Zusätzlicher privater Gesundheitsschutz für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine interessante Nische für den Gewinn von Fachkräften. Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) boomt. Und sie ist nachhaltig, wie Praxisfälle zeigen.
Vor allem Budgettarife sind der Renner in der bKV. Es gibt sogar Firmen, die auf diese umsteigen, wie das Beispiel der Horst Busch Elektro-Technik GmbH aus Hamburg zeigt. "Wir sind gerade dabei, die Versicherung auf einen Budgettarif umzustellen, um einer größeren Anzahl von Mitarbeitern einen Vorteil bieten zu können", erläutert Geschäftsführer Oliver Seib. Schon 2020 hatte das Handwerksunternehmen den zusätzlichen Gesundheitsschutz der Hanse Merkur als neues Highlight für die Mitarbeiter eingeführt.
Durchdringung erhöhen
Bei den Mitarbeitern, die die Leistung in Anspruch nehmen, ist nach Einschätzung von Manager Seib die bKV ein echter Erfolg. Die Bindung an das Unternehmen sei verstärkt worden. Wer den bisherigen Bausteintarif aber nicht in Anspruch genommen habe, weil der Bedarf fehlt, der habe eben auch kein konkretes Erlebnis. Seibs Erfahrung: "Der Bausteintarif ist vom Anwendungsfall zu eingeschränkt." Daher setzt der Unternehmer nun auf den Budgettarif. Davon erhofft sich Seib eine noch stärkere Durchdringung innerhalb der Belegschaft.
Gerade die Hallesche Krankenversicherung - Vorreiter bei Budget-Tarifen - erhält oft eine sehr positive Resonanz für ihre bKV. So ist Florian Geiger sehr überzeugt von dem Angebot. "Die Bewerbungen haben wieder zugenommen", freut sich der Handwerksmeister aus dem schwäbischen Gablingen. Das könnte nach seiner Meinung durchaus daran liegen, dass der Handwerksbetrieb mit seiner bKV ein Benefiz bietet, dass über dem Standard liegt. "Manche Vorteile, wie Altersversorgung, freie Getränke und freie Arbeitskleidung, sind heute einfach üblich", sagt Geiger. Daher ist er ganz froh, dass er die bKV in die Stellenanzeigen hineinnehmen kann. Für 900 Euro pro Jahr können Mitarbeitende den Tarif "FEELfree:up" der Halleschen nutzen. "Das machen einige Mitarbeitende ganz intensiv", weiß Geiger. Dabei hilft wohl eine Besonderheit: Falls Mitarbeitende das Gesundheitsbudget voll ausschöpfen, wird es im Folgejahr um 50 Euro gesteigert. Das gilt vier Jahre lang. Ein 900 Euro-Budget steigt bei voller Nutzung daher bis auf 1.100 Euro.
Vier Jahre Erfahrung
Zufrieden ist auch noch nach vier Jahren Birgit Gämmerler. "Die 2020 getroffene Entscheidung für die zusätzliche Krankenversicherung war richtig und ein voller Erfolg", so die Geschäftsführerin und Inhaberin der Zeitraum GmbH aus dem bayerischen Wolfratshausen. Die betriebliche Krankenzusatzversicherung werde daher auch in den kommenden Jahren fortgesetzt. Der gewählte Budget-Tarif der Halleschen Versicherung ermöglicht es den Mitarbeitenden, eigenverantwortlich Leistungen im Wert von 600 Euro pro Jahr auszuwählen.
Gämmerler sieht darin nicht nur einen Gesundheitsschutz, sondern auch einen potenziellen Bewusstseinswandel. Die MitarbeiterInnen könnten sich vermehrt mit alternativen Heilmethoden auseinandersetzen, beispielsweise einen Osteopathen aufsuchen oder Ernährungsberatung in Anspruch nehmen. Die betriebliche Krankenzusatzversicherung spiegelt das Engagement der Möbelmarke, die auf nachhaltiges Massivholz setzt, für Eigenverantwortung und die Förderung ganzheitlicher Gesundheitsansätze wider. Sie werde von allen Mitarbeitenden gerne und viel genutzt. "Ich schätze es sehr, dass unser Unternehmen eine zusätzliche Krankenversicherung für alle Mitarbeiter abgeschlossen hat", sagt Lea Korich, von der Produktentwicklung. "Das gibt mir ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit und Wertschätzung für meine Gesundheit", urteilt Korich. Vermittelt wurde die neue bKV allen 27 Mitarbeitern in einer Betriebsversammlung. "In schwierigen Zeiten, wie der Corona-Krise, helfen solche Sozialleistungen, die Bindung der Mitarbeiter deutlich zu erhöhen. Davon bin ich überzeugt", sagt Gämmerler.
bKV oft noch unbekannt
Der Fachkräftemangel stellt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland eine erhebliche Herausforderung dar. Das zeigt eine aktuelle Studie der Gothaer Versicherung, bei der 2024 über 1.000 Verantwortliche befragt wurden. Untätigkeit bei der Mitarbeiterbindung und -gewinnung können sich kleine und mittelständische Unternehmen nicht mehr leisten. Laut Studie sind 94 Prozent der KMU-Unternehmen aktiv, um Fachkräfte zu finden oder zu binden. Eine besondere Nische ist hier für Kleinstunternehmen die bKV. Bisher wird sie lediglich in fünf Prozent der Kleinstunternehmen angeboten.
Bei größeren Unternehmen sind es aber auch nur rund 18 Prozent. "Vielen kleineren Arbeitgebern scheint nicht bewusst zu sein, dass eine betriebliche Krankenversicherung eine wirksame und kostengünstige Maßnahme ist, um Fachkräfte von sich zu überzeugen", glaubt Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung.
Vorher Bedarf genau ermitteln
Der Aufwand für die bKV ist selbst für kleinere Firmen gut zu stemmen. Das gilt sowohl für die Einführung und Verwaltung des Benefizes als auch für den finanziellen Aufwand. Wichtig ist es aber vorab zu klären, welchen Bedarf das Unternehmen hat. Das kann eine Reduktion von krankheitsbedingten Fehlzeiten sein, eine höhere Mitarbeiterbindung oder -Gewinnung. Sinnvoll kann es zudem sein, die Bedürfnisse der Belegschaft per Befragung zu ermitteln.
Danach wird zwischen dem Arbeitgeber und der Assekuranz ein Gruppenversicherungsvertrag geschlossen. Darin wird festgehalten, wer - alle Mitarbeitenden oder nur eine bestimmte, objektive Gruppe - welche Leistungen erhält. Mit Beginn der bKV werden die Mitarbeiter dann von den Unternehmen angemeldet und intern eine Lohnart angelegt. Die Beitragszahlung erfolgt monatlich und in der Regel im Lastschriftverfahren. Vielfach wird eine komplette digitale Abwicklung der bKV vom Arbeitgeber über den Vermittler bis zum Arbeitnehmer angeboten. Zudem können Arbeitgeber teilweise die bKV-Tarife unter eigenem Namen anbieten. Die laufende Abwicklung sieht nur noch die An- und Abmeldung neuer oder ausscheidender Mitarbeiter vor. Rechnungen über Gesundheitsleistungen können die Mitarbeitenden meist komfortabel über eine App einreichen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek