Beratungspflichten des Versicherungsvertreters

Das Vermittlergesetz hat zahlreiche Neuerungen gebracht, die die Branche nach wie vor beschäftigen und zum Teil erheblich verunsichern. Zu diesen Neuerungen gehört auch, dass Versicherungsvertreter nunmehr neben dem Versicherungsunternehmen in jedem Fall eigenständig haften, wenn sie den Kunden unzutreffend beraten. Doch welche Beratungspflichten treffen das Unternehmen und den Vertreter überhaupt?

Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Urteil vom 1. August 2007 auseinandersetzen. Die Klägerin des Verfahrens und ihr Lebensgefährte wandten sich an eine Bank, um zu erfahren, wie ein Einmalbetrag von 40.000 Euro zur dauerhaften Absicherung der Klägerin angelegt werden könne. In den folgenden Beratungsgesprächen wurde auch das Modell einer Rentenversicherung angesprochen. Insoweit war die Bank als Vertreterin des beklagten Versicherungsunternehmens tätig. Sie unterbreitete in deren Namen einen „persönlichen Vorschlag für eine …-Rentenversicherung“. Diesen Vorschlag nahm die Klägerin letztlich an.

Der Rentenversicherungsvertrag
Der Rentenversicherungsvertrag wurde dementsprechend auf Vermittlung der Bank mit dem beklagten Versicherungsunternehmen abgeschlossen. Die Klägerin zahlte das Geld als Einmalbeitrag ein. Das Versicherungsunternehmen überwies im Gegenzug rund ein Jahr lang die vereinbarte Rente nebst Überschussanteilen in Höhe von monatlich rund 270 Euro.

Nach diesem Jahr forderte die Klägerin das Versicherungsunternehmen auf, den Rentenversicherungsvertrag aufzuheben und den Anlagebetrag - abzüglich der zwischenzeitlich erhaltenen Leistungen - zurückzuzahlen. Diese Forderung begründete die Klägerin unter anderem damit, sie sei nicht über alternative Anlageformen beraten worden.

Versicherung schuldet nur Beratung über eigene Produkte
Diesen Vorwurf wies das OLG Hamm in seinem Urteil zurück: Das beklagte Versicherungsunternehmen habe nur über die eigenen Produkte aufzuklären, nicht jedoch über andere, für das Unternehmen fremde (Bank-)Produkte wie etwa Auszahlungspläne oder ähnliches. Da sich offenbar im Portfolio des Versicherungsunternehmens kein anderes Produkt befand, das dem gewünschten Sicherungszweck entsprach, ging dieser Vorwurf gegenüber dem beklagten Versicherungsunternehmen also ins Leere.

Dementsprechend konnte das Gericht auch keine zurechenbare Pflichtverletzung seitens der Bank oder des konkret beratenden Mitarbeiters feststellen: Hinsichtlich der Versicherung sei die Bank und der Mitarbeiter als Vertreter (Agent) tätig geworden. In dieser Eigenschaft schulde die Bank und ihr Mitarbeiter aber ebenso wie das Versicherungsunternehmen nur die Beratung über die eigenen Produkte der Versicherung.

Eine beratende Bank kann selbst mehr schulden
Offen gelassen hat das Gericht allerdings, ob die Bank selbst gegebenenfalls eine erweiterte Beratung auch zu anderen Bankprodukten schuldete. Hinsichtlich solcher Alternativen wäre die Bank dann aber nicht mehr als Vertreterin des Versicherungsunternehmens, sondern in eigener Sache tätig geworden. Diese Frage war für die Entscheidung des Rechtsstreits - verklagt war allein das Versicherungsunternehmen - also nicht mehr relevant.

Fazit
Auch wenn sie an sich eine Selbstverständlichkeit ausspricht, ist die Entscheidung des OLG Hamm gerade in Zeiten des Umbruchs zu begrüßen. Die Beratungspflichten der Versicherungsunternehmen und des Außendienstes wachsen nicht in den Himmel. Auch nach dem Vermittlergesetz wird es dabei bleiben, dass Versicherungsunternehmen und deren Vertreter - anders als Makler - grundsätzlich nicht über fremde Produkte aufklären müssen. Das gilt für Vertreter jedenfalls solange, wie sie nicht selbst noch anderweitige Produkte vertreiben.

Das Urteil des OLG Hamm vom 1. August 2007 (Az: 20 U 259/06) finden Sie im Volltext unter http://www.vertriebsrecht.de.

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Autor(en): Dr. Michael Wurdack

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