Die Basisrente hat einige Besonderheiten, was das Thema Steuern und das Thema Vererbbarkeit angeht. Wie weit die Beratungspflicht geht, war Gegenstand eines Rechtsstreits.
Ein Urteil des Landgerichts Paderborn (17.11.2021 – Az. 3 O 167/21, r+s 6/2023, 259-260, NRW-Rechtsprechungsdatenbank) gibt Aufschluss, wie weit die Beratungspflicht eines Versicherers geht. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin 2015 eine Basisrenten-Versicherung mit 5.000 Euro Jahresbeitrag abgeschlossen. Im Antrag gab es Optionsfelder „Beitragsrückgewähr“ und „Kapitalrückgewähr“, die aber beide durchgestrichen wurden. Gewählt und unterschrieben wurde dagegen die Option „Lebenspartnerrente“. Letztere war laut einem Hinweis auch nur wählbar, wenn die beiden vorher genannten Optionen nicht gewählt werden.
Erst Kündigung, dann Beitragssenkung, dann Rente
Anfang 2019 kündigte die Kundin die Basisrente und verlangte eine Rückzahlung der eingezahlten Beiträge. Sie teilte zudem mit, dass sie das Geld dringend für den Lebensunterhalt brauche, nachdem es in Zusammenhang mit einer größeren Geldanlage zu einer Veruntreuung in ihrem Umfeld gekommen sei.
Die Kündigung nahm der Versicherer zwar an, teilte aber mit, dass eine Rückzahlung von Beiträgen nicht möglich ist. Das führte dazu, dass die Kundin die Kündigung zurücknahm und stattdessen eine erhebliche Beitragsreduzierung verlangte, dem stimmte der Versicherer dann ebenfalls zu. Zum 1. Oktober 2020 machte die Kundin eine Abrufoption geltend und bezieht seitdem eine Rente von monatlich rund 61 Euro aus dem Vertrag.
Kundin verlangte am Ende eine Rückabwicklung
Im März 2021 verlangte die Frau über eine Anwaltskanzlei vom Versicherer eine Rückabwicklung der Basisrente mit dem Argument, sie sei falsch beraten worden. Der Versicherer lehnte dies ab.
Die Kundin wandte ein, sie sei in der Beratung ausschließlich über die steuerlichen Vorteile der Basisrente aufgeklärt worden, nicht aber die damit verbundenen Nachteile. Insbesondere sei sie nicht darauf hingewiesen worden, dass die Basisrente nicht kündbar und eingezahlte Beiträge nach Kündigung nicht rückzahlbar sind. Auch die fehlende Vererbbarkeit und die Tatsache, dass es bei Auszahlung als Rente eine Steuerbelastung gibt, sei nicht Gegenstand der Beratung gewesen.
Was für ein Berater wurde tätig?
Eine Beratungsdokumentation sei ebenfalls nicht erstellt worden. Deshalb sei es auch Sache des Beraters zu beweisen, dass dieser richtig beraten habe oder dass die Kundin selbst bei richtiger Aufklärung den Vertrag abgeschlossen hätte.
Der Berater, der nur mit einem anonymisierten Namen erwähnt wird, soll nach Angaben der Klägerin ein Mehrfachvertreter gewesen sein. Dagegen wurde vom Versicherer dargelegt, es habe sich um einen Versicherungsmakler gehandelt, für dessen Handeln der Versicherer nicht einstehen müsse.
Verjährung eingetreten
Entscheidend für den Verfahrensverlauf war dann aber die Einrede der Verjährung, denn nach Meinung des Versicherers hätte die Kundin bereits 2015 ihre Vertragsunterlagen durchsehen und reagieren müssen, weil die monierten Eigenschaften einer Basisrente darin erklärt waren.
Die Klage wurde abgewiesen. Auch Ansprüche auf Beratung nach § 6 Absatz 1 und 5 VVG unterliegen der Verjährung nach §§ 195, 199 BGB mit Ablauf von drei Jahren ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist beziehungsweise in dem der Betroffene von dem Anspruch entweder erfahren hat oder grob fahrlässig nicht davon erfahren hat.
An diversen Stellen leicht auffindbare Hinweise
Als grob fahrlässig sah es das Gericht an, dass die Klägerin die Unterlagen nicht gelesen hat, obwohl sie „mit zumutbarem Aufwand Kenntnis von dem Nichtvorliegen dieser Eigenschaften des Vertrags“ hätte nehmen können, „da sich die Angaben eindeutig und leicht erkennbar aus dem Versicherungsantrag selbst und den der Klägerin mit Vertragsschluss übergebenen Vertragsunterlagen ergeben“.
Antrag, Versicherungsschein und Produktinformationsblatt hätten alle eindeutige Aussagen zum besonderen Charakter der Basisrente enthalten. „Die verwendeten Formulierungen „nicht vererbbar“ und „es besteht darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlung“ sind allgemein verständlich und setzen keine entsprechende Vorbildung, insbesondere keine juristische Ausbildung, voraus“, so das Gericht mit Bezug auf die entsprechenden Angaben im Versicherungsschein, wie auch wortgleich im Produktinformationsblatt und in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
Keine allgemeine Aufklärungspflicht über Steuergesetze?
Die Klägerin „verletzt die im Verkehr erforderlich Sorgfalt in einem besonders hohen Maße, wenn sie die ihr übermittelten Vertragsunterlagen nicht liest“, rügt das Gericht das Verhalten. Man könne schon erwarten, dass ein Kunde die übersandten Vertragsunterlagen kontrolliert, ob sie auch das erwartete Produkt enthalten, das Gegenstand der Beratung war.
Zudem wandte das Gericht ein, dass ein Kunde vom Versicherer nicht „allgemein über Steuerfragen aufgeklärt werden müsste“, sondern der Versicherer nur eine Beratung unmittelbar zum „erforderlichen Versicherungsschutz“ und dem Produkt selbst schulde. Die Besteuerungsregeln bestünden „qua Gesetz“ und gingen nicht „speziell auf die Vertragsbedingungen zurück“.
Das ist allerdings eine eigenwillige Ansicht, denn immerhin werden geförderte Altersvorsorgeverträge gerade nur dann steuerlich gefördert, wenn ihre Vertragsbedingungen die im Einkommensteuerrecht geltenden Regeln für die Förderung berücksichtigen. Eine Basisrente ist grundlegend anders aufgebaut als eine sonst übliche private Rentenversicherung.
Steuersparargument im Vordergrund
Als letztes Argument führt das Gericht aus, dass es gar nicht glaubhaft erscheine, dass die Kundin sich in Kenntnis der Steuerlast in der Rentenphase anders entschieden hätte. Denn die Klägerin habe selbst vorgetragen, dass ein Hauptgrund für den Abschluss dieses Vertrags war, dass sie in der Aufschubzeit Steuern sparen wollte. Das Ziel hätte ja weiterhin bestanden, auch wenn die Kundin über die Einkommensteuerpflicht im Alter aufgeklärt worden wäre. „Daher geht auch die von der Klägerin zitierte Vermutung des aufklärungs- und beratungsrichtigen Verhaltens hinsichtlich dieser behaupteten Aufklärungspflicht ins Leere.“
Interessant ist, dass im Verfahren nicht weiter geklärt wurde, ob es sich bei dem Vermittler um einen Vertreter oder um einen Makler handelte, denn nach § 6 Absatz 6 VVG wäre der Versicherer im Fall eines von einem Makler vermittelten Vertrags ohnehin nicht zur Beratung verpflichtet gewesen. Der Schadenersatzanspruch wäre dann von der Kundin sinnvollerweise gegen den Makler statt gegen den Versicherer zu richten gewesen.
Autor(en): Matthias Beenken