Ein Vergleichsportal wollte mit seinen Kunden Vereinbarungen zur Herausgabe von Provisionen treffen und die BaFin daran hindern, das Geschäftsgebaren als grundsätzlich rechtswidrig einzuordnen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte dazu eine klare Meinung.
Mit einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 5. November 2020 (Az. 7 K 2581/17 F, VersR 6/2021, 356-361) hat das für Klagen gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuständige Verwaltungsgericht Frankfurt/Main eine vermeintliche Lücke in der gesetzlichen Regelung zu Provisionsabgaben ausgeleuchtet.
Versicherer und Vermittler dürfen keine Vorteile versprechen
Mit dem Umsetzungsgesetz der Europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD wurde ein neuer § 48b VAG unter dem Titel Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot geschaffen. Danach ist es Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus dem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Solche Vereinbarungen sind unwirksam.
Das VAG lässt allerdings einige Ausnahmen zu. Eine gilt für so genannte firmenverbundene Versicherungsvermittler. Eine weitere gilt für Bagatellbeträge bis 15 Euro je Versicherungsverhältnis und Kalenderjahr. Eine dritte Ausnahme betrifft Sondervergütungen, die zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung verwendet werden. Um diese Ausnahme ging es in dem in Frankfurt am Main verhandelten Fall.
Provision gegen pauschale Betreuungsgebühr
Geklagt hatte ein Makler, der ein Vergleichsportal betreibt und sowohl Neuverträge anbietet als auch die Betreuung laufender Versicherungsverträge. Den Kunden wurde angeboten, die an das Portal fließenden Abschluss- und Bestandscourtagen an sie weiterzuleiten. Im Gegenzug sollten die Kunden eine jährliche Pauschale von zwölf Euro pro betreutem Versicherungsvertrag an das Portal bezahlen.
Im Jahr 2017 fragte das Portal bei der BaFin schriftlich nach, wie die oben erwähnte Ausnahme zu verstehen sei. Die BaFin wies in ihrer Antwort darauf hin, dass es nur dann nicht als verbotene Provisionsabgabe gewertet werde, wenn die Provisionsabgabe unmittelbar mit dem Versicherungsunternehmen vereinbart und im Versicherungsvertrag als dauerhafter Vorteil wirksam wird. Dagegen sei eine Vereinbarung nur zwischen Versicherungsmakler und Kunden nicht ausreichend, auch wenn diese ebenfalls zu einem dauerhaften Vorteil führt.
BaFin und IHK unterschiedlicher Meinung
Der Portalbetreiber fragte im Juli 2018 auch seine zuständige Industrie- und Handelskammer (IHK) an. Diese kam zu einer anderen, für das Geschäftsmodell des Portals günstigen Auslegung des § 48b VAG. Es käme nur darauf an, dass eine beweisbare vertragliche Vereinbarung über einen dauerhaften Vorteil gebe.
Damit handelt es sich um einen der immer wieder vorkommenden Fälle, dass die Aufsichtsbehörden BaFin und die Industrie- und Handelskammern sich in der Beurteilung von Verhalten im Vertrieb uneins sind und am Ende die betroffenen Vermittler zwischen alle Stühle geraten.
In diesem Fall ging der Streit im August 2018 in die nächste Runde, indem die BaFin die von ihr beaufsichtigten Versicherungsunternehmen anschrieb und ihre Rechtsauffassung darlegte, dass eine Vertragsvereinbarung über Abgabe von Provisionen nur zwischen dem Vermittler und dem Kunden unter das gesetzliche Provisionsabgabeverbot fällt. Weiter wurde die Absicht angekündigt, Untersagungsanordnungen gegen diejenigen Versicherer zu erlassen, die entweder mit dem Kläger oder mit anderen Vermittlern mit vergleichbarem Geschäftsmodell zusammenarbeiten. Dagegen wiederum stellte der Makler einen Eilantrag gegen die BaFin, um den Erlass solcher Anordnungen zu verhindern, die im Ergebnis zu einem Verbot des Geschäftsmodells geführt hätten. Allerdings lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main diesen Eilantrag mit Beschluss vom 28. September 2018 (Az. 7 L 3307/18 F) ab. Auch eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Kassel scheiterte (Beschluss vom 5.2.2016, Az. 6 B 2061/18).
Niemand hat die Absicht, Untersagungsverfügungen zu erlassen
Im Oktober 2018 informierte die BaFin erneut die Versicherer und wies darin darauf hin, dass eine Untersagungsanordnung nicht etwa bedeuten würde, dass ein Versicherer mit diesem Makler gar nicht mehr zusammenarbeiten dürfe - nur eben nicht das Geschäftsmodell der Provisionsabgabe unterstützen dürfe. Auch wurde auf den noch offenen Rechtsstreit und die abweichende Meinung der zuständigen IHK hingewiesen.
Mit der aktuell entschiedenen Klage wollte der Portalbetreiber erreichen, dass die BaFin die Versicherer erneut anschreibt und informiert, dass sie nicht für die Aufsicht über Versicherungsmakler zuständig sei und auch nicht beabsichtige, Untersagungsverfügungen gegen Versicherer zu erlassen, die mit diesem Makler zusammenarbeiten. Diese Klage wurde vom Verwaltungsgericht Frankfurt/Main abgewiesen.
Erst der Schaden, dann die Klage
In der Begründung wird dargestellt, dass der Makler keinen Anspruch darauf hat, von der BaFin proaktiv Rundschreiben zu verlangen, sondern nur einen Rechtsschutz zur Beseitigung von Folgen des Handelns der beklagten Parteien in Anspruch nehmen kann. Das bedeutet, es müssten erst beweisbare, nachteilige Folgen aus dem Handeln der BaFin durch rechtswidrigen Eingriff in Rechte des Unternehmers entstehen, damit sich der Makler hiergegen erfolgreich wehren kann. Das aber sei bisher nicht geschehen.
Die bisherigen Rundschreiben der BaFin seien nicht zu beanstanden, obwohl sie als "hoheitliche Realakte" konkret das Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz) berühren. Das Gericht beschönigt nicht die Wirkung der Rundschreiben und dass es sogar Absicht der BaFin gewesen sein dürfte, Versicherer dazu anzuhalten, von sich aus die Geschäftsbeziehung zum Makler zu beenden oder einzuschränken, um Untersagungsanordnungen zu vermeiden. Dennoch hält das Gericht diese Folgen für vertretbar und die BaFin für berechtigt, im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit ihre Rechtsmeinung kundzutun, selbst wenn das Folgen für einzelne Marktteilnehmer haben kann.
Fehlanreize entstehen nicht nur durch Abschlussprovisionen
Interessant ist, dass das Gericht dem Argument des Maklers nicht gefolgt ist, dass das Provisionsabgabeverbot im Wesentlichen Fehlanreize durch einmalige, hohe Abschlussprovisionen vermeiden will. Zwar wird in der Gesetzesbegründung tatsächlich die Vermeidung von Fehlanreizen als ein wesentliches Argument für das Provisionsabgabeverbot genannt.
Das Gericht weist aber darauf hin, dass auch Folgeprovisionen Fehlanreize auslösen können, jedenfalls wenn sie oberhalb der vom Gesetzgeber gesetzten Bagatellgrenze der erwähnten 15 Euro liegen. Es bestehe die Gefahr, dass Kunden verleitet werden, auf Beratung zu verzichten oder bestehende Verträge aus finanziellen Gründen aufzugeben und einen ungünstigeren Vertrag neu abzuschließen. Und dass eine Beratung bei der geringen Gebühr von zwölf Euro gar nicht unbedingt angeboten werden soll, darauf habe das Portal selbst hingewiesen, wird angemerkt. Das allerdings wirft weiter die in diesem Verfahren nicht relevante Frage auf, ob ein Versicherungsmakler damit nicht generell gegen seine Pflichten verstößt.
Autor(en): Matthias Beenken