Ärzte reservieren Zeit für Privatpatienten

Im Streit um lange Wartezeiten beim Arzt hat die Mediziner-Lobby erstmals öffentlich bekannt, dass Privatpatienten schneller behandelt werden. "Wenn die gesetzlichen Krankenkassen nur bereit sind mickrige Pauschalen für die Behandlung zu bezahlen, die Privatkassen hingegen direkt die Leistung vergüten, dann ist völlig klar, dass jeder Arzt heutzutage Zeiten freihält für Privatpatienten", sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery gegenüber der "Rheinischen Post". Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums warten Kassenpatienten heute durchschnittlich 20 Tage auf einen Facharzttermin und zwölf Tage auf einen Hausarzttermin. Für Privatpatienten geht es deutlich schneller.

Das hatte schon in der Vergangenheit eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido) und der BKK Bundesverband festgestellt. 2009 warteten beispielsweise Privatpatienten im Schnitt nur zwölf Tage auf einen Termin beim Facharzt. Für Kassenpatienten soll die lange Warterei nun ein Ende haben. Das sieht ein Gesetzesvorhaben von Gesundheitsminister Daniel Bahr vor. So sollen die Ärzte künftig zu einer "angemessenen und zeitnahen" Terminvergabe verpflichtet werden. Andernfalls dürfen sich Kassenpatienten ambulant im Krankenhaus behandeln lassen. Die Regelung soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Strafzahlungen per Gesetz will Bahr allerdings nicht festlegen. Über Sanktionen soll die Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäuser verhandeln. Gibt es keine Einigung, soll ein Schlichter eingesetzt werden. Angedrohte Honorarkürzungen würden nach Meinung der Ärzteverbände die Versorgung der Patienten kaum verbessern. In Wirklichkeit seien Ärztemangel, unbrauchbare Bedarfsplanung und die steigende Krankheitshäufigkeit die Gründe für volle Wartezimmer.

Auch hier will der Gesundheitsminister die Wartezeit verkürzen. Kassenpatienten, die einen Termin haben, sollen künftig nicht mehr länger als 30 Minuten warten müssen. Für diese Schnelligkeit will Bahr den Ärzten einen Zuschlag zahlen. Während Ärztevertreter die Vorschläge grundsätzlich ablehnen, fordert die AOK Rheinland-Hamburg sogar, dass man Ärzten, die immer wieder durch überlange Wartezeiten auffielen, die Kassenzulassung entziehen könne.

SPD: Bürgerversicherung als Heilmittel
Für die SPD gibt hingegen nur ein Heilmittel gegen die unterschiedliche Behandlung von Privat- und Kassenpatienten. Sie fordert die Einführung einer Bürgerversicherung und damit die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung (PKV). Die Bürgerversicherung sieht gleiches Honorar für alle Patienten vor. Der Verband der privaten Krankenversicherer (PKV Verband) warnt hingegen davor, dass bei einer Abschaffung der PKV die Versorgungsqualität in Deutschland insgesamt sinken würde. Die SPD wolle ein staatlich gesteuertes Gesundheitssystem. Dabei zeige das marode System in Großbritannien, wie falsch dieser Weg sei. "Dadurch würde aus der heutigen Krankenversicherung mit individuellen Leistungsansprüchen jedes Bürgers aus eigenen Beiträgen am Ende eine staatlich gesteuerte Gesundheitsversorgung nach jeweiliger Kassenlage des Bundeshaushalts", warnte der PKV-Verbandsvorsitzende Reinhold Schulte.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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