Die erfolgreiche Begleit-App "Wayguard" hat die Axa Versicherung um einen E-Call für Fahrräder erweitert. Gleichzeitig erhalten Nutzer für ein Jahr eine Unfallversicherung geschenkt. Sie ist eine absolute Magerpolice und torpediert das Imageprojekt des Versicherers.
2017 hatte die Axa in Kooperation mit der Kölner Polizei den Wayguard entwickelt, um Personen, die allein, vor allem im Dunklen, unterwegs sind, mehr Sicherheit zu bieten. Nach neusten Zahlen gibt es mittlerweile 324.000 registrierte Nutzer. Rund 80 Prozent sind Frauen, die meisten zwischen 18 und 35 Jahre alt. Sie haben bisher rund 10.000 Begleitanrufe getätigt und tatsächlich in 1.200 Fällen einen Notruf ausgelöst. Seit Mitte 2019 können auch Fahrradfahrer in den Genuss von Nothilfe kommen. Das gilt für alle, die im Fahrradhandel für rund 70 Euro die Rückleuchte Light-Guard connect von Litecco erwerben.
Praktisch und sicher
In realen Test zeigt die Leuchte gute Praxiseigenschaften. Sie ist handlich, lässt sich leicht installieren und hat eine Bremsfunktion. Das bedeutet: Wird das Rad stark verzögert, leuchten mehrere zusätzliche Dioden auf.
Die Leuchte, entwickelt von Albert Mayer, dem Inhaber des Fahrradleuchten-Herstellers Litecco, bringt so im Straßenverkehr eine deutlich höhere Sicherheit. Vor allem auf der Straße werden Autofahrer gewarnt, wenn der Radfahrer bremst. Sie hilft aber auch auf Radwegen, falls nachfolgende Fahrer eng auffahren.
E-Call-Funktion bei Sturz
Gleichzeitig hat die Lampe eine E-Call-Funktion. Sie "erkennt", wenn es zu einem Sturz kommt. Dann sendet das System via Bluetooth ein Signal an die verbundene Wayguard-App auf dem Smartphone. Die App startet dann einen automatischen Notrufprozess an eine professionelle Leitstelle. Wünscht der gestürzte Radfahrer keine Hilfe, kann er auf seinem Smartphone einen 60-sekündigen Countdown abbrechen. Wird der Countdown nicht abgebrochen, startet die App den automatischen Notruf. Die alarmierte Leitstelle versucht zunächst, einen telefonischen Kontakt herzustellen, um zu klären, was passiert ist und welche Hilfe gebraucht wird.
Ist der Gestürzte nicht mehr in der Lage, zu antworten, verständigt die Leitstelle die nächstgelegenen Einsatzkräfte inklusive GPS-Standort. Mittlerweile wurden rund 1.000 Light-Guards verkauft. Über 200 wurden auch mit Wayguard gekoppelt. Und in einem Fall wurde über den Axa-Fahrrad-E-Call schon ein Notruf ausgelöst. Vor allem für Alleinfahrer die in abgelegenen Gebieten unterwegs sind, könnte das System ein wichtiger letzter Helfer werden. Wer mit dem Fahrrad stürzt hat bekanntlich keine Knautschzone.
Unfallpolice unzureichend
121 der Fahrrad-E-Call-Nutzer haben die ein Jahr lang kostenlose und dann auslaufende Unfallversicherung aktiviert. Sie sollten tunlichst keinen schweren Unfall haben, denn dann dürfte das "Geschenk" zum Bumerang werden. Grundsätzlich leistet die Police nämlich nur, wenn man mit dem Rad verunfallt und sich während des Unfalls in einer Waguard-Begleitung befindet und die Rückleuchte gekoppelt hat. Schon diese Situation ist der Praxis kaum angemessen. Wer das Einschalten oder die Leuchte vergisst, hat keinen Versicherungsschutz.
Auch andere Unfälle sind nicht abgesichert. Ob der Laie, der eine "Unfallversicherung" geschenkt bekommt, diese Ausschnittdeckung erkennt, darf stark bezweifelt werden. Auch inhaltlich ist die Police mit einer Invaliditätssumme von 60.000 Euro vollkommen unzureichend. Allein die 25.000 Euro, die für Reha-Maßnahmen geleistet werden, sind akzeptabel.
Zweifelhaftes Geschenk
Seit dem Start von Wayguard hat die Axa stets die Philosophie vertreten, dass sie das System allein als Imageträger frei nach dem Motto "Tue Gutes und sprich darüber" promotet. Nun ist sie in den eigentlich verpönten Versicherungsverkauf zurückgekehrt.
Das "Geschenk" dürfte fast nie bedarfsgerecht sein. Besser wäre es dann gewesen, eine Versicherungsberatung über einen unabhängigen Experten zu verschenken. Immerhin haben ja Fahrradfahrer tatsächlich eine erhöhte Unfallgefahr. Doch es gibt beispielsweise auch ein bedeutendes Berufsunfähigkeitsrisiko. Das Verschenken von Schmalspurpolicen kann sich daher schnell zum Imageschaden auswachsen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek