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Tontinen

1. Begriff: Vereinbarungen zwischen mehreren Personen mit dem Ziel, das von ihnen eingezahlte Kapital nebst Zinsen in gewissen Zeitabschnitten auf diejenigen unter ihnen zu verteilen, die dann noch am Leben sind. Tontinen werden heute als besondere Erscheinungsform der Lebensversicherung ausgestaltet.

2. Funktionsweise: Eine Personengesamtheit (möglicherweise in Altersgruppen unterteilt) bringt einen gewissen Betrag auf, wobei jeder einen gleich großen Anteil zahlt. Der Lebensversicherer verpflichtet sich, den Betrag nach einer festen Laufzeit mit einem fest vorgegebenen Zins an die Überlebenden der Gesamtheit (bzw. der Teilgesamtheiten) in gleichen Anteilen auszuzahlen.

3. Rechtslage und Bedeutung in Deutschland: Tontinen waren ursprünglich nach deutschem Recht keine Versicherungsgeschäfte, sondern allenfalls Lotteriegeschäfte und daher versicherungsfremd und den Versicherungsunternehmen nicht erlaubt (vgl. Verbot versicherungsfremder Geschäfte, § 15 VAG). Sie wurden v.a. auf französischen Wunsch trotz des europarechtlichen Verbots versicherungsfremder Geschäfte in die Erste EU-Lebensversicherungsrichtlinie aufgenommen und mussten nach Verwirklichung des Versicherungsbinnenmarkts auch in Deutschland zugelassen werden (§ 1 II S. 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 22 VAG), haben hier aber keine Bedeutung erlangt. Rechtlich werden Tontinen in Deutschland den Lebensversicherungsgeschäften gleichgestellt.

4. Historie: Ursprünglich wurde das Prinzip für Staatsanleihen in Italien verwendet. Vor diesem Hintergrund sind Tontinen nach dem italienischen Politiker Lorenzo de Tonti (ca. um 1620 bis ca. um 1684) benannt.

Autor(en): Dr. Helmut Müller

 

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