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Schriftform

1. Begriff: Eine auf Papier verkörperte Erklärung (Urkunde) mit eigenhändiger Unterschrift. Die Schriftform kann gesetzlich vorgegeben sein – das gilt allerdings nicht für den Abschluss eines Versicherungsvertrags – oder vereinbart werden. Bei vereinbarter Schriftform genügt auch eine telekommunikative Übermittlung (E-Mail, Fax); eine eigenhändige Unterschrift ist dabei nicht erforderlich, falls nicht abweichend vereinbart (§ 127 II S. 1 BGB).

2. Anwendungsbereiche: a) Die gesetzliche Schriftform ist im neuen Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bis auf Ausnahmen nicht mehr vorgesehen und durch die Textform (z.B. § 8 I S. 2 VVG: Widerruf des Versicherungsnehmers) ersetzt worden. Das gilt auch für den Versicherungsschein (§ 3 I VVG) und die Folgeprämienmahnung (§ 38 I S. 1 VVG); nach altem Recht genügte allerdings in diesen beiden Fällen die Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift (Faksimile). Textform bedeutet nach § 126b BGB die Abgabe der Erklärung in einer Urkunde (Papier) ohne eigenhändige Unterschrift oder die elektronische Übermittlung zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen mit den Möglichkeiten der Speicherung und des Ausdrucks. Dagegen ist bei Texten, die (nur) auf der Homepage des Erklärenden eingestellt sind, ein Download des Empfängers notwendig (diese Auffassung ist jedoch strittig). Für die Geltendmachung der Rechte des Versicherungsunternehmens bei vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers – Rücktritt, Kündigung, Vertragsanpassung – ist die Schriftform vorgeschrieben (§ 21 I S. 1 und 3 VVG). Eine eigenhändige Unterschrift ist nach § 150 II S. 1. Hs. VVG bei individuellen Lebensversicherungsverträgen auf das Leben eines Dritten erforderlich: Der Versicherte muss hier schriftlich einwilligen; dies gilt nach Hs. 2 nicht bei Kollektivlebensversicherungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (bAV).
b) Die vereinbarte Schriftform ist auch in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zulässig, soweit es sich um Erklärungen oder Anzeigen des Versicherungsnehmers handelt. Das folgt aus § 32 S. 2 VVG sowie dem Rückschluss aus § 309 Nr. 13 BGB, wonach derartige Erklärungen bzw. Anzeigen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen bzw. durch AVB nicht an eine strengere Form als die Schriftform gebunden werden dürfen. Zuweilen wird jedoch die Unterschrift des Versicherungsnehmers verlangt – z.B. bei der Anzeige der Entwendung des Kraftfahrzeugs in der Kfz-Kaskoversicherung (§ E.3.1 S. 2 AKB 2008 bzw. § 1.3.1 S. 2 AKB 2015). Die nach § 127 II S. 1 BGB möglichen Erleichterungen bei der vereinbarten Schriftform werden damit ausgeschaltet.

3. Rechtsfolgen bei Formverstößen: Formverstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform führen zur Nichtigkeit der Erklärung (§ 125 S. 1 BGB); diese Rechtsfolge gilt bei Nichtbeachtung der vereinbarten Schriftform nur bei deren konstitutiver Bedeutung. Die konstitutive Bedeutung fehlt im Versicherungsvertrag, wenn die Schriftform nur dem Beweis und der Klarstellung dient (Auslegung). Bei Nichtbeachtung von Formvorschriften durch den Versicherungsnehmer besteht nach Treu und Glauben eine Zurückweisungspflicht des Versicherungsunternehmens – anderenfalls darf sich das Versicherungsunternehmen auf den Formverstoß nicht berufen.

Autor(en): Prof. Dr. Roland Michael Beckmann, Professor Dr. Helmut Schirmer

 

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