Gesundheitsschutz: Politischer Kampf wird brutaler

Nach Einschätzung des AOK-Bundesverbandes ist "die Lage der PKV ganz offensichtlich bedrohlich". Die Versicherer würden ihre Krise nicht mehr selbst unter Kontrolle bekommen, sagte jetzt der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, in einem dpa-Interview. Begründet wird dies aber nicht mit Geschäftsergebnissen, sondern mit der Tatsache, dass die PKV-Branche dafür gesorgt hat, sich selbst per Gesetz zu disziplinieren. Ab April sind bei PKV-Abschlüssen höchstens noch 9,9 Monatsbeiträge Provision gestattet und die Stornohaftung wurde auf fünf Jahre erweitert. Laut PKV-Verband konnte sich die Branche aus kartellrechtlichen Gründen aber nicht selbst beschränken. Daher sei ein Gesetz notwendig gewesen.

Im gleichen Interview sagte der Chef des AOK-Bundesverbandes: "Aus Umfragen wissen wir, dass mittlerweile jeder Dritte Privatversicherte gerne in die GKV wechseln will." Hier beruft sich der Bundesverband auf eine Umfrage von 511 PKV-Versicherten, die laut Pressesprecher Udo Barske Anfang 2012 von der Gesellschaft Produkt + Markt aus Wallenhorst erstellt wurde. Danach würden sich 63 Prozent der Befragten wieder für die Private Krankenversicherung entscheiden, 31 Prozent aber für die gesetzliche Krankenversicherung. Laut Graalmann begründet dieses Ergebnis die Einführung eines einheitlichen Gesundheitsmarktes.

Viele Unzufriedene auch in der GKV
Tatsächlich gibt es aber auch im GKV-System viele Unzufriedene. So würden 32 Prozent der gesetzlich Versicherten in die PKV wechseln, wenn sie könnten. Bei den 25- bis 39-Jährigen sind es sogar 48 Prozent. Dies ergab 2010 eine Befragung von 1.130 GKV-Versicherten im Auftrag der Continentale-Versicherung. Entsprechend aufgebracht reagierte der PKV-Verband auf die Äußerungen Graalmanns. "Die abfälligen Äußerungen des Vorsitzenden des AOK-Bundesverbandes über die Private Krankenversicherung (PKV) haben mit der Realität nichts zu tun. Wider besseres Wissen erfindet Herr Graalmann ein Horrorszenario, das durch nichts belegt ist", sagte erklärt PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach. Tatsache sei, dass es aktuell mit neun Millionen Vollversicherten und 22 Millionen Zusatzversichersten so viele Privatversicherte gebe wie nie zuvor. Diese Kunden wären zudem alle freiwillig privat versichert.

Gleichzeitig griff auch Leienbach die GKV an. So würde nur die PKV per Alterungsrückstellungen Vorsorge für den demografischen Wandel treffen. "Während die GKV ihre steigenden Ausgaben einfach den kleiner werdenden künftigen Generationen überlässt", sagte Leienbach. Gegenüber dem AOK-Medienservice stellte Graalmann klar, „dass ein gemeinsamer Versicherungsmarkt nicht mit der Abschaffung der PKV gleichzusetzen ist." Vielmehr biete der Wettbewerb in einem gemeinsamen Versicherungsmarkt unter gleichen Bedingungen für alle Teilnehmer, auch für die auf dem bisher abgeschotteten PKV-Markt tätigen Unternehmen, neue Chancen.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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