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Retrospektive Deckungsformen

1. Begriff: Rückversicherungskonzepte, die dem Zedenten Schutz vor Abwicklungsrisiken von bei Vertragsabschluss bereits angefallenen Schäden bieten („rückwirkender Rückversicherungsschutz“). Ihre Anwendung erfolgt vornehmlich in Versicherungszweigen mit mittlerer bis langer Abwicklungsdauer (z.B. Haftpflichtversicherung) und hoher Risikokapitalintensität. Zwei Grundformen mit Kombinationsmöglichkeiten werden unterschieden: Loss Portfolio Transfer (LPT) und Adverse Development Cover (ADC).

2. Merkmale: Retrospektive Deckungsformen werden durch Einmalverträge mit endgültigen Konditionen (z.B. Rückversicherungsprämie bei Vertragsabschluss, Priorität und Haftstrecke) gebildet, deren Laufzeit sich nach der Dauer der Abwicklung des unterliegenden Schadenportefeuilles richtet. Die Rückversicherungsprämie ist als Einmalbetrag zu entrichten, wobei dieTarifierung auf den Einschätzungen des Rückversicherers über den Schadenerwartungswert und das zu erwartende Auszahlungsmuster basiert. Die Vertragskonditionen werden zwischen Zedent und Rückversicherer für jede Deckung gesondert verhandelt und in individuellen Verträgen festgehalten.

3. Abgrenzung: Im Gegensatz zu den Konzepten der Finanzrückversicherung basieren retrospektive Deckungsformen auf dem Grundsatz des vollen Risikotransfers (Transfer von Underwriting Risk und Timing Risk an den Rückversicherer).

4. Ziele: Retrospektive Deckungsformen erreichen eine sofortige Kapitalentlastung für die zedierende Gesellschaft und werden aktiv im Risiko- und Kapitalmanagement eingesetzt. Sie unterstützen Versicherungsunternehmen z.B. bei Fusionen und Akquisitionen, bei der Um- bzw. Neustrukturierung von Rückversicherungsprogrammen, bei einem Strategiewechsel (Einstellung von Versicherungszweigen oder regionalen Märkten), bei einer Änderung der Gesellschaftsform, bei einem Börsengang und/oder bei einer Privatisierung. Vgl. hierzu auch die Zielsetzungen des Adverse Development Cover (ADC) bzw. des Loss Portfolio Transfer (LPT).

Autor(en): Dr. rer. pol. Ludger Arnoldussen, Dr. oec. publ. Laila Neuthor

 

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