Eine Arbeitsgruppe der Industrie- und Handelskammern hat Anwendungshinweise rund um das Thema Weiterbildungspflicht der Versicherungsvermittler und ihrer Angestellten entwickelt. Eine ihrer Ideen: Wie mit langfristig erkrankten Personen umzugehen ist.
Seit 23. Februar 2018 müssen sich Versicherungsvermittler und deren Angestellte laut § 34d Abs. 9 GewO regelmäßig 15 Stunden pro Jahr weiterbilden. Rund um diese Weiterbildungspflicht gibt es zahlreiche Fragen. Eine Arbeitsgruppe um die Leiterin des Referats Gewerberecht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat sich mit solchen Fragen auseinandergesetzt und Antworten in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Gewerbearchiv veröffentlicht. Die Aussagen werden ausdrücklich als persönliche Meinung der Verfasser bezeichnet. Man darf aber davon ausgehen, dass sich die Industrie- und Handelskammern an diesen Meinungen orientieren werden.
Auch für Versicherer wichtig
Auch für die Versicherungsunternehmen sind diese Hinweise wichtig. Die mussten nämlich sowohl für ihre Angestellten als auch für ihre gebundenen, erlaubnisfreien Vertreter einschließlich deren Angestellte interne Leitlinien unter anderem zur Weiterbildung erstellen und anwenden.
Auch wenn die Versicherer eigenverantwortlich agieren, dürfte es wenig Sinn machen völlig von den Vorstellungen der Gewerbeaufsichtsbehörden abzuweichen. Weiter ist anzunehmen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht diese Hinweise berücksichtigen wird, wenn sie Versicherer prüft.
Tätigkeiten mit Einwirkungsmöglichkeit weiterbildungspflichtig
Unter anderem befasst sich der Artikel mit der Frage, ab wann die Weiterbildungspflicht gilt. Zwar ist das IDD-Umsetzungsgesetz am 23. Februar 2018 in Kraft getreten, die entsprechende Versicherungsvermittlungsverordnung aber erst am 20. Dezember 2018. Dennoch gibt es keinen Rabatt für die Pflicht im Jahr 2018.
Ausführlich widmen sich die Autoren der Frage, welche Personen neben den Erlaubnisinhabern selbst zu qualifizieren sind, und nennen auch Beispiele. Grundsätzlich raten sie, im Zweifel den Kreis weit zu definieren.
Keine Zweifel bestehen ihrer Meinung nach bei Personen, die beispielsweise die Tätigkeit „Melden eines Schadens an das Versicherungsunternehmen“ ausüben, das sei weiterbildungspflichtig. Auch „Prämienüberwachung“ oder „Übersendung der elektronischen Versicherungsbestätigung im Bereich der Kfz-Versicherung“ sehen sie als weiterbildungspflichtige Tätigkeiten an, jedenfalls wenn der Mitarbeiter eine „Einwirkungsmöglichkeit auf den Kunden hat“, also wohl mehr als nur von anderen Personen fertig vorbereitete Unterlagen sekretariatsmäßig weiterleitet.
Grundsätzlich kein Rabatt bei vorübergehender Tätigkeit
Für die Praxis wichtig ist zu klären, welche Regeln für Personen gelten, die erst im laufenden Jahr eingestellt werden, die langfristig erkranken oder durch Elternzeiten nicht im ganzen Jahr im Vertrieb beschäftigt sind. Hier legen sich die Autoren dahingehend fest, dass die Richtlinie IDD und das Umsetzungsgesetz keine Ausnahmen vorsehen. Wer also irgendwann im Kalenderjahr vertriebliche Tätigkeiten ausübt, muss sich 15 Stunden in dem Kalenderjahr weiterbilden. Nur in absoluten Härtefällen sollen Ausnahmen möglich sein, aber diese müssen sehr gut belegt werden.
Auch ein Ansparen und gedankliches Umbuchen von Weiterbildungsstunden auf künftige Kalenderjahre ist nicht möglich. Das Umgekehrte gilt damit auch für ein Nachholen versäumter Weiterbildung. Wer diese versäumt hat, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die Erlaubnisbehörden die Beschäftigung von Personen ohne erforderliche Zuverlässigkeit und sachgerechte Qualifikation untersagen können. Das könne „im Extremfall auch zum Widerruf der Erlaubnis mangels Zuverlässigkeit führen“. Eine Untersagung sei eine „Ermessensentscheidung“. Vermittlern wird angeraten, eine Personalakte für Mitarbeiter und eine Stellenbeschreibung anzulegen. Bei Einstellung ist ein aktuelles Führungszeugnis vom Bewerber vorzulegen und ebenfalls in die Personalakte abzulegen.
Wer seinen Arbeitgeber wechselt, kann aber die bislang erreichten Weiterbildungsstunden „mitnehmen“, wie die Autoren es selbst in Gänsefüßchen bemerken. Denn Weiterbildung kann nur an eine Person gebunden sein, die „Mitnahme“ bezieht sich wohl eher auf die Nachweise.
Lernerfolgskontrollen vielfach nötig
Ein weiteres Thema sind die Lernerfolgskontrollen bei Weiterbildungsmaßnahmen. Diese sind nach VersVermV für Selbstlernen nötig. Gedacht war dabei nach Ansicht der Autoren zum Beispiel an eine von außen nicht kontrollierbare Lektüre von Fachliteratur. Aber auch bei elektronischem Lernen ist in vielen Fällen eine Lernerfolgskontrolle nötig, wenn nicht beispielsweise wie beim Videotraining sichergestellt ist, dass eine Teilnahmekontrolle durch einen Seminarleiter gegeben ist.
Anders als in den Anrechnungsregeln von „gut beraten“, halten die Autoren aber auch die eigene Dozententätigkeit von Weiterbildungsverpflichteten für Weiterbildung. Dies solle aber nur „einmalig“ und in Höhe derselben Stunden möglich sein, die für die Teilnehmer angerechnet werden. Prüfertätigkeiten dagegen seien keine anerkennenswerte Weiterbildung.
Anerkennenswerte Inhalte gemäß Lernzielkatalog Sachkundeprüfung
Die Kammervertreter legen sich zudem fest, dass der Erwerb einer in § 5 VersVermV aufgeführten Berufsqualifikation als Weiterbildung gilt. Das sei selbst für abgebrochene Ausbildungen gültig. Allerdings müssten die 15 Stunden „in geeigneter Form“ nachgewiesen werden, wofür Teilnahmebescheinigungen, Zwischenprüfungszeugnisse oder Berichtshefte herangezogen werden könnten. Vorbereitungskurse zur Sachkundeprüfung könnten unter Umständen angerechnet werden, die Sachkundeprüfung aber nicht.
Inhaltlich können Maßnahmen angerechnet werden, wenn sie die Lerninhalte nach dem Anhang 1 der VersVermV entsprechen. Auch hier gibt es bereits erste Diskussionen, ob Lerninhalte jenseits reiner Produktfachkunde anerkennenswert sind. Der Anhang 1 VersVermV benennt unter anderem auch „Kundenberatung“ oder „Rechtliche Grundlagen“ als Lerninhalte.
IHK kann anordnen, Weiterbildungsnachweise vorzulegen
Zum Thema Stichproben bei der Überprüfung der erfüllten Weiterbildung durch die IHK legen sich die Autoren nicht auf Empfehlungen fest. Hier gibt es zwischen den einzelnen Industrie- und Handelskammern sehr unterschiedliche Auffassungen. Der Ablauf ist, wenn dann aber so, dass die Vermittler zunächst zur Abgabe der als Anlage 4 zur VersVermV wiedergegebenen Erklärung aufgefordert werden. Wenn dort genannte Titel von Weiterbildungsmaßnahmen „offensichtlich nichts mit Versicherungsvermittlung zu tun“ haben, sonstige Widersprüche oder Vorbehalte durch den Abgabepflichtigen bestehen, aber auch „generelle Zweifel an der Zuverlässigkeit“, kann die IHK anordnen, die Weiterbildungsnachweise im Einzelnen vorzulegen.
Autor(en): Matthias Beenken