Die Aufsichtsbehörde beobachtet immer wieder, dass Versicherer ihre Leistung verzögert auszahlen. Das geht aus dem Fachbeitrag „Wenn Versicherer nicht rechtzeitig zahlen“ hervor, den die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Anfang Januar 2023 auf ihrer Webseite veröffentlicht hat.
Konkrete Angaben zum Ausmaß und Umfang der Verzögerungen macht die Behörde nicht. Sie fordert aber die Kundinnen und Kunden auf, sich bei Verzögerungen erst einmal direkt an den Versicherer zu wenden. „Oft lässt sich im direkten Austausch eine Lösung erzielen“, ist die Bafin überzeugt. Wann aber eigentlich eine Verzögerung vorliegt, bleibt weitgehend offen. So erläutert die Aufsicht, dass es allein bei ablaufenden oder gekündigten Lebens- oder Rentenversicherungen keinerlei Verzögerungen geben darf. Eine umfangreiche Leistungsprüfung sei grundsätzlich nicht erforderlich. „Der Versicherer muss die Zahlung zu dem vereinbarten Termin vornehmen“, so die Bafin.
Keine Frist für Prüfung „dem Grunde nach“
Anders sieht es hingegen etwa bei Leistungen aus der Kfz- oder Berufsunfähigkeitsversicherung aus. Hier hätten die Assekuranzen das Recht und die Pflicht, den Anspruch der Kunden umfassend zu prüfen. So wären oft Sachverständigengutachten notwendig. Für die Prüfung, ob eine Leistung dem Grunde nach berechtigt ist, gibt es laut Bafin keine Frist. Daher dürfte es für Betroffene schwer sein, eine Verzögerung anzumahnen. Anders sieht es hingegen dann aus, wenn der Versicherer seine Leistungspflicht grundsätzlich anerkennt. Dann muss er laut Bafin die Prüfung nach der Höhe der Leistung innerhalb eines Monats erledigen. Andernfalls kann der Leistungsempfänger zumindest eine Abschlagzahlung verlangen.
Stehen Grund und Höhe der Leistung fest, muss der Versicherer nach einer Mahnung des betroffenen Kunden sogar Verzugszinsen zahlen. Für Verbraucher liegt der Verzugszinssatz fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Den aktuellen Basiszinssatz gibt die Deutsche Bundesbank bekannt.
Die Bafin droht der Branche
Während bei Beschwerden von Verbrauchern der Versicherungsombudsmann in den meisten Fällen im Einzelfall vermitteln kann, gilt das für die Bafin nicht. Sie kann lediglich im Rahmen ihrer Missbrauchsaufsicht prüfen, warum der Versicherer nicht rechtzeitig zahlt. Mit der aktuellen Publikation „erhebt“ die Behörde aber zumindest gegenüber den Assekuranzen öffentlich „den Zeigefinger“. So kann die Bafin Maßnahmen, um Verzögerungen abzustellen, als unzureichend missbilligen und danach verwaltungsrechtliche Instrumente einsetzen und anordnen, dass der Versicherer den Missstand beseitigt. „Kommt dieser der Anordnung nicht nach, sind verwaltungsrechtliche Zwangsmittel eine Option – wie etwa ein Zwangsgeld.“
Expertenrat lautet: Vorwürfe entkräften
Nach Erfahrungen aus der Branche, prüfen Versicherer vor allem bei Gewerbetreibenden jeden Feuerschaden sehr akribisch. Untersucht werde regelmäßig, ob nicht eine Eigenbrandstiftung – also Versicherungsbetrug - vorliegt. Dies ist dann eine Straftat. „Den Versuch mit solchen Vorwürfen die Leistung zu verweigern, sollte man umgehend mit einem scharf formulierten Anwaltsschreiben und Androhung einer Klage entgegentreten“, rät Klaus Schneider, Fachanwalt für Versicherungsrecht von der Kanzlei Schöller & Dr. Schneider aus Hannover.
Zudem behaupten Versicherer vielfach, der Schaden wäre grob fahrlässig angerichtet worden. Dann dürfen sie nämlich die Ansprüche nach Schwere des Verschuldens des Versicherten kürzen. Experten raten dazu, solche Vorwürfe des Versicherers zu entkräften. Wer beispielsweise das Fenster nur kurzfristig gekippt öffnen wollte, aber aufgrund eines Unfalls eines Verwandten ins Krankenhaus gerufen wurde, dürfte lediglich leicht fahrlässig gehandelt haben. „Ein längeres Offenstehen war dann ja nicht beabsichtigt“, erläutert Fachanwalt Schneider. Zudem liegt dann kein Fehlverhalten vor, wenn man es nicht dem Unternehmer zurechnen kann. Wird fachgerecht delegiert, ist der Firmeninhaber aus dem Schneider.
Größte Grauzone ist die Kausalität
Bei der Androhung von Abzügen durch den Versicherer, sollte der Unternehmer die Flinte nicht gleich ins Korn werfen und den angebotenen Vergleich schlucken. „Denn die größte Grauzone ist die Kausalität“, erläutert Versicherungsmakler Matthias Böhm, Geschäftsführer des Versicherungsmaklers Lampe & Schwartze. Auch wenn der Unternehmer nachweislich beispielsweise den jährlichen E-Check nicht durchgeführt hat oder Brandschutztüren nicht geschlossen wurden, muss der Fehler für den Schaden ursächlich sein.
War etwa eine Brandstiftung Grund für ein Feuer, spielt der unterlassene E-Check keine Rolle. „Wir können zudem simulieren, dass möglicherweise eine Rauchentwicklung mit geschlossenen Brandschutztüren keinen anderen Verlauf genommen hätte“, erläutert Böhm. Auch in solchen Fällen wären Abzüge unberechtigt.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek