Versicherungen entfalten ihre Wirkung erst, wenn ein Schaden eintritt. Umso wichtiger ist ein hochwertiger Schutz, auch gegen Unwetter. Versicherungsmakler und -berater können die beiden hier vorgestellten Fälle im Jahresgespräch adaptieren und ihre Gewerbekunden damit sensibilisieren.
"Ohne unseren erweiterten Versicherungsschutz hätte das mittelständische Unternehmen einen Starkregenschaden nicht überlebt", sagt Klaus Blumensaat. Der Versicherungsberater von der Kanzlei Adversi aus Mühlheim an der Ruhr hatte seinem Kunden, einem Logistikgunternehmen, nicht nur Elementarschadenschutz empfohlen, sondern das Unternehmen in der Sachversicherung für Gebäude und Inhalt auch gegen "unbenannte Gefahren" abgesichert. Damit verhinderte er den Ruin des Mittelständlers. Denn am 14. Juli 2021 stürzte aufgrund des Starkregens Bernd die 5.000 Quadratmeter große Halle ein. Schadenursache waren die Wassermassen auf dem Dach. Blumensaat verrät: "Der Sachschaden und die Mehrkosten zur Aufrechterhaltung des Betriebes belaufen sich auf einen mittleren einstelligen Millionenbetrag."
Kritik am GDV
Die reine Elementarschadendeckung hätte im vorliegenden Fall nicht ausgereicht. "Denn eine Überflutung des Grund und Bodens, also der Geländeoberfläche, war gar nicht schadenursächlich", erklärt Blumensaat. Die üblichen Bedingungen für Elementarschadenschutz, die sich in der Regel an die Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) anlehnen, sehen eben einen Schutz nur dann vor, wenn die Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks den Schaden verursacht. Bessere Klauseln schließen als Ursache auch Wasser vom Nebengrundstück ein. Blumensaat, der Mitglied des Bundesverbands Deutscher Versicherungsberater (bvvb) ist, kritisiert die Darstellung des GDV im Rahmen der Initiative "Stadt.Land.unter". "Unter der Headline "Elementarschadenversicherung deckt alle Risiken ab" wird nur auf die Ergänzung des Versicherungsschutzes durch die benannten Gefahren, wie Hochwasser, Starkregen, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch und Erdsenkung sowie Erdbeben, hingewiesen." In der Praxis kämen aber immer wieder Unwetterereignisse oder Abläufe vor, bei denen Unternehmer leer ausgehen würden. So könnten bei einer Überschwemmung beispielsweise Gegenstände an ein gegen Hochwasser gesichertes Gebäude getrieben werden. Auch in diesem Fall wäre die Deckung des Schadens unsicher.
Unbenannter Gefahrenschutz marktweit günstig
Daher sei die Absicherung gegen unbenannte Gefahren so wertvoll. Zwar gebe es auch dann keinen Schutz ohne Ausschlüsse. Doch die unbenannte Gefahrendeckung sei lediglich dann eingeschränkt, wenn Schäden durch normale Witterungseinflüsse eintreten. "Damit wäre also ganz normaler Regen ausgeschlossen", erläutert Blumensaat. Nach Erkenntnis des Beraters ist die Erweiterung der Sachversicherung um unbenannte Gefahren marktweit zu einem relativ günstigen Preis bei allen Gesellschaften erhältlich. Der Beitragszuschlag ist üblicherweise vom Versicherungswert, der Betriebsart, dem Risiko und der vereinbarten Selbstbeteiligung abhängig. "Die Spanne liegt daher zwischen rund 0,09 bis 0,3 Promille", schätzt Blumensaat. Bei einer Ein-Millionen-Euro-Police würden somit Gewerbetreibende gerade einmal 300 Euro Mehrprämie pro Jahr für den deutlich erweiterten Schutz zahlen.
Problematisch ist zudem noch immer der oft fehlende Neuwertschutz in der gewerblichen Sachversicherung. Das bestätigt der Versicherungsberater Rüdiger Falken aus Hamburg und der auf Gewerbekunden spezialisierte Versicherungsmakler Johannes Brück aus Düsseldorf. Falken nimmt kein Blatt vor den Mund: "Viele Vertragsbedingungen sind noch heute katastrophal." Oft gebe es den Neuwertschutz nur in besseren Tarifen, wie "Plus" oder "Exklusiv". Was das in der Praxis bedeutet, zeigt ein Schadenfall aus dem Ruhrgebiet. "Ein wichtiger Tag in unserer Firmengeschichte war die Unterzeichnung einer verbesserten Versicherungspolice mit Neuwertschutz", sagt Michael Stratmann, Geschäftsführer der Metallgestaltung Stratmann GmbH aus Essen-Kupferdreh im Rückblick. Denn am 14. Juli 2022 hießt es auch bei seinem Betrieb "Land unter". Das Wasser erreichte eine Höhe von 2,20 Metern.
Das glückliche Update der Firmenpolice, die Gebäude-, Inhalts- und Betriebsunterbrechungs-Schutz umfasst, kam nach zwei Einbrüchen zustande. "Jedes Mal wurde uns nur der Zeitwert ersetzt", erinnert sich Stratmann. Daher riet der Signal-Iduna-Vertreter Arndt Ziegler ihm zu einem Neuwertschutz. "Viele Firmen sind hier noch ganz schlecht aufgestellt und müssen, wenn die in Gebrauch befindlichen Sachen nur noch 40 Prozent des Neupreises wert sind, mit einer mageren Zeitwertentschädigung auskommen", warnt Ziegler.
Wann Anspruch auf Neuwertentschädigung besteht
Grundsätzlich gilt aber, dass auf die Neuwertspitze nur Anspruch besteht, wenn die vom Schaden betroffenen Sachen ersetzt werden. Bei fiktiver Abrechnung erhalten die Kunden weiterhin nur den Zeitwert. Für die Metallgestaltung Stratmann, die seit 1985 aktiv ist, hätte das aufgrund des älteren Maschinenbestands wohl den Ruin bedeutet.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek