Bei der Abwicklung eines Schadens sollten Maklerkunden wissen, wem sie vertrauen. Sonst kann es Probleme geben.
Ein Kunde wollte einen am 27. Mai 2018 eingetretenen Unwetterschaden an seinem Haus über die Wohngebäudeversicherung beseitigen lassen. Nach den Feststellungen des Landgerichts Gießen als erster Instanz (Urteil vom 13.6.2022, Az. 2 O 71/21, Bürgerservice Hessenrecht) waren sowohl der Schadeneintritt als auch die Regulierungspflicht des Versicherers unstrittig. Allerdings hatte der Versicherer eine arglistige Täuschung eingewendet, weil ihm fingierte Rechnungen vorgelegt worden seien, und die Leistung verweigert sowie den Vertrag gekündigt. Dagegen wehrte sich der Kunde mit seiner Klage.
Unterlagen über den Makler eingereicht
Der Kunde hatte für die Schadenabwicklung einen Versicherungsmakler eingeschaltet. Der Versicherer schickte einen Schadenregulierer und einen Sachverständigen, um den Schaden zu besichtigen. Im Nachgang sendete der Kunde seinem Makler verschiedene Unterlagen einer Baufirma. Diese sollen Aufstellungen über verschiedene Arbeiten und deren Preise enthalten haben, in Summe ging es um 35.369 Euro. Die Unterlagen waren allerdings nicht datiert, ein Ausführungsdatum und eine Rechnungsnummer wurden ebenfalls nicht genannt.
Der Makler sandte das Ganze per E-Mail am 5. August 2020 an den Versicherer und der Versicherer aufgefordert, die angeblich bezahlten Rechnungen an den Kunden auf dessen Kontonummer zu erstatten. Der Kunde wurde in Kopie über diese Nachricht informiert.
Kostenvoranschlag statt Rechnung
Offensichtlich reagierte dann vermutlich der Kunde, ein Absender war nicht feststellbar, per Whatsapp-Nachricht vom 19. August 2020 gegenüber dem Makler und teilte diesem mit, dass es sich hier nicht um eine Rechnung, sondern um Kostenvoranschläge handele. Diese seien dem Makler nur zugesandt worden, damit der vorab eine Genehmigung der Arbeiten erwirken kann, die Beseitigung des Schadens sei erst danach vorgesehen. Außerdem wurde der Makler um Rückruf gebeten.
Die Versicherung ließ unterdessen in einem erneuten Ortstermin prüfen, welche Reparaturen vorgenommen seien. Der Mitarbeiter konnte aber keine feststellen. Am 3. November 2020 wollte der Sachverständige des Versicherers den Schriftwechsel vom Kunden haben und erhielt diesen einschließlich der erwähnten Whatsapp-Nachricht. Mit Datum vom 7. Dezember 2020 erklärte der Versicherer die Leistungsfreiheit und die Kündigung wegen arglistiger Täuschung.
Makler räumt Verantwortung ein
Am 11. Dezember 2020 schrieb der Makler eine lange Entschuldigungsmail an den Versicherer und bat diesen, die Kündigung zurückzunehmen und die Schadenregulierung wieder aufzunehmen. Die Schuld läge ausschließlich bei ihm selbst, dass er fälschlich Kostenvoranschläge als vermeintliche Rechnungen versandt und den Versicherer zur Erstattung aufgefordert sowie zwei Richtigstellungen vonseiten des Kunden nicht an den Versicherer weitergereicht habe. Er habe dies vergessen.
Der klagende Kunde wollte vom Gericht feststellen lassen, dass ihm der Organisationsfehler des Maklers nicht anzulasten sei. Außerdem hätte der Versicherer selbst erkennen können, dass die ihm übersandten Unterlagen keine Rechnung, sondern nur ein Kostenvoranschlag seien.
Erst in zweiter Instanz gescheitert
In erster Instanz bekam der Kunde recht. Doch der Versicherer ging in Revision. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 7.12.2022, Az. 3 U 205/22, Bürgerservice Hessenrecht, r+s 2023, 360-361) hob das Urteil auf und ließ auch keine weitere Revision zu.
Nach Meinung der Frankfurter Richter konnte sich der Versicherer zu Recht auf Leistungsfreiheit nach § 28 Absatz 2 VVG und den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen wegen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung der Versicherungsmaklers berufen. Die Obliegenheit besagt, dass der Kunde unverzüglich jede Auskunft zu erteilen hat, „die zur Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten erforderlich ist“. Und: „Zu dieser Obliegenheit gehört offensichtlich auch die Vorlage von Belegen über erfolgte Reparaturen, da diese Einfluss auf den Umfang der Leistungspflicht haben.“
Zurechnung des Makler-Handelns
Das Handeln des Versicherungsmaklers musste sich der Kunde nach § 166 Absatz 1 BGB zurechnen lassen. Insbesondere warf das Gericht dem Makler vor, die zunächst falschen Angaben nicht korrigiert zu haben.
Anders als der Kläger sah das Gericht es auch nicht als Schuld des Versicherers an, nicht selbst erkannt zu haben, dass es sich bei den übersandten Unterlagen nicht um eine Rechnung für eine erbrachte Leistung, sondern nur um einen Kostenvoranschlag gehandelt habe. Denn zum einen seien die Unterlagen ausdrücklich in der E-Mail als Rechnungen bezeichnet worden. Zum anderen fehlten zwar übliche Merkmale einer ordnungsgemäßen Rechnung, aber der Gesamteindruck war offenbar ohnehin sehr unprofessionell, so strotzten die Unterlagen „vor orthographischen Fehlern“.
Das Gericht führt weiter aus, dass es beim Vorwurf der arglistigen Täuschung nicht auf eine Bereicherungsabsicht ankommt, sondern allein darauf, dass wissentlich falsche Angaben gemacht oder Tatsachen mit Täuschungsabsicht verschwiegen werden, zum Beispiel um die Schadenregulierung zu beschleunigen.
Mehr Sorgfalt auf allen Seiten nötig
Der Fall hätte wohl völlig anders ausgesehen, wenn sich der Kunde an einen Versicherungsvertreter des Versicherers gewendet hätte. So bleibt nur als Fazit, dass Kunden einen Makler sorgfältig aussuchen sollten, wenn sie ihre Versicherungen und insbesondere Schadensfälle über diesen abwickeln wollen.
Und umgekehrt bedeutet das, dass Makler sorgfältiger und kompetenter arbeiten müssen, als es hier wohl der Fall war. Es war zwar nicht Gegenstand dieses Verfahrens, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass in einem solchen Fall der nächste Streit droht – eine Auseinandersetzung zwischen Kunden und Makler wegen dessen Verletzung seiner Maklerpflichten.
Autor(en): Matthias Beenken