Pauschale PFAS-Ausschlüsse in der Haftpflichtversicherung sind der falsche Weg. Versicherer wie Rückversicherer sollten sich mit dem PFAS-Risiko beschäftigen, anstatt dieses pauschal auszuschließen. Ausschlüsse sollten stets letztes Mittel sein und inhaltlich auf das nötigste beschränkt werden. So lautet die Position des Gesamtverbands der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW).
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind industriell hergestellte organische Verbindungen. Sie sind wasser-, hitze-, fett- oder schmutzabweisend und extrem widerstandsfähig. Ihre hohe Widerstandsfähigkeit führt dazu, dass sich diese Stoffe, sofern sie in die Umwelt gelangen, dort nur sehr langsam abbauen. Gelangen PFAS beispielsweise über das Grundwasser in den menschlichen Körper, besteht für bestimmte Verbindungen aus der großen Stoffgruppe von PFAS der Verdacht, schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben. Doch längst nicht alle der rund 10.000 PFAS-Verbindungen gelangen in die Umwelt und am Ende auch in den Menschen. Hinzu kommt, dass das genaue Ausmaß einer Gesundheitsgefährdung nach wie vor unklar ist. Belastbare Daten fehlen, so die Analyse des GVNW.
Auf absehbare Zeit stehen keine fluorfreien Alternativen zur Verfügung
Nichtsdestotrotz ist die Diskussion über eine Beschränkung von PFAS richtig und wichtig ist der Verband überzeugt. In einigen Bereichen sei ein baldiger Verzicht auf die Verwendung von PFAS leichter möglich als in anderen. Bei Pizzakartons, Kaffeebechern, Schmiermitteln für Fahrradketten oder Skiwachs stünden entweder Ersatzstoffe mit vergleichbaren Eigenschaften zur Verfügung oder falls nicht, seien Abstriche bei der Leistungsfähigkeit dieser Ersatzstoffe eher verkraftbar. Anders sehe die Situation bei großtechnischen Anwendungen aus, zum Beispbeispielsweise auf Dichtungen aus PFAS angewiesen seien. Je nach konkreter Anwendung stehen auf absehbare Zeit keine fluorfreien Alternativen zur Verfügung, die eine ähnlich hohe Performance wie Fluorpolymere erreichen, ist der Verband überzeugt.
Dort, wo es Alternativlösungen gebe, basierten diese häufig auf Silikonen, also Stoffen, die sich in der Umwelt ähnlich schlecht abbauen würden wie PFAS. Biobasierte Ersatzstoffe könnten zwar eine bessere Ökobilanz vorweisen, hätten aber zum einen meist schlechtere Eigenschaften und könnten zum anderen ihrerseits ebenfalls toxisch wirken. Biobasierte Alternativen müssten folglich vor ihrer Verwendung ebenfalls auf eine mögliche Umwelt- und Gesundheitsgefährdung umfangreich geprüft werden. Es sei daher ein Irrglaube, dass ein vollständiges Verbot von PFAS sämtliche Probleme über Nacht lösen würde, kommentiert der GVNW die Lage.
Versicherer sollten sich mit dem Risiko kundenindividuell auseinandersetzen
Ebenso wie ein EU-weites generelles Verbot von PFAS würde auch ein Pauschalausschluss des PFAS-Risikos in der Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung weit über das Ziel hinausschießen, jedenfalls soweit es kein gesetzliches Verbot für die Herstellung oder Verwendung bestimmter PFAS und PFAS-enthaltenden Produkte gibt. Das Fazit des Verbandes: Anstatt in vorauseilendem Gehorsam jegliche Haftpflichtansprüche, die auf PFAS, PFAS-enthaltende Substanzen oder Erzeugnisse zurückzuführen sind, von der Deckung pauschal auszuschließen, sollten sich die Versicherer mit dem Risiko intensiv und kundenindividuell auseinandersetzen.
Quelle: GVNW
Autor(en): versicherungsmagazin.de