Deutsche Aktuarvereinigung sieht Anpassungsbedarf bei Zinszusatzreserve

740px 535px
„Die Zinszusatzreserve und das neue europäische Aufsichtsregime Solvency II haben maßgeblich dazu beigetragen, Deutschlands Lebensversicherer in Zeiten der politisch motivierten EZB-Tiefzinspolitik zu stabilisieren“, unterstrich der neu gewählte Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) Roland Weber kürzlich in Berlin. Nichtsdestotrotz sehen die Aktuare weiterhin Anpassungsbedarf an der 2010 eingeführten Zinszusatzreserve (ZZR).

Die ZZR habe sich in den vergangenen Jahren als sinnvoller Puffer erwiesen, um langfristig die Lücke zwischen den zugesagten Garantien und dem Referenzzins zu schließen, konkretisierte Weber seine Aussage. So sei die durchschnittliche Garantieverzinsung im Bestand aufgrund der ZZR im Jahr 2016 von 2,95 auf 2,35 Prozent gesunken. Die positiven Effekte der Zinszusatzreserve gerieten nach Analysen der DAV aber zunehmend unter Druck, da es durch die Markteingriffe der EZB zu einem dramatischen Verfall des Zinsniveaus gekommen sei.

Dadurch müssten die Versicherer kurzfristig sehr hohe Summen als Risikopuffer zurücklegen. „Das ist vielfach nur durch die massive Realisierung stiller Kapitalanlage-Reserven möglich, deren Wiederanlage nur zu deutlich schlechteren Konditionen möglich ist. All dies führt zu einer unnötigen Schwächung der Lebensversicherer, die nicht im Interesse der Politik und schon gar nicht der Kunden sein kann“, erklärt Weber.

Wieder mit höheren Überschussbeteiligungen rechnen

Darüber hinaus warnte der DAV-Vorstandsvorsitzende vor falschen Erwartungen an eine mögliche Phase steigender Zinsen: Zwar würde der ZZR-Puffer dann sukzessive wieder abgebaut, den hierdurch entstehenden Überschüssen stünden aber Abschreibungen bei festverzinslichen Wertpapieren gegenüber. „Somit können die Versicherten erst bei einer langfristigen und nachhaltigen Zinserholung auf hohem Niveau wieder mit höheren Überschussbeteiligungen rechnen“, so Weber.

Vor diesem Hintergrund plädiert die DAV bereits seit geraumer Zeit für eine neue Berechnungsmethode, bei der zum einen der Referenzzins langsamer als bisher sinkt. Dadurch würde der Aufbau der Zinszusatzreserve deutlich gestreckt werden und Unternehmen, die rein wirtschaftlich betrachtet auch im Niedrigzinsumfeld mittel- und langfristig die Garantien erfüllen können, gerieten nicht unnötig in Schwierigkeiten. Zum anderen könnte mit dem geänderten Ansatz auch der unerwünschte Nachlaufeffekt reduziert werden, der bei steigenden Zinsen zu beobachten ist.

Ausgangspunkt für die Entwicklung von neuen Produkten

Daneben unterstrich der DAV-Vorstandsvorsitzende die stabilisierende und zugleich innovationsfördernde Wirkung des neuen europäischen Aufsichtsregimes Solvency II, das eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlage. Auf der einen Seite ermöglichten die vorgesehenen Übergangsmaßnahmen eine sachgerechte Umstellung von alten auf neue Produkte und verschafften den Unternehmen zugleich Zeit, langfristige Kapitalanlagemöglichkeiten zu entwickeln. „Andererseits waren die strengen Solvenzvorgaben von Solvency II der Ausgangspunkt für die Entwicklung von neuen Produkten, die durch neue Garantien besser auf die veränderte Kapitalmarktsituation angepasst sind“, analysiert Weber.

Hoher Bedarf: Neue Garantiekonzepte entwickeln
Nicht zuletzt in Anbetracht der zinspolitischen Verwerfungen der vergangenen Jahre sieht die DAV grundsätzlich die Notwendigkeit, neue Garantiekonzepte zu entwickeln. Dabei tritt sie weiterhin für einen verbindlichen Höchstrechnungszins für alle Versicherer ein, empfiehlt aber ein zweistufiges Vorgehen. Bei diesem orientiert sich der Garantiezins in den ersten 15 Jahren an den Möglichkeiten des Kapitalmarktes. Einzige Ausnahme: Produkte, bei denen die Zinsgarantien eins zu eins am Kapitalmarkt abgesichert sind.

Quelle: DAV; Bild: © 3d-designs /fotolia

Autor(en): versicherungsmagazin.de

Alle Branche News