Die von der Doppelverbeitragung betroffenen Betriebsrentner sehen in der geplanten Einführung eines Freibetrages keine systematische Lösung des Problems. Zwar sei die Initiative der Bundesregierung grundsätzlich zu begrüßen, jedoch zeigten sich grundlegende Schwachstellen, so der Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) bei einer Expertenanhörung.
Bei dieser Anhörung wurde über den Gesetzentwurf zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung diskutiert. Die Experten äußerten sich kürzlich unter anderem in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages.
Neu eingeführt werden soll ein Freibetrag von 159,25 Euro. Damit werden erst auf höhere Betriebsrenten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fällig. Da nach Berechnungen der Regierung rund 60 Prozent der Betriebsrentner weniger als 318 Euro im Monat erhalten, werden sie künftig maximal den halben statt wie bisher den vollen Krankenkassenbeitrag bezahlen müssen.
Mindereinnahmen in der GKV in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich
Die Bundesregierung rechnet infolge der Reform mit Mindereinnahmen in der GKV in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich, die 2020 komplett aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert werden sollen. Von 2021 bis 2023 sollen die fehlenden Beträge noch teilweise aus dem Gesundheitsfonds bereitgestellt und stufenweise zurückgeführt werden. Ab 2024 müssen die Krankenkassen die Beitragsausfälle dann in voller Höhe selbst tragen.
Der DVG monierte, mit der Reform würden in keiner Weise die Besonderheiten der Altersversorgung in Form der Direktversicherung korrigiert, insbesondere jener Verträge, die vor dem 31. Dezember 2003 abgeschlossen wurden. Der Verein fordert dagegen eine Entschädigungsregelung. So sollte eine Rückabwicklung der Verträge vom 1. Januar 2004 bis Ende 2019 ermöglicht werden. Gefordert wird auch eine Reduzierung der Beiträge auf den halben Satz.
Freibetrag sollte auch für Pflegeversicherung gelten
Für alle vor 2004 abgeschlossenen Direktversicherungsverträge müsse die Beitragsfreiheit gelten. Der Aufteilungszeitraum für die Kapitalauszahlung sollte zudem von 120 auf 240 Monate erhöht werden, da ansonsten deutlich höhere Beiträge zu zahlen seien, argumentierte der DVG. Der Freibetrag sollte auch für die Pflegeversicherung gelten.
Nach Ansicht des Sozialverbandes VdK hätten die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz 2004 eingeführten Regelungen bei den Betroffenen viele Probleme verursacht und Geld gekostet. Die geplante Reform bringe keine Entlastung für jene Betriebsrentner, die seit 2004 den vollen Beitragssatz allein zahlen müssten. Insbesondere die Direktversicherten, deren Zehnjahresabzahlung auf die Kapitalausschüttung bereits abgelaufen sei, profitierten nicht mehr.
Neuregelung habe zu einem Vertrauensverlust geführt
Auch die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) wertete die vollen Beiträge auf Betriebsrenten als "zentralen Fehlanreiz". Die volle Beitragspflicht habe die Betriebsrenten seit 2004 um rund 40 Milliarden Euro geschmälert. Zudem habe die Neuregelung ohne jede Übergangsfrist zu einem Vertrauensverlust geführt. Mit der Novelle würden die Betriebsrentner weiter stärker belastet als vor 2004. Der Freibetrag sollte auch für die Pflegebeiträge gelten, eine Ungleichbehandlung wäre schwer vermittelbar.
Der DGB begrüßte die geplante Reform als sinnvolle Initiative, um bestehende Probleme zu lindern und die Betriebsrenten langfristig attraktiv zu halten. Jedoch sollten die Einnahmeausfälle auch langfristig aus Steuermitteln finanziert werden.
Umsetzungsprobleme befürchtet
Der GKV-Spitzenverband warnte vor Umsetzungsproblemen, da die Regelungen schon 2020 in Kraft treten sollen. Wegen der getrennten Beitragsberechnung für die Kranken- und Pflegeversicherung sei eine längere Vorlaufzeit nötig, zumindest aber ein automatisiertes Erstattungsverfahren.
Quelle: Deutscher Bundestag
Autor(en): Versicherungsmagazin