Bei Entgeltumwandlung 75-Prozent-Regel geknackt

Die Summe aus Leistungen gesetzlicher Altersrente und von der Firma spendierter Betriebsrente darf maximal 75 Prozent des individuellen Brutto-Einkommens ausmachen. Unklarheit besteht jedoch vielfach bei der Obergrenze.

Fachleute wissen: Der Fiskus prüft nur Zusagen, die vom Arbeitgeber finanziert werden, jedoch keine Entgeltumwandlung. Eine Vereinfachungsregel betreffe nur die maximale Höhe der Beiträge, die in Rentenansprüche umgewandelt werden können. So dürfen bis zu 30 Prozent des Brutto-Einkommens als Beitrag für Altersversorgung (Beitrag für gesetzliche Rente + Firmeneinzahlungen) umgewandelt werden.

Die Grundregel besagt: Bis zu 75 Prozent des Brutto-Einkommens sind als Leistungen für gesetzliche Rente und bAV angemessen. "Eine Überversorgung beginnt dennoch erst bei 75 Prozent des aktuellen Einkommens", sagt Hans-Dieter Stubben, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts für Marktentwicklung und Management der betrieblichen Altersversorgung (WIMMbAv), mit Hinweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Mai 1995. Der BFH entschied: Eine Pensionszusage ist ungewöhnlich und unangemessen, wenn die Altersversorgung 75 Prozent des Entgehalts übersteigt (Az.: I R 147/93). Folgerung der BFH-Richter: Eine Anwartschaft ist angemessen, solange sie am Bilanzstichtag zusammen mit der Anwartschaft auf Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung höchstens 75 Prozent des Gehalts ausmacht. Dies betreffe sämtliche Pensionsberechtigte.

In den Kommentaren zu dem BFH-Urteil wird oft eine Feinheit unterschlagen: Die Richter entschieden gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer, weil keine Rückdeckungs-Versicherung zu der beantragten Pension bestand. "Ein angestellter Geschäftsführer hätte jedoch auf einer kongruenten Rückdeckung bestanden, weil er sonst das Risiko tragen müsste, trotz langjähriger Tätigkeit für die Firma überhaupt keine Vergütung zu bekommen ", erklärt Thilo Kühnel, Geschäftsführer bei Rödl & Partner - Institut für moderne Vergütungssysteme und betriebliche Altersversorgung.

Die Botschaft des Gerichts: Sagt eine Kapitalgesellschaft ihrem "Chef" als Gegenleistung für seine Geschäftsführer-Tätigkeit nur die künftige Zahlung einer Pension zu, so liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung. "Allerdings sollte man klassische Firmenzusagen nicht mit Entgeltumwandlungen der Arbeitnehmer in einen Topf werfen", sagt Kühnel. Die 75-Prozent-Grenze will ausdrücklich planwidrige Überversorgungen korrigieren, da ein Arbeitgeber jederzeit den überhöhten Teil widerrufen könnte.

"Bei Gehaltsumwandlung handelt es sich jedoch nicht um eine planwidrige Versorgung; die Versorgungshöhe ist ausdrücklich gewünscht und gewollt", so der Experte. Der Arbeitgeber kann die Versorgung auch nicht kürzen, wenn sie durch Gehaltsverzicht finanziert wurde. Daher könne ein Überschreiten der 75-Prozent-Grenze dann zulässig sein, wenn die Überversorgung ausdrücklich gewünscht sei. Dies sei bei Gehaltsumwandlungen stets der Fall.

Übrigens: Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte seinerzeit umgehend auf das Urteil reagiert. Mit Schreiben vom 7. Januar 1998 wurden die Finanzämter entsprechend angewiesen. Dort heißt es: "Für die Beantwortung der Frage, ob die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die Grenze der steuerlichen Anerkennung übersteigen, ist die zugesagte Versorgung bei Eintritt in den Ruhestand maßgebend. Im BMF-Schreiben sind nur Obergrenzen für Zusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung benannt, also "Leistungen, die vom Arbeitgeber finanziert werden", wie Kühnel erklärt. Von Obergrenzen für die Entgeltumwandlung sei dort keine Rede.

Autor(en): Detlef Pohl

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