Die automatische Risikoprüfung boomt. Doch an schwierigen Fällen - und die nehmen vor allem in der Berufsunfähigkeitsversicherung deutlich zu - scheitern die meisten Systeme.
Große Erfolge meldet die Versdiagnose GmbH, hinter der das Softwarehaus Franke & Bornberg aus Hannover steht. Vermittler können über das System kostenfrei und automatisch eine Gesundheitsprüfung für biometrische Risiken stellen. Laut dem Unternehmen wurde das Programm vers.diagnose im vergangenen Jahr deutlich intensiver als im Vorjahr genutzt. Mit über 70.000 Prüfungen sei ein Plus von über 30 Prozent erreicht worden. Derzeit hat das Unternehmen 15 Produktpartner an Bord. Weitere sollen 2019 eingebunden werden.
Alle Anfragen anonym
Franke & Bornberg betont, dass die Datenschutzgrundverordnung problemlos erfüllt werde, weil die Daten während der gesamten Risikoprüfung vollständig anonym blieben. Es gebe keinen Eintrag in der HIS-Datei und somit für den Kunden auch keine negativen Konsequenzen für die Zukunft. Vers.diagnose wurde Ende 2017 von der Morgen & Morgen GmbH in das Programm M&M Office integriert.
Morgen & Morgen hat aber auch selbst ein Risikoprüfungstool namens Equot. Auch über dieses System werden eine anonymisierte Risikovoranfrage und Risikoprüfung in Echtzeit ermöglicht. Equot kann aber derzeit nur vier Versicherer ansteuern. Beide Systeme greifen aber automatisch auf Risikoprüfungen der Versicherungsgesellschaften zu.
Bald 24 Versicherer im Tool
Vermittler können aber auch mit dem seit 2015 etablierten System Riva der Softfair GmbH arbeiten. Das System erfreue sich nach Aussage des Anbieters ebenfalls einer "großen Beliebtheit" bei den Anwendern und Versicherern. Das Unternehmen bindet gerade die Dela und die LV1871 ein und hat dann 24 Produktpartner. Auch Softfair betont, dass Anfragen nicht in die Antibetrugsdatei HIS einfließen. "Bei uns steht aber am Ende der Anfrage immer ein abschließendes Votum des Versicherers", erläutert Softfair Geschäftsführer Christoph Dittrich.
Etwaige Deckelungen für anfragbare Versicherungshöhen gebe es nicht. Riva beschränke sich auf die Antragsfragen des Versicherers und leite ihm stets nur den Teil der Angaben weiter, die den Versicherer laut seinen individuellen Antragsfragen interessieren. Die Versicherer können bei Riva selbst entscheiden, ob eine Prüfung durch den versicherungseigenen Risikoprüfer oder das elektronische System stattfindet.
Praktiker: Schwere Fälle händisch
Experten verweisen darauf, dass bei einer automatischen Prüfung die Risikoparameter "sehr eng" eingestellt werden müssen. Das bestätigen Praktiker. So outet sich Philip Wenzel vom Versicherungsmakler Freche aus Kemnath als "großer Fan" von vers.dignose, weil das System eine große Zeitersparnis mit sich bringe. Genutzt wird die Plattform aber nur bei leichten Anfragen. Komplizierte Fälle würden weiterhin händisch bearbeitet. Wenzel: "Denn nichts ersetzt das Gespräch mit einem echten Risikoprüfer."
Ebenso geht der Experte für Berufsunfähigkeitsversicherungen, der Versicherungsmakler Matthias Helberg aus Osnabrück vor. Schwere Fälle werden weiterhin händisch erledigt, weil Stichproben mit vers.diagnose ergeben hätten, das in der Regel weitere Dokumente zur abschließenden Risikoprüfung notwendig seien. Für die Kunden ist eine Zeitersparnis nach Einschätzung von Helberg eher unwichtig. "In der Regel zieht sich die Vorarbeit zur möglichst exakten Beantwortung der Gesundheitsfragen über Wochen, wenn nicht gar über Monate hin." Da sei es für viele Kunden sinnvoller, etwas länger auf die Antwort eines Versicherers zu warten, bei dem ein Mensch sich den Fall angesehen hat und nicht ausschließlich eine Datenbank entscheide.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek