Hoffnungsschimmer für die PKV

Eine Abschaffung der privaten Kranken-Vollversicherung hätte unabsehbare Folgen für die Volkswirtschaft, für die Versicherten, die Arbeitgeber und die Ärzte und Krankenhäuser. Das dämmert allmählich den verantwortlichen Politikern, ist sich PKV-Chef Reinhold Schulte sicher.

Die private Krankenversicherung (PKV) steht aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden der Signal Iduna Versicherungen sowie des Verbands der Privaten Krankenversicherung e.V., Reinhold Schulte, derzeit wieder einmal in einem interessengeleiteten Kreuzfeuer der Kritik. Die Medien hätten sich auf die Branche eingeschossen. Dabei gehe es um eine Neiddiskussion, die vom linken Politikspektrum und einigen Gewerkschaften angestoßen werde.

Interessengeleitete Kampagne
"Es entsteht ein schiefes Bild des Gesundheitssystems", so Schulte beim dritten Dortmunder Versicherungstag in der Industrie- und Handelskammer Dortmund. Und: "Die AOKs sind die eigentlichen Treiber", meinte er weiter. Diese würden aus Selbstschutzgründen gegen die PKV vorgehen, weil ihnen klar sei, dass sie die demografische Entwicklung auf Dauer nicht meistern können. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hatte dagegen dieser Tage in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung darauf hingewiesen: "wenn die Politik nicht andauernd zugunsten der AOK eingegriffen hätte, dann hätte die AOK nicht überlebt."

Dass sich der FDP-Minister lobend über die PKV geäußert hatte, führte Schulte als einen Beleg dafür an, dass in der Politik ein Umdenken stattfinde. Denn bei den Unionsparteien, aber auch bei Spitzenpolitikern der Opposition gebe es ein Nachdenken darüber, was ein radikaler Systemwechsel für Folgen haben würde.

Insbesondere die Ärzteschaft macht derzeit mobil. So äußerte Ärztechef Frank-Ulrich Montgomery kürzlich, erst die Einheitsversicherung fördere die 2-Klassen-Medizin, zitierte Schulte. Es gebe heute schon Anschauungsbeispiele, wohin das Fehlen einer angemessenen Anzahl von Vollversicherten führt, meinte er mit Blick auf die neuen Bundesländer, wo es einen massiven Ärztemangel gebe. Auch den Deutschen Beamtenbund sieht der PKV-Vorsitzende auf seiner Seite.

Handlungsbedarf in der PKV-Branche
Aber auch die PKV muss Einiges tun, führte er weiter aus. "Wir kennen unsere Handlungsfelder". Er sprach sich vehement gegen Billigtarife in der Vollversicherung aus. "Diese werden keine Chance mehr am Markt haben". PKV definiere sich über Leistungsqualität und nicht über den billigen Preis.

Auch die Umdeckung sei übertrieben worden, so Schulte: "Das können wir uns im politischen Raum nicht mehr leisten". Die damit verbundenen Provisionsexzesse spielten denen in die Hände, die die PKV ohnehin abschaffen wollen. Aus diesem Grund sei die Provisionsdeckelung notwendig gewesen, rechtfertigte Schulte den Schritt seines Verbands, den Gesetzgeber um ein Einschreiten gegen Branchenpraktiken zu bitten. Die Politik habe in diesem Fall ein Einsehen gehabt und der PKV geholfen, was sonst eher selten der Fall sei.

Konjunktur hilft der GKV - derzeit
Die demografische Entwicklung wird dazu führen, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) schon 2014 Defizite von neun Milliarden Euro aufbaut, zitierte er eine McKinsey-Studie. Dies könnten die Krankenkassen nur durch Zusatzbeiträge von durchschnittlich 15,50 Euro ausgleichen. Schulte erinnerte daran, dass die GKV eigentlich durch die günstige Konjunktur und die geringe Arbeitslosigkeit derzeit eine erhebliche Steigerung des Mittelaufkommens hat. Auch das könne sich wieder ändern.

Vom Systemwechsel hin zu einer Bürgerversicherung wären auch die Versicherten betroffen. So wie Bahnfahrer der 2. Klasse mehr bezahlen müssten, wenn die 1. Klasse abgeschafft würde, so hätten auch Kassenpatienten höhere Beiträge zu erwarten, wenn die Privatpatienten in den Arztpraxen und Krankenhäusern ausfallen. Eine Vereinheitlichung entspreche nicht den Wünschen der Bürger. Als Beleg dafür nannte er die Zahl der inzwischen 22 Millionen Zusatzversicherten, die "heute schon nicht mehr mit den Leistungen der GKV zufrieden sind".

Die Arbeitgeber realisieren nach Schulte Worten auch gerade erst, was beispielsweise der SPD-Vorschlag zur Bürgerversicherung für sie bedeuten würde. Danach sollten nicht nur alle Bürger einbezogen, sondern auch die Beitragsbemessungsgrenze gestrichen werden - allerdings nur für den Arbeitgeberanteil. Das würde eine erhebliche Steigerung der Lohnnebenkosten nach sich ziehen, den die Arbeitgeber nicht unwidersprochen hinnehmen werden.

China reformiert Krankenversicherung - nach deutschem Vorbild
Das zweigliedrige System der Krankenversicherung habe sogar Vorbildcharakter, meinte Schulte. China habe ebenfalls zumindest in den Metropolen ein zweigliedriges System aus sozialer und privater Versicherung. im März erst sei ein Reformkonzept beschlossen wurden, um die kommerziell betriebene Krankenversicherung zu fördern. Grund ist, dass die Kundenzufriedenheit höher sei als im staatlichen System - und der Staat Subventionen spare. China habe sich ausdrücklich das deutsche System zum Vorbild genommen, auch im Bereich der Abrechnungssysteme.

Weiter sieht er Anzeichen dafür, dass auch andere wichtige Schwellenländer wie Indien, Pakistan oder Brasilien bald folgen und duale Krankenversicherungssysteme einführen werden. Alle genannten Länder eine das demografische Problem, das die Umlagefinanzierung absehbar vor unlösbare Probleme stelle.

Schulte sieht zusammenfassend gute Argumente für ein Nebeneinander von gesetzlicher wie privater Krankenversicherungen. Die PKV werde deshalb auch nach der nächsten Bundestagswahl sichere Arbeitsplätze bieten, zeigte er sich überzeugt.

Autor(en): Professor Dr. Matthias Beenken

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