientierter Verantwortung". Diese Projekte sollen nach ersten Erfolgen zum weiteren Wachstum in die Geschäftsbereichseinheiten übergeben werden. Ein ähnliches Vorgehen in Technologieunternehmen, wie durch den Business Development Officer SAP Global Services, zeigt sichtbare Erfolge. Es sind Beispiele, aus denen Versicherer und Kreditinstitute lernen können und sollten.
Die Autoren:
Professor Dr.-Ing. Guido Baltes ist Professor für Strategie und Management an der Hochschule Konstanz. Als Experte für Strategische Innovation liegt der Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre im Bereich Dynamischer Fähigkeiten, organisationale Ambidextrie und Corporate Entrepreneurship. Er unterstützt Unternehmen in strategischer Transition und bei der Umsetzung innovationorientierter Wachstumsstrategien.
Sven C. Schumacher ist Partner bei h&z. Er betreut überwiegend Banken und Versicherungen in ihren Optimierungsprojekten. Seine Beratungsexpertise liegt im Einkaufs- und Sachkostenmanagement, in der Organisations- und Strategieentwicklung sowie in der Prozessoptimierung von Operations bzw. Shared Services.
Dr. Raimund Kuess, promovierter Jurist und diplomierter Betriebswirt, ist Projektleiter im h&z Finanzdienstleistungsteam. Er berät Banken und Versicherungen bei Reorganisations-, Prozessoptimierungs- und Einkaufsprojekten.
Bild: © Gerd Altmann/
Nicht nur in Zypern straucheln Banken und Versicherer: Ein veränderter regulativer Rahmen und ökonomische Volatilität infolge der Finanzkrise stellen in ihrem Überlebenskampf neue Bedingungen. "Prognosen sind derzeit nicht möglich", hieß es seitens der Landesbank Baden-Württemberg, Deutschlands größter Landesbank, im April dieses Jahres. Eine Situation, die auch die Wirtschaftlichkeit traditioneller Geschäftsmodelle in Frage stellt. Lebens- und Rentenversicherungen werden zum Minusgeschäft sagt Ergo-Vorstandsvorsitzender Torsten Oletzky. Und das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" titelte zuletzt: Altersvorsorge - die diskrete Geldvernichtung.
Die Fähigkeit zur strategischen Innovation halten vor diesem Hintergrund 86 Prozent der befragten Führungskräfte in europäischen Banken und Versicherungsunternehmen für den entscheidenden Knackpunkt für die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens. Die Kosteneffizienz tritt dagegen in den Hintergrund. Das ist eines der Ergebnisse einer pan-europäischen Studie unter 110 befragten Führungskräften und über 500 Kunden, durchgeführt von der Unternehmensberatung h&z und der Transformation Alliance, einem Netzwerkzusammenschluss unabhängiger europäischer Unternehmensberatungen. Banken und Versicherer investieren viel Geld in neue Produkte und Systeme, um innovativer zu sein, doch der Kunde wertschätzt dies derzeit noch nicht.
Innovation mit Kundenfokus ist Ziel Nummer eins
Entscheidend für den Innovationserfolg ist der Kundenfokus, darin ist sich die Mehrheit der befragten Führungskräfte einig. Die Loyalität der Kunden zu steigern, das ist ihr primäres Ziel. Nur 28 Prozent suchen in ihren Innovationsinitiativen Effizienzgewinne. Damit bestätigt die Studie Forschungsergebnisse der renommierten Copenhagen Business School: Bei einem volatilen Umfeld sind nicht die effizientesten Unternehmen die erfolgreichsten, sondern diejenigen, die sich durch strategische Innovationen am besten anpassen.
Als Lippenbekenntnis bleibt das aber ohne Wirkung, wie die Analyse von Geschäftsberichten europäischer Banken undVersicherer zeigt: Vor der Finanzkrise findet sich "Innovation" mit zunehmender Häufigkeit dort als Schlagwort - allerdings vor allem produktbezogen und offensichtlich ohne positiven Einfluss auf den Geschäftserfolg.
Schlüsselfaktor Umsetzungskompetenz
Wichtiger als schöne Worte ist die Umsetzungskompetenz im Unternehmen. In ihr sehen die befragten Führungskräfte den Schlüsselfaktor für den Innovationserfolg. Ähnlich beurteilen es die Marktanalysten. Das zeigt das Beispiel der Commerzbank: Kosteneffizienz hat hier den Turn-Around und die Rückführung der Bundesmittel ermöglicht - die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens wird aber nachhaltig schwach bewertet.
Generali als positives Beispiel
Dagegen überzeugen erfolgreiche Unternehmen wie die Generali Deutschland Gruppe durch konkrete Implementierung und Umsetzung. Sie hat das Thema in Deutschland einem zentralen "Innovationsmanager" zugeordnet. Marc Schreiner, Country Head of Innovation, fördert den Aufbau von Netzwerken und den Best Practice-Austausch zwischen geschäftsverantwortlichen Einheiten: "Innovation darf nicht nur Imagefaktor sein - wir brauchen Initiativen und Projekte und müssen diese auch umsetzen können."
Als zentrales Themenfeld für diese Initiativen sehen die von h&z befragten Führungskräfte den maßgeschneiderten Zuschnitt von Produkten und Dienstleistungen (78 Prozent). Dafür können Banken und Assekuranz von Mass Customization-Ansätzen in der produzierenden Industrie lernen. Ähnlich bedeutend sind der direkte Zugang zum Berater (76 Prozent) und die Produktklarheit (70 Prozent). "Unsere Hauptprobleme sind die Komplexität und die geringe Verständlichkeit", bestätigt Ergo-Vorstandsvorsitzender Torsten Oletzky.
Insgesamt sehen im IT-Bereich drei Viertel der befragten Führungskräfte Handlungsbedarf, sowohl bei der Internet- (87 Prozent) als auch bei der Smartphone-Unterstützung (82 Prozent) ihrer Dienstleistung. Aber Vorsicht mit sozialen Netzwerken: Nur sehr wenige Kunden (elf Prozent) wünschen sich dort Aktivitäten ihres Versicherers oder ihrer Bank.
Die drei Kern-Dimensionen: Themen, Methoden, Kultur
Erfolg mit strategischer Innovation braucht kreative Ideen und dezentrale, unternehmerische Initiative. Erfahrungen aus den Experimenten müssen nach dem Motto "Try Early &Fail Cheap" zusammengebracht und in die Organisation zurückgespielt werden. So können sich erfolgreiche Konzepte schnell verbreiten und es kann aus Fehlern gelernt werden. Diesen Prozess zu unterstützen, darin sieht auch Marc Schreiner bei Generali Deutschland seine Hauptaufgabe.
Das Thema Innovation sollte in drei Dimensionen bearbeitet werden:
1) Themenorientierte Initiativen adressieren Innovationskrisen, die beispielsweise durch neue Geschäftsmodelle oder Technologien ausgelöst sind. Bei der Digitalisierung im Fotogeschäft hat Fuji so erfolgreich die Neu-Orientierung geschafft, während der dominierende Konkurrent Kodak insolvent ging.
2) Unabhängig von Einzelthemen sind unterstützende Methoden und Maßnahmen zu entwickeln, beispielsweise zur Bewertung strategischer Optionen. Damit basiert die Zukunftsfähigkeit auf der nachhaltigen Befähigung der Organisation. Hierzu zählen die befragten Führungskräfte auch Kollaborationswerkzeuge (27 Prozent).
3) Entscheidend ist eine Unternehmenskultur, bei der das Top-Management Innovationsinitiativen und die sichtbare Incentivierung von Treibern solcher Initiativen fördert - auch wenn diese im Einzelfall nicht erfolgreich sind. Diese Förderung von Innovationsbeiträgen verbunden mit einer Fehler tolerierenden Unternehmenskultur halten die befragten Führungskräfte für eine conditio sine qua non.
Der Innovationsmanager als Startpunkt?
Den dedizierten Innovationsmanager als Startpunkt dieser Entwicklung fordern ein Drittel der Befragten. Generali-Mann Schreiner sieht "die sichtbare und zunehmende Unterstützung durch den gesamten Vorstand" als kritische Voraussetzung. Einen nächsten Entwicklungsschritt erkennt er im "proaktiven Treiben von Projekten und Initiativen mit geschäftsorientierter Verantwortung". Diese Projekte sollen nach ersten Erfolgen zum weiteren Wachstum in die Geschäftsbereichseinheiten übergeben werden. Ein ähnliches Vorgehen in Technologieunternehmen, wie durch den Business Development Officer SAP Global Services, zeigt sichtbare Erfolge. Es sind Beispiele, aus denen Versicherer und Kreditinstitute lernen können und sollten.
Die Autoren:
Professor Dr.-Ing. Guido Baltes ist Professor für Strategie und Management an der Hochschule Konstanz. Als Experte für Strategische Innovation liegt der Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre im Bereich Dynamischer Fähigkeiten, organisationale Ambidextrie und Corporate Entrepreneurship. Er unterstützt Unternehmen in strategischer Transition und bei der Umsetzung innovationorientierter Wachstumsstrategien.
Sven C. Schumacher ist Partner bei h&z. Er betreut überwiegend Banken und Versicherungen in ihren Optimierungsprojekten. Seine Beratungsexpertise liegt im Einkaufs- und Sachkostenmanagement, in der Organisations- und Strategieentwicklung sowie in der Prozessoptimierung von Operations bzw. Shared Services.
Dr. Raimund Kuess, promovierter Jurist und diplomierter Betriebswirt, ist Projektleiter im h&z Finanzdienstleistungsteam. Er berät Banken und Versicherungen bei Reorganisations-, Prozessoptimierungs- und Einkaufsprojekten.
Bild: © Gerd Altmann/
Autor(en): Guido Baltes, Raimund Kuess, Sven C. Schumacher